Wenn kommende Woche der Mainzer Stadtrat zum letzten Mal in diesem Jahr zusammentritt, gibt es noch immer keine feste Regierungskoalition: Grüne, SPD und FDP befinden sich noch immer in Koalitionsverhandlungen zu einer Neuauflage ihrer Regierungszusammenarbeit. „Die Stimmung ist gut, wir arbeiten konstruktiv zusammen“, teilten die drei Parteien am Donnerstag mit – ein Koalitionsvertrag werde aber erst Ende Januar fertig vorliegen, die Abstimmung bis Mitte Februar dauern. Damit hätte Mainz erst fast neun Monate nach der Kommunalwahl Ende Mai 2019 eine neue Koalition. Piraten und Volt wiesen denn auch süffisant darauf hin, der Stadtrat arbeit derzeit mit wechselnden Mehrheiten ausgesprochen konstruktiv zusammen. Am Wochenende will die Mainzer SPD nun zuerst einmal einen neuen Vorsitzenden wählen.

Wahlplakate der Mainzer Grünen im Kommunalwahlkampf 2019. - Foto: gik
Wahlplakate der Mainzer Grünen im Kommunalwahlkampf 2019 – wie es in Mainz politisch weitergeht, ist indes noch unklar. – Foto: gik

Bei der Kommunalwahl am 26. Mai waren die Grünen mit 27,6 Prozent erstmals stärkste Kraft im Mainzer Stadtrat geworden, die SPD hingegen auf 20,5 Prozent abgerutscht. Trotzdem reicht es mit der FDP, die auf 5,9 Prozent kam zu einer erneuten Mehrheit im Rat – gemeinsam käme man auf 33 von 60 Sitzen. Die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zogen sich dennoch gehörig hin: Die Grünen luden erst einmal zu Sondierungsverhandlungen ein und versuchten dabei auch, ein Bündnis jenseits der Ampel gemeinsam mit der Linken auszuloten, die ebenfalls vier Sitze im neuen Stadtrat stellt.

Der Versuch scheiterte am Veto der SPD, am Ende beschlossen die drei Ampel-Koalitionäre die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Dabei hatte es sowohl bei SPD als auch bei den Grünen deutliche Stimmen gegeben, eine andere Koalition oder ein Arbeiten mit wechselnden Mehrheiten im Stadtrat zu erproben. Das könne einer sich in Erneuerung befindlichen SPD nützen, hieß es bei den Sozialdemokraten, wechselnde Mehrheiten könnten die Chance eröffnen, guten Anträgen zuzustimmen, auch wenn sie von der CDU oder der Linkspartei kämen – Koalitionszwänge seien hingegen undemokratisch.

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Ganz ähnlich äußerten sich auch Vertreter der Grünben – und verwiesen darauf, dass die Zusamnmenarbeit gerade mit Oberbürgermeister Michael Ebling und seiner SPD speziell bei Umweltthemen alles andere als ungetrübt gewesen sei. Trotz der erheblichen Differenzen im Wahlkampf teilten die drei Parteien nun mit: „Die Stimmung ist gut, wir arbeiten konstruktiv zusammen.“ In 10 Arbeitsgruppen und einer zentralen Kern- und Steuerungsgruppe werde derzeit von Ratsmitgliedern, Vorstandsvertretern sowie Basisimitgliedern aller drei Parteien verhandelt, „in guter Atmosphäre, mit großer Ernsthaftigkeit, hart in der Sache.“ Alle hätten „das Ziel, unser Mainz in den nächsten Jahren weiter voranzubringen und für die anstehenden Herausforderungen aufzustellen.“

Die Kräfteverhältnisse im Mainzer Stadtrat sind auch sieben Monate nach der Kommunalwahl weiter ungeklärt. - Foto: gik
Die Kräfteverhältnisse im Mainzer Stadtrat sind auch sieben Monate nach der Kommunalwahl weiter ungeklärt. – Foto: gik

Weitere Informationen zu Inhalten oder Verhandlungspunkten teilten die Verhandelnden nicht mit, in der dürren Mitteilung heißt es lediglich abschließend: Der Zeitplan sehe vor, dass bis Ende Januar ein Koalitionsvertrag vorliege, der dann den Parteigremien und der Öffentlichkeit vorgelegt werde. Bis Mitte Februar wollten alle drei Parteien in ihren jeweiligen Gremien über die Annahme des Vertrages abstimmen. Damit hätte die Bildung einer Koalition ein Dreivierteljahr benötigt.

