Wird in Mainz dringend benötigter Wohnraum für gewerbliche Vermietungen zweckentfremdet? Den Verdacht brachten SPD und CDU Ende November im Mainzer Stadtrat auf, beide Fraktionen wollten von der Verwaltung wissen, ob es in Mainz Zweckentfremdung von Wohnraum gebe und welche Handhabe die Stadt dagegen hat. Tatsächlich waren vor allem im Sommer auf der Vermietungsplattform Airbnb Wohnungen im Luxusbereich im Zollhafen und im Osteiner Hof zur Miete angeboten worden – und zwar mehrfach und offenbar in größerem Stil, wie die CDU berichtete. Von der Stadt heißt es dazu: Eine Handhabe habe man nicht, das Land Rheinland-Pfalz müsse gegebenenfalls eine entsprechende Gesetzesgrundlage schaffen. Der CDU reicht das nicht aus.
„Exklusives Wohnen“ verspricht die Anzeige bei der Internetplattform Airbnb. Die luxuriöse Wohnung im Loft-Stil mit exklusiver Designer-Ausstattung und Hafenblick wird für stolze 120 Euro pro Nacht angeboten. Die Ausstattung vermittelt einen professionellen Eindruck, das Pikante: Die Wohnung im Mainzer Zollhafen ist vermutlich keine gewerbliche Ferienwohnung. Angeboten über das Portal Airbnb geben sich den Kommentaren zufolge aber offenbar regelmäßig Mieter die Klinke in die Hand.
Im Mainzer Zollhafen wollte die Stadt dringend benötigten Wohnraum für die Landeshauptstadt schaffen, Mainz ächzt seit Jahren unter eklatantem Wohnungsmangel, Mietpreise explodieren. Die CDU-Opposition wollte deshalb nun im Mainzer Stadtrat von der Verwaltung wissen, welche Maßnahmen man denn gegen eine mögliche Zweckentfremdung von Wohnraum ergreifen könne.
Einige der neu gebauten Luxus-Wohnungen im Zollhafen würden „von den Käufern zweckentfremdet und für Preise ab 140 Euro pro Nacht offeriert“, kritisierte die CDU in ihrer Anfrage im Stadtrat. Im luxussanierten Osteiner Hof, einem barocken Adelspalais direkt am Schillerplatz, würden gar rund zehn der dortigen 42 Wohnungen bei Airbnb zu hohen Preisen angeboten. „Das ist hochgradig befremdlich“, sagte der baupolitische Sprecher der CDU, Gerd Eckhardt, im Gespräch mit Mainz&.
Damit hat Mainz eine Diskussion erreicht, die es in vielen Großstädten bundesweit längst gibt: Berlin, Frankfurt, München, Köln, alle diese Städte kämpfen bereits seit geraumer Zeit mit dem Problem, dass über Vermietungsplattformen Wohnungen quasi in gewerblichem Stil vermietet werden. Die Befürchtung: Der Stadt wird so dringend benötigter Wohnraum entzogen, weil die Vermieter über die Einzelvergabe an Touristen viel mehr Geld verdienen können. Legal ist das aber nicht: Wer professionell vermietet, muss ein Gewerbe anmelden.
Dabei waren Foren wie Airbnb eigentlich dafür gedacht, um auf einfachem Weg ein billiges Bett für die Nacht, etwa in einer Wohngemeinschaft, zu finden. „Airbnb ist eigentlich eine tolle Sache für junge Leute“, sagt denn auch Eckhardt: Man könne bei Leuten, die in der Stadt zuhause seien, auf der Couch wohnen, komme schnell in eine Stadt ‚rein, finde Kontakte. Tatsächlich werden in Mainz viele Privatzimmer für kleines Geld angeboten – gelegentlich aber findet man hier eben auch Luxuswohnungen zu stolzen Preisen. „Wir haben den Eindruck, dass es hier und dort zu einem Gewerbebetrieb wird, einem Minihotel“, sagt Eckhardt, und das sei Zweckentfremdung von Wohnraum, die nicht in Ordnung ist.
Auch bei der Mainzer SPD schlug das Thema auf: „Wir haben Briefe von Anwohnern erhalten, die schreiben, in ihrem Haus würden Wohnungen bei Airbnb als Ferienapartments angeboten“, sagte SPD-Fraktionschefin Alexandra Gill-Gers gegenüber Mainz&. Daraufhin habe sie mal nachgeforscht. „Ich war überrascht, was es da alles gibt.“ Eine Zwischenvermietung sei ja völlig in Ordnung, bei einer gewerblichen Vermietung sehe die Sache aber ganz anders aus: „Für uns hat Wohnraum Vorrang“, betont Gill-Gers.
Angesichts der Wohnungsnot in Mainz sei „der Unmut vieler Bürger verständlich, die auf Wohnungssuche sind, wenn dringend benötigter Wohnraum in Mainz zweckentfremdet wird“, heißt es in der Anfrage der SPD wörtlich – auch die SPD wollte von der Stadtverwaltung wissen, ob Fälle von Wohnraumzweckentfremdung bekannt seien und welche Maßnahmen es dagegen gebe.
„Zweckentfremdung von Wohnraum“ sei „kein bauaufsichtlicher Begriff“ und „grundsätzlich kein Begriff des öffentlichen Baurechts“, wehrte man bei der Stadt die Anfrage erst einmal ab, der CDU reicht das indes nicht: Die Verwaltung habe sehr wohl die Aufgabe nachzuforschen, ob jemand ein Gewerbe betreibe oder nicht, mit Baurecht habe das nichts zu tun, sagt Eckhardt: „Ich würde mir wünschen, dass die Verwaltung damit aufmerksamer umgeht.“
Bei der Stadt heißt es auf Nachfrage von Mainz&, natürlich habe man ein großes Interesse, dass der ohnehin knappe Wohnraum nicht zweckentfremdet werde – der Erlass von Regelungen zur Unterbindung von Wohnraumzweckentfremdung sei aber Ländersache. Tatsächlich schuf etwa Bayern in diesem Jahr ein entsprechendes Gesetz, das bis zu 500.000 Euro Strafe vorsieht. In Köln gibt es seit Juli 2014 eine Verordnung die eine Zweckentfremdung von Wohnraum verbietet, Grundlage ist auch hier eine Landesverordnung.
In Rheinland-Pfalz gibt es kein Landesgesetz zum Schutz von Wohnraum durch Zweckentfremdung, es sei derzeit auch nicht geplant, heißt es im zuständigen Finanzministerium von Rheinland-Pfalz auf Anfrage. Man habe sich mit dem Thema zwar schon befasst, bisher seien aber „praktisch keine Anfragen an das Finanzministerium gerichtet worden, die auf eine Einführung eines solchen Gesetzes abzielen.“ Auch sei eines zu bedenken: die Kontrolle eines solchen Verbotes sei für die Kommunen durchaus personalintensiv.
Info& auf Mainz&: Airbnb reagierte übrigens durchaus positiv auf Gesetzesinitiativen wie die in Bayern: Man begrüße es, dass Bayern nun zwischen Home Sharer und professionellen Ferienwohnungs-Vermietern unterscheide, sagte Airbnb laut dem Bayrischen Rundfunk.