Das ist definitiv ein neues Licht am Narrenhimmel: In Gonsenheim leuchtet nun eine Straßenlaterne, die Narrenkappe und Schnorres trägt. Das gut Stück wurde am Samstag eingeweiht, der Anlass: Das 125. Jubiläum des Gonsenheimer Carneval Vereins (GCV). Der wurde 1892 in einer Kneipe mitten im alten Gunsenum (Gonsenheim) gegründet, aus der legendären Erstversammlung beim „Xaver“ wurde einer der größten und aktivsten Vereine der Meenzer Fastnacht: Guddi Gutenberg, Tobias Mann, Gonsbachlerchen und Herbert Bonewitz, zahllose Größen der Fastnacht kommen und kamen vom GCV. Nun stiftete sich der Verein zum Jubiläum ein besonderes Denkmal: Die Schnorres-Laterne steht vor der Geschäftsstelle des GCV in der Breiten Straße.
Zur Einweihung am Samstag herrschte großer Bahnhof: Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), Ortsvorsteherin Sabine Flegel (CDU), Stadtwerke-Chef Detlev Höhne – alle waren zur Einweihung des närrischen Denkmals der besonderen Art gekommen. Auf der Breiten Straße gab’s eine Verkehrsberuhigung der närrischen Art, denn natürlich mussten auch die Füsiliergarde gratulieren und die Schnorreswackler singen. Idee und Entwurf der Laterne gehen auf GCV-Vorstand Dieter Becker zurück, der im Verein seit Jahren unter anderem die Bühnenbilder und die Orden gestaltet. Narrenkappe und Schnorres wurden vom Gonsenheimer Metallgestalter Michael Gradinger geschaffen und angebracht.
Der ursprüngliche Name des GCV lautete bei seiner Gründung „Spar- und Karnevalverein Schnorreswackler“, und für alle Nicht-Mainzer: „Schnorres“ ist das Meenzer Wort für Schnurrbart. Gegründet wurde der Verein in der Kneipe zum Xaver in der Grabenstraße, die noch bis vor wenigen Jahren existierte. Dort, im ersten Stock, so geht die Legende, sollen rund ein Dutzend unternehmungslustige Männer – mehrere davon mit dem Namen Becker – den Verein gegründet haben. Musik und Gesang standen hier von Anfang an hoch im Kurs, fast schon ein Alleinstellungsmerkmal in der Mainzer Fastnacht.
Zur Kulttruppe wurde die 1946 vom legendären Fastnachter Joe Ludwig gegründeten „Gonsbach-Lerchen“, eine Gesangstruppe, die nicht nur Ohrwürmer fabrizierte („Im Wald, da sind die Räuber“), sondern auch „mit ihrer einzigartigen Verbindung von Satire, Slapstick, Musik und Akrobatik eine der großen unvergessenen Attraktionen der Mainzer Fastnacht wurde.“ Das Zitat haben wir von der Homepage eines ganz besonderen Akteurs, der die Gonsbachlerchen zusammen mit Ludwig prägte wie kein zweiter: Herbert Bonewitz übernahm 1953 die Gonsbachlerchen als musikalischer Leiter und prägte die Truppe ein knappes Vierteljahrhundert lang als Chorleiter, Komponist und Arrangeur – aber auch mit seinen Clownerien und Turnübungen am Klavier – „ein ständig aus dem Rahmen fallender Pianist.“ Es war auch der Beginn einer großen Bühnekarriere: Bonewitz machte mit seinem „Prinz Bibi“ auch als Redner Furore, bis er 1986 als Kabarettist ins Profi-Fach wechselte.
Er blieb nicht der einzige Mega-Star des GCV: Hans Peter Betz setzte als „Guddi Gutenberg“ die Tradition scharfzüngiger Polit-Beobachtung fort, dazu kamen große Kokolores-Redner wie Michael Emrich. Diese Tradition setzt das verrückte Comedy-Duo Martin Heininger und Christian Schier mit hoch kreativen und närrischen Vorträgen fort – der GCV hat es wie kaum ein anderer Fastnachtsverein geschafft, sich Nachwuchs heran zu ziehen: Beim GCV machten „Aca & Pella“ mit Tobias Mann Karriere, erfanden sie den „Hähnchengrill aus Drais“ und haben einen waschechten türkischen Popstar in ihren Reihen – Ercan Demirel. Und auch die Vereinsleitung liegt in den Händen junger Nachwuchsleute: Sitzungspräsident ist seit drei Jahren der junge Sebastian Grom, und gerade machte der Verein Martin Krawietz zum neuen Präsidenten – mit gerade einmal 38 Jahren.
Auch die „Schnorreswackler“ sind heute eine junge Gesangstruppe, die irgendwo zwischen 34 und 47 Jahre alt sind und mit enormem Schwung und Kreativität, gepaart mit echter Sangeskunst, inzwischen sogar den großen Mainzer Hofsängern Konkurrenz machen. Ob sie die Zugente besingen, dem Heile Gänsje eine ganze Oper widmen oder den „Highway to hell“ in „Heimweh nach Meenz“ umdichten, der 50 Jahre alte Chor paart Narretei mit Ohrwürmern und ist damit seit Jahren Stammgast bei der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ – wie zahlreiche andere Akteure des GCV auch.
Und dann ist da natürlich noch die Stehung, das Fastnachts-Rock-Konzert, das der GCV 2011 ins Leben rief, und das aus dem Stand zur Kultveranstaltung in Mainz wurde. Der coole Mix aus Fastnachtsliedern, Hardrock und Schunkeln begeistert Mainzer, zieht Auswärtige an – und ist auch in diesem Jahr schon wieder restlos ausverkauft. Es ist wie immer beim GCV: Egal ob Sitzung oder Stehung, hier wird mit Herzblut Fastnacht gefeiert – immer mit einer guten Portion Selbstironie. Dafür steht auch die Jubiläums-Laterne, die nun sanft zwischen Narrenkapp‘ und Schnorres leuchtet.
Info& auf Mainz&: Mehr zur Geschichte des 125 Jahre alten Gonsenheimer Carneval Vereins findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel über die Närrischen Kammerspiele 2016. Den GCV selbst findet Ihr hier im Internet.