Überraschung bei der Mainzer FDP: Bei der kommenden Stadtratswahl im Mai 2019 müssen die Liberalen auf ein höchst prominentes Mitglied verzichten. Harald Strutz, Ex-Präsident von Mainz 05, wurde vergangene Woche auf einem Parteitag der Mainzer FDP von der Liste der Kandidaten für die Kommunalwahl gekippt. Bei gleich zwei Wahlgängen und obwohl es keinen Gegenkandidaten gab, votierte eine Mehrheit der rund 60 Parteimitglieder gegen den früheren Fußballpräsidenten. Die Mainzer FDP zieht mit ihrem Kreischef David Dietz als Spitzenkandidat in die Kommunalwahl, er sieht seine Partei gut aufgestellt: Die Ampel-Koalition habe das Bild von Mainz in den vergangenen zehn Jahren „sehr signifikant verändert“, sagte Dietz gegenüber Mainz&: „Die bleierne Müdigkeit ist weg.“
Bereits Mitte September hatte die Mainzer FDP zur Aufstellung ihrer Stadtratsliste geladen, es war ein reiner Personenparteitag, 60 Listenplätze vergab die Partei für die Kommunalwahl am 26. Mai 2019. Doch bei Platz vier kam es zum Paukenschlag: Für die Parteispitze völlig überraschend fiel Harald Strutz bei den Parteimitgliedern durch. In gleich zwei Wahlgängen bekam der Ex-Fußballpräsident keine Mehrheit.
Strutz hatte seit 1998 für die Liberalen im Mainzer Stadtrat gesessen und war ein verlässlicher Stimmenbringer für die Mainzer FDP gewesen. Doch die Turbulenzen um seinen Abgang als Präsident von Mainz 05 vergangenes Jahr hatten nun auch parteintern ein Nachspiel: Obwohl Parteichef David Dietz Strutz persönlich vorschlug, obwohl sich auch der Mainzer Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte sowie MVG-Geschäftsführer Jochen Erlhof in die Bresche warf – die FDP-Mitglieder sagten Nein zu einer erneuten Platzierung von Strutz auf der Kandidatenliste.
„Ich glaube, die Gründe sind da sehr vielfältiger Natur“, sagte Dietz auf Anfrage von Mainz&. Er habe Strutz vorgeschlagen, weil er ihn seit vielen Jahren kenne und Strutz sowohl im Wahlkampf als auch in der Ratsarbeit für „eine gute Wahl“ halte. Strutz habe im Stadtrat eine gute Arbeit gemacht, betonte Dietz. Von dem Nein der Parteimitglieder wurde die Parteispitze indes völlig überrascht: „Im Vorfeld knistert es ja immer mal“, sagte Dietz, an dieser Stelle aber sei „das Grummeln im Vorfeld nicht so laut gewesen, dass man es merken konnte.“ Strutz selbst war auf dem Parteitag gar nicht anwesend, sondern befand sich im Urlaub, Dietz sah hier einen weiteren Grund für Strutz‘ Scheitern: „Wenn man nicht anwesend ist, ist es immer ein Nachteil“, sagte er, „wenn er da gewesen wäre, hätte er das Ding geholt.“
Die Liberalen ziehen nun mit ihrem Kreischef Dietz als Spitzenkandidat in die Wahl, der 36 Jahre alte Politikwissenschaftler ist seit Mitte Juli Geschäftsführer der Lebenshilfe Mainz-Bingen. „Ich bin ein wirklich politischer Mensch, mir macht das tatsächlich noch Spaß“, sagte Dietz, der bereits schon einmal – von 2009 bis 2013 – im Mainzer Stadtrat saß.
Auf Platz zwei der Mainzer FDP steht die Fraktionschefin im Mainzer Landtag, Cornelia Wilius-Senzer, auf Platz drei der derzeitige Fraktionschef im Mainzer Stadtrat, Walter Koppius. Platz vier ging nun an den Versicherungskaufmann Volker Hans, auf Platz fünf folgt der Junge Liberale Alexander Puderbach. „Wir haben eine Liste mit Persönlichkeiten, die bewiesen haben, dass sie es können und die Lust haben, was zu machen“, sagte Dietz, „ich sehe uns da gut aufgestellt.“
Derzeit stellt die FDP drei Mitglieder im Mainzer Stadtrat, regiert aber seit neun Jahren in der Ampel-Koalition gemeinsam mit SPD und Grünen. Am 21. November stellt sich ihr Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte zur Wiederwahl. Ihr Programm für die Kommunalwahl will die FDP im November oder Dezember auf einem Parteitag verabschieden. „Die Leitlinien stehen“, verriet Dietz, die Mainzer FDP wolle aber noch die Verabschiedung des Wahlprogramms auf Landesebene Ende Oktober abwarten.
