Wie bewegen sich die Mainzer durch ihre Stadt? Benutzen sie weniger das Auto oder nutzen sie gerne Bus & Bahn? Zum dritten Mal hatte die Stadt Mainz in diesem Sommer ihre Bürger nach ihrem Mobilitätsverhalten befragt, nun legte die Stadt die Ergebnisse vor. Danach nutzen die Mainzer inzwischen tatsächlich weniger das Auto und deutlich mehr das Rad. Bei genauem Hinschauen aber fällt auf: Gerade in den Stadtteilen ist der Anteil des Autoverkehrs immer noch sehr hoch – und die Attraktivität des ÖPNV sinkt.
Bereits 2016 und noch einmal 2019 hatte die Stadt Mainz eine Mobilitätsbefragung durchgeführt, und dabei wichtige Erkenntnisse gewonnen. So zeigten die 2019er-Daten einen deutlich gesteigerten Anteil der Radnutzung – und das, obwohl sich beim Ausbau der Radinfrastruktur bis dahin wenig getan hatte. Nun wollte die Stadt Mainz erneut wissen: wie bewegen sich die Mainzer im Alltag fort? Nutzen sie nun öfter Busse und Bahnen, hat sich der Anteil der Fahrradnutzung weiter erhöht – und welche Rolle spielt das Auto?
Nun stellte Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) die Ergebnisse vor, die von dem Büro Stadtverkehr erhoben und ausgewertet worden waren. Für die Befragung wurden mehr als 16.000 Haushalte in Mainz angeschrieben, 2.884 Haushalte beteiligten sich am Ende und repräsentierten damit 6.266 Personen und 17.641 Wege. Das entspreche einer Rücklaufquote von 17,6 Prozent, das sei durchaus hoch, betonte man beim Stadtbüro. 2.049 Teilnehmer schickten dabei den Fragebogen schriftlich zurück, 811 nahmen online teil und 24 telefonisch.
Mainzer Fahren 2023 mehr Rad und weniger Auto – ein bisschen
Zudem sei darauf geachtet worden, dass es eine Verteilung der Befragung im gesamten Mainzer Stadtgebiet gab, und dass jeder Stadtteil ausreichend vertreten war, um statistisch aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen. Daneben erhob die Mobilitätsstudie Werte zum Besitz von Verkehrsmitteln, so besitzen etwa 77 Prozent der Mainzer haushalte mindestens ein Fahrrad, 22 Prozent sogar ein E-Bike. Und 73 Prozent der Haushalte in Mainz verfügen auch weiter über einen mindestens einen PKW, das seien allerdings 5 Prozent weniger als noch 2019. Ein E-Auto haben hingegen nur vier Prozent.
Das Ergebnis im sogenannten „Modal Split“: Die Mainzer fahren im Jahr 2023 noch etwas mehr Rad und etwas weniger Auto als vor vier Jahren. Der Anteil des Radverkehrs stieg von 21 Prozent im Jahr 2019 auf jetzt 26 Prozent, der Fußverkehr blieb mit 19 Prozent praktisch gleich (2019: 18%). Der Anteil des Autoverkehrs sank demnach von 39 Prozent im Jahr 2019 leicht auf 36 Prozent im Jahr 2023.
Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) sprach denn auch von „mehr als erfreulichen Zahlen“: Ein Groß0teuil der Einkaufenden in Mainz komme eben nicht mit dem Auto, gerade im Bereich von bis zu 2,5 Kilometern sei der Anteil von Fuß- und Radverkehr sehr hoch. Das bestärke sie, „aus Klimaschutzgründen eine andere Flächenverteilung in der Innenstadt anzugehen“ mit dem Ziel, „mehr Platz für die Menschen und weniger für Blech, sei es rollend oder stehend, zu schaffen.“
Auto immer noch wichtigstes Verkehrsmittel bei Einkauf und Arbeit
Ein genauer Blick auf die Zahlen verrät indes: Zwar tätigen 34 Prozent der Mainzer ihren Einkauf für den täglichen Bedarf in der Tat zu Fuß und weitere 20 Prozent mit dem Rad – aber selbst für den täglichen Bedarf nutzen noch immer 40 Prozent der Mainzer das Auto. Für größere Einkäufe steigt der Autoanteil auf 43 Prozent weiter, der Anteil der Fußgänger sinkt deutlich auf noch 26 Prozent.
Vollends kippt die Verteilung, wenn es um die Bereiche Arbeit und Geschäftliches geht: 38 Prozent der Mainzer fahren mit dem Auto zur Arbeit, das Rad nutzen hier 28 Prozent. Geht es um geschäftliche Fahrten, steigt der Autoanteil gar explosionsartig auf 54 Prozent, der Radanteil sinkt hier auf 16 Prozent. Und auch bei den Bring- und Holdiensten setzen die Mainzer mit 51 Prozent stark auf das Auto, 30 Prozent nutzen hierfür immerhin das Rad.
