Vor gut einer Woche erschütterte die politische Szene die Nachricht, dass sich die Stadtratsfraktion der Freien Wähler auflöst, weil eines ihrer Mitglieder seinen Austritt erklärte. Nun ist klar, was aus Mario Müller wird: Der 57-Jährige wird Mitglied der Stadtratsfraktion der Mainzer CDU. CDU-Fraktionschef Ludwig Holle freute sich über den Neuzugang, und das nicht nur aus inhaltlichen Gründen: Der Zuwachs verschiebt die Kräfteverhältnisse im Stadtrat ganz erheblich – zu Ungunsten der Opposition. Dort aber könnte es nach Mainz&-Informationen eine Überraschung geben.

Am 22. August war überraschend bekannt geworden, dass der erst 2024 für die Freien Wähler in den Mainzer Stadtrat gewählte Mario Müller die Fraktion verlässt. Er habe in den vergangenen Monaten „zunehmend feststellen müssen, dass eine konstruktive und sachorientierte Arbeit in der Fraktion am Ende nur noch punktuell möglich war“, sagte Müller im Interview mit Mainz& zur Begründung. Zu viel Energie sei in andere Themen geflossen, die Fraktion habe „leider nie so recht aus dem Wahlkampfmodus herausgefunden.“
Der promovierte Volkswirt aus Mainz-Ebersheim gilt als ausgezeichneter Fachpolitiker, im Mainzer Stadtrat war der zurückhaltende Neu-Politiker aber kaum aufgefallen. Das einzige andere Mitglied der Stadtratsfraktion, Erwin Stuffler, bedauerte den Abgang Müllers ausdrücklich, die Freie Wählergemeinschaft (FWG) Mainz forderte Müller auf, sein Mandat zurückzugeben: „Die Bürger haben Mario Müller auf der Liste der Freien Wähler gewählt – nicht Mario Müller persönlich“, betonte FWG-Vorsitzender Gerhard Wenderoth. Mit seinem Austritt missachte Müller den Wählerwillen und zerstöre die Fraktion.
Müller wechselt zur CDU, die damit mit Grünen gleichzieht
Doch Müller weigerte sich, sein Mandat zurückzugeben und führte stattdessen Gespräche mit der CDU, bei der er vor seinem Wechsel zu den Freien Wählern schon einmal Mitglied war. Am Dienstag teilte die CDU-Fraktion nun mit: Bereits zur Stadtratssitzung an diesem Mittwoch werde sich Müller der CDU-Fraktion anschließen. Müller betonte, die CDU passe „sehr gut zu meinen persönlichen Werten und Überzeugungen.“ Er freue sich nun darauf, „in diesem großen Team gemeinsam Mainz nach vorne zu bringen.“

In der CDU zeigte man sich sehr erfreut: „Mario Müller wird unsere Fraktion mit seiner Kompetenz, gerade in finanzpolitischen Fragen, enorm bereichern“, sagte CDU-Fraktionschef Ludwig Holle: „Wir freuen uns sehr, dass unsere Arbeit im Stadtrat zum Mitmachen einlädt und dazu führt, dass wir durch mehr Mitglieder immer effizienter und durchsetzungsfähiger werden.“
Tatsächlich verschiebt sich durch Müllers Wechsel die Machtarithmetik im Mainzer Stadtrat erheblich. Denn mit dem zusätzlichen Stadtrat kommt die CDU nun auf 15 Sitze im Mainzer Stadtparlament – und damit auf genau so viele wie die Mainzer Grünen. Die sind damit nicht länger einzige stärkste Kraft im Rat, sondern müssen diese Position nun mit dem Koalitionspartner teilen. Für die Opposition wiederum bedeutet der Wechsel eine ganz erhebliche Schwächung, weil durch das Ende der Fraktion der Freien Wähler der Opposition Einflüsse in den städtischen Gremien verloren geht.

Opposition verliert Einfluss – Gründet sich neue Fraktion?
Denn: Durch die Auflösung einer Fraktion müssen die Sitze in den städtischen Ausschüssen müssen neu gewählt werden, da die Verteilung der Ausschüsse proportional zur Stärke der Fraktionen erfolgt. Während die großen Ausschüsse voraussichtlich unverändert bleiben, kann das bei den kleineren Gremien zu erheblichen Änderungen führen – nach Berechnungen aus den Reihen der Opposition könnte diese bis zu 28 Sitze verlieren, die dann der Kenia-Koalition aus Grünen, CDU und SPD zugute kämen.

Die Kenia-Koalition im Mainzer Stadtrat hält ohnehin bereits eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen, die Opposition verlöre damit weiter an Einfluss. Die Redezeit hingegen könnte sich nicht verändern: Laut der im April verabschiedeten neuen Geschäftsordnung des Mainzer Stadtrats haben kleine Fraktionen mit zwei Mitgliedern ebenso zwei Minuten Redezeit wie fraktionslose Mitglieder. Letztere aber haben etwa keinen Sitz mehr im Ältestenrat und können zudem keine aktuellen halben Stunden mehr beantragen – und damit keine Debattenthemen mehr setzen.
Nach Mainz&-Informationen könnte sich deshalb nun eine neue Fraktion in der Opposition bilden – und zwar zwischen dem verbliebenen Freien Wähler Stuffler und der Partei „Die Partei“. Deren Vertreterin im Mainzer Stadtrat, Daniela Zaun, wurde vergangene Woche beim Mainzer Weinmarkt im intensiven Gespräch mit Vertretern der Freien Wähler gesichtet, und postete danach ein Foto auf Facebook mit der Unterschrift: „Nach erfolgreichen Sondierungsgesprächen kann der vergnügliche Teil anfangen.“
Zur Gründung einer gemeinsamen Fraktion müssen Parteien allerdings darlegen, dass sie Gemeinsamkeiten und gemeinsame Ziele haben, wie das Freie Wähler und die als Satirepartei angetretenen „Die Partei“ lösen wollen, dürfte spannend sein. Als Fraktion stünde den beiden Stadtratsmitgliedern dann aber wieder ein Fraktionsbüro mit Geld für Mitarbeiter zur Verfügung – und eben die Möglichkeit, aktuelle Themen zur Aussprache zu stellen.
Info& auf Mainz&: Das ganze Interview von Stadtrat Mario Müller mit Mainz& lest Ihr hier auf Mainz&.