Die Ampel habe aber in den vergangenen Jahren das Bild von Mainz gründlich und positiv verändert, sagte Dietz: „Wir haben den ersten ausgeglichenen Haushalt seit 25 Jahren, und Mainz steht zum ersten Mal in den wirtschaftlichen Kennzahlen bundesweit ganz vorne.“ Ja, Mainz habe wichtige Unternehmen verloren, räumte Dietz auf Nachfrage ein, „aber es sind auch neue gewichtige hinzugekommen“, betonte er. Die Stadt stehe bei der Ansiedlung von Unternehmen, bei Neugründungen und dem Grad an Arbeitsplätzen gut da.
„Es sind eine ganze Reihe von neuen Wohngebieten entstanden, das reicht aber nicht aus“, sagte Dietz weiter: „Wir müssen privaten Investoren das Investieren erleichtern.“ Die FDP wolle zudem „die nicht funktionierende Mietpreisbremse ad acta legen“ und mit Steuererleichterungen für Investoren das Bauen fördern. Die Erschließung von Wohngebieten von städtischer Seite aus müsse schneller gehen, auch die Abarbeitung von Anträgen in der Verwaltung, forderte Dietz.
In Sachen Verkehr spricht sich Dietz für einen Verkehrsmix aus: „Wir wollen das Thema Fahrradverkehr auf die Agenda heben“, betonte er, der Radverkehr und der ÖPNV müssten weiter ausgebaut werden. Gerade beim Radverkehr müsse es „aber auch Kontrollen geben, die Zahl der Beschwerden gegen Fahrradraser ist nicht gering“, sagte Dietz weiter. Was die FDP in Sachen Autoverkehr fordern wird, das sei derzeit noch in der Erarbeitung. Klar sei aber in jedem Fall: „Mainz ist eine Stadt, die auf jeden Fall weiter wächst, egal was der Oberbürgermeister sagt“, sagte Dietz: „Es werden über kurz oder lang 250.000 Einwohner werden“, dafür müsse die Verkehrsinfrastruktur angepasst werden.
Skeptisch ist die FDP aber weiter in Sachen Citybahn: „Wir haben da zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr offene Fragen“, betonte Dietz, „ich bin kein apodiktischer Gegner, aber skeptisch, ob das zum jetzigen Zeitpunkt funktionieren würde.“ Die Politik in Mainz sei deshalb „gut beraten, die Diskussion in Wiesbaden abzuwarten“, mahnte Dietz. In Wiesbaden haben sich gerade die Wirtschaftsvertreter der Industrie- und Handelskammer klar gegen die Citybahn ausgesprochen, die Wiesbadener FDP ist ebenfalls dagegen. Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) selbst fordert ein Bürgerbegehren, wie die Wiesbadener dabei abstimmen würden, ist offen.
Die Jungen Liberalen wiederum machen sich für flexiblere Ladenöffnungszeiten in Rheinland-Pfalz stark und stellen kommende Woche dazu eine Volksinitiative vor. Der Mainzer JuLi-Chef Alexander Puderbach kettete sich im August auch schon mal an einen Baum am Winterhafen und forderte, das Grillen am Rheinufer „zu entfesseln“ – die Jungen Liberalen fordern mehr Möglichkeiten für Grillzonen am Rheinufer auch außerhalb des Winterhafens.
Info& auf Mainz&: Wir haben David Dietz schon einmal auf Mainz& vorgestellt – vor einem Jahr, im September 2017. Da war Dietz Direktkandidat der FDP bei der Bundestagswahl und beantwortete uns einen Steckbrief mit 15 Fragen zu seinen Zielen und Vorhaben. Der gebürtige Westerwälder war bislang stark in Gesundheitsthemen aktiv und tritt für eine zusätzliche Rheinbrücke zwischen Ingelheim und Rüdesheim ein. Die Homepage der Mainzer FDP mit der kompletten Stadtratsliste findet Ihr hier. Mainz& setzt mit diesem Artikel unsere Serie über die Parteien in Mainz im Vorfeld der Kommunalwahl 2019 fort – einen Artikel zur Mainzer SPD findet Ihr hier, unseren Bericht über die CDU und ihr Kommunalwahlprogramm hier.