Der Anteil von Bussen und Bahnen im Modal Split ist indes mit 19 Prozent ausgesprochen gering – und im Vergleich zu 2019 sogar um drei Prozentpunkte gesunken. Dabei sollte eigentlich das 49-Euro-Ticket auch für eine steigende Attraktivität des ÖPNV in den Städten sorgen, das Gegenteil ist offenbar der Fall: Der Anteil der ÖPNV-Nutzung sinkt in Mainz. Steinkrüger sagte dazu, der ÖPNV leide „immer noch unter dem Corona-Effekt“, dazu komme der anhaltende Personalmangel bei Fahrern.
ÖPNV weniger attraktiv, Stadtteile fahren noch mehr Auto
„Wir haben ein stagnierendes Verhalten im ÖPNV“, räumte Steinkrüger ein – auf die Frage, wie sie die Attraktivität des ÖPNV wieder steigern wolle, gab sie keine Antwort. Von Seiten des Büros StadtVerkehr hieß es derweil, lediglich 28 Prozent der Befragten in Mainz besäßen eine ÖPNV Zeitkarte – es gebe „noch Potenzial zur Stärkung des Modal Splits“, insbesondere der ÖPNV-Anteil könne noch gesteigert werden.
Besonders deutlich wird das beim Blick in die Stadtteile: Während von Menschen in der Mainzer Neustadt je 27 Prozent der Wege mit Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden, sind es mit dem Auto hier nur 22 Prozent. In der Mainzer Altstadt sinkt der Autoanteil gar auf 20 Prozent, hier werden 24 Prozent der Wege mit dem Rad und 34 Prozent zu Fuß zurückgelegt. Völlig anders sieht hingegen das Bild in den Stadtteilen aus: In Gonsenheim, Mombach und der Oberstadt beträgt der Autoanteil bereits 36 oder 37 Prozent.
In Stadtteilen wie Marienborn, Lerchenberg, Laubenheim und Hechtsheim hingegen liegt der Anteil des Autoverkehrs zwischen 44 Prozent (Marienborn) und 53 Prozent (Lerchenberg) – und steigt in Stadtteilen wie Finthen (49%), Drais (53%) und Ebersheim (57%) weiter deutlich an. Und auch bei Wegen zwischen Stadtteilen wird zu 33 Prozent zum Auto gegriffen, 31 Prozent nutzen hier das Rad und 23 Prozent den ÖPNV. Liegt das Ziel aber außerhalb von Mainz, so nutzt die überwältigende Mehrheit von 60 Prozent das Auto, 29 Prozent den ÖPNV, aber nur noch 8 Prozent das Rad.
„Wer fährt noch Auto?! Alle!“
Damit zeigt der Modal Split eben auch: Das Auto ist für einen Großteil der Mainzer keineswegs als Verkehrsmittel verzichtbar. Und auch Prognosen, nach denen das Auto als Hauptverkehrsmittel bei jungen, urbanen Menschen nicht mehr angesagt sei, scheinen sich offenbar nicht zu bestätigen: Bei einer Umfrage des Versicherungskonzerns HUK-Coburg gaben auf die Frage, welches Verkehrsmittel in den nächsten fünf Jahren ihr Mobilitätsbedürfnis am besten erfüllen werde, 72 Prozent an: das Auto.
„Den größten Beliebtheitszuwachs gegenüber 2022 erlebt das Auto dabei unter Befragten zwischen 16 und 24 Jahren“, konstatiert die Studie. Die linke Tageszeitung taz kommentierte das mit den Worten: „Wer fährt noch Auto?! Alle!“ Die harten Fakten zeigten nämlich: Noch nie waren in Deutschland so viele Autos zugelassen wie 2023, nämlich 48,8 Millionen Pkws. Und die Zahl der jungen Menschen mit Auto seien nicht etwa sinkend – sondern trotz aller Umweltdebatten steigend.
In der Vorankündigung für die Befragung hatte die Stadt Mainz betont, die Aufteilung im „Modal Split“ sei „ein Gradmesser dafür, inwieweit das Verkehrsmittelwahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger einer klima- und umweltgerechten Mobilität Rechnung trägt.“ Und erstmals gebe es nun auch repräsentative Einzelergebnisse auf der Ebene der Stadtteile. Die Studie und ihre Ergebnisse sollen den Mainzern auf einer Veranstaltung im Januar 2024 ausführlich vorgestellt werden.
Info& auf Mainz&: Mehr zur Systematik der Mainzer Mobilitätsbefragung lest Ihr auch hier bei Mainz&.