Derweil beschloss der Stadtrat in den vergangenen Sitzungen diverse Anträge mit wechselnden Mehrheiten und in großer konstruktiver Zusammenarbeit. Das zeige, dass „progressive Mehrheiten im Stadtrat auch jenseits der Ampel-Koalition möglich“ seien, betonte die Fraktion von Piraten & Volt nach der November-Sitzung. Während sich FDP, SPD und Grüne in wenig transparenten Koalitionsverhandlungen befänden, zeige der Stadtrat, dass auch eine Arbeit mit wechselnden Mehrheiten zielführend sein könne. Vor allem bei Themen in den Bereichen Soziales, Umwelt- und Klimaschutz sowie Verkehr seien in Mainz Mehrheiten außerhalb einer Ampel möglich.

„Es ist die Aufgabe des Stadtrates und der darin vertretenen Parteien, im Sinne der besten Lösung für die Menschen in Mainz zu streiten und zu entscheiden“, mahnten die beiden kleinen Parteien weiter. Durch festgelegte Koalitionen würden aber viele Lösungen „bereits im Vorhinein ausgeschlossen und politische Handlungsspielräume mehr als nötig eingeengt.“ Politik müsse mit politisch überzeugenden Inhalten Mehrheiten gewinnen und dürfe nicht entlang von Koalitionszwängen verlaufen – „eine feststehende Koalition, in welcher gute Ideen aufgrund von internen Zwängen abgelehnt werden, ist weder zielführend noch demokratiefördernd.“

Der bisherige SPD-Vorsitzende Marc Bleicher (rechts) tritt nach nur zwei Jahren als Vorsitzender ab. - Foto: gik
Der bisherige SPD-Vorsitzende Marc Bleicher (rechts) tritt nach nur zwei Jahren als Vorsitzender ab. – Foto: gik

Die Mainzer SPD wählt derweil am kommenden Samstag erst einmal einen neuen Vorsitzenden: Der bisherige Vorsitzende Marc Bleicher kündigte Ende November überraschend an, nicht erneut für den Vorsitz kandidieren zu wollen. Bleicher hatte erst vor zwei Jahren das Vorsitzendenamt von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) übernommen, nun  sprach er von einer intensiven und „manchmal sehr kräftezehrenden“ Zeit. Künftig wolle er sich nun stärker auf seine Funktionen als stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion konzentrieren.

Nachfolger Bleichers soll der Mainzer Landtagsabgeordnete und Ex-Neustadt-Ortsvorsteher Johannes Klomann werden. Der sagte, Bleicher habe die SPD „in schwierigen Zeiten“ durch drei Wahlkampagnen geführt, „die Partei dabei zusammengehalten und gleichzeitig der Basis die notwendige Beinfreiheit gegeben, die in der Kommunalpolitik notwendig ist.“ Zudem habe er auch die Partei im laufenden OB-Wahlkampf auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen vorbereitet. „Dies alles in zwei Jahren im Ehrenamt zu bewerkstelligen, ist eine enorme Leistung und nötigt Respekt ab“, betonte Klomann. Er selbst wolle die Mainzer SPD nun gerne in die kommende Landtagswahl Anfang 2021 führen.

Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Ringen um die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen lest Ihr hier bei Mainz&, mehr zum Veto der SPD zur Zusammenarbeit mit der Linken gibt es hier bei Mainz&.

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