Nach fast einem Jahr Vakanz wählt die Mainzer SPD am kommenden Samstag einen neuen Vorsitzenden – und erstmals in der Geschichte der Partei, werden es wohl gleich zwei: Der Mombacher Ortsvorsteher Christian Kanka und die Finanzreferentin des SPD-Landesverbandes, Mareike von Jungenfeld, sollen die Mainzer Sozialdemokraten in Zukunft führen. Wichtiges weiteres Thema: Angesichts des Krieges in der Ukraine wollen die Mainzer Genossen ein Parteiverfahren gegen Altkanzler Gerhard Schröder einleiten – das Ziel: Parteiausschluss.

Bereits auf der Mahnwache gegen den Krieg in der Ukraine am 22. Februar forderten Vertreter der Mainzer SPD den Parteiausschluss von Altkanzler Gerhard Schröder. - Foto: gik
Bereits auf der Mahnwache gegen den Krieg in der Ukraine am 22. Februar forderten Vertreter der Mainzer SPD den Parteiausschluss von Altkanzler Gerhard Schröder. – Foto: gik

Die Mainzer Genossen sind nicht die einzigen: Bundesweit wächst die Wut auf den SPD-Altkanzler, denn trotz des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs von Russlands Präsident Wladimir Putin gegen die Ukraine, hat sich Schröder bislang nicht von Putin distanziert und weigert sich zudem, seine Leitungsfunktionen als Aufsichtsratschef der russischen Staatskonzerne Rosneft und Nord-Stream niederzulegen. Der SPD Ortsverband Heidelberg beantragte nun als einer der ersten den Parteiausschluss des Altkanzlers.

„Wir haben Schröder genug Zeit für einen sicheren Rückzug seiner Aktivitäten für russische Staatskonzerne gegeben, aber jetzt ist genug“, zitiert der SWR den SPD-Kreischef von Heidelberg. Schröders Rolle als Aufsichtsrat in einem kriegsrelevanten Staatsunternehmen sei nicht mit sozialdemokratischen Werten vereinbar, schimpfen die Heidelberger. Ein SPD-Mitglied, das den Krieg eines Autokraten unterstütze, sei nicht mehr tragbar.

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Am Samstag werden sich dem wohl die Mainzer Genossen anschließen: Es werde einen Initiativantrag ausgehend von der SPD Mainz-Neustadt geben, sagte der Mombacher Ortsvorsteher Christian Kanka auf Mainz&-Anfrage. Der Antrag richte sich auf die Eröffnung eines Parteiordnungsverfahrens, sagte SPD-Geschäftsführer Lips – einen Antrag auf Parteiausschluss gebe es formell so in der SPD nicht.

 

Das Ziel dürfte aber klar der Ausschluss des Altkanzlers sein, hatte doch Robert Herr vom SPD-Ortsverband Mainz-Hartenberg schon Anfang vergangener Woche genau das auf deiner Mahnwache gegen den Krieg in der Ukraine gefordert:  „Für mich ist auch klar, dass man nicht Partei ergreifen und nicht arbeiten kann für einen Mann, der Europa mit Krieg überzieht“, hatte Herr schon da, zwei Tage vor Ausbruch des Kriegs gesagt. „Das heißt für mich: Gerhard, tritt zurück oder tritt aus“, forderte Herr, „sonst muss die Partei dafür sorgen dass Du gehst.“

Wollen in Zukunft als Doppelspitze die Mainzer SPD führen: Mareike von Jungenfeld und Christian Kanka. - Video: SPD Screenshot: gik
Wollen in Zukunft als Doppelspitze die Mainzer SPD führen: Mareike von Jungenfeld und Christian Kanka. – Video: SPD Screenshot: gik

Kanka sagte nun, er rechne mit einer großen Mehrheit für einen entsprechenden Antrag. „Ich würde befürworten, dass Gerhard Schröder selbst auf die Idee kommt, eine gewisse Distanz zu Russland herzustellen“, sagte er gegenüber Mainz&: „Da er es aber nicht aus eigenen Kräften und Überlegungen schafft, müssen wir wohl selbst nachhelfen – ich hätte da gerne drauf verzichtet.“

Der 29 Jahre alte Jurist stellt sich am Samstag zur Wahl als neuer Vorsitzender der Mainzer SPD, und zwar gemeinsam mit Marieke von Jungenfeld. „Wir ergänzen uns gut, und es ist zeit mal etwas Neues auszuprobieren“, sagte Kanka mit Blick auf die neue Doppelspitze – es wäre die erste in der Mainzer SPD. Kanka arbeitet als Referent in der Mainzer Staatskanzlei, von Jungenfeld ist Finanzreferentin der rheinland-pfälzischen SPD und wohnt in der Mainzer Oberstadt. Die Mutter von zwei Kindern sei auch die Fachfrau für Kitas, sagte Kanka weiter.

„Wir wollen gemeinsam mit Euch überlegen, wie sieht die Stadt der Zukunft aus, und was ist die sozialdemokratische Vision für unser Mainz der Zukunft“, sagte von Jungenfeld in einem gemeinsamen Video mit Kanka im Vorfeld des Parteitags. Das neue Duo war bereits vom Unterbezirk der SPD im November zur Wahl vorgeschlagen worden, Gegenkandidaten gebe es bisher keine, sagte Lips. Mit der Neuwahl endet eine fast ein Jahr andauernde Interimszeit, die durch den Rücktritt von SPD-Chef Johannes Klomann ausgelöst worden war.

Der letzte regulär gewählte Chef der Mainzer SPD, Johannes Klomann, war im April 2021 von allen Ämtern zurückgetreten. - Foto: SPD
Der letzte regulär gewählte Chef der Mainzer SPD, Johannes Klomann, war im April 2021 von allen Ämtern zurückgetreten. – Foto: SPD

Klomann hatte bei der Wahl im März 2021 seinen Sitz im Mainzer Landtag verloren und sich danach im April 2021 von allen Ämtern zurückgezogen. Auch Klomann war lediglich gut anderthalb Jahre im Amt gewesen, sein Rückzug setzte die Reihe der schnellen Wechsel an der Spitze der Mainzer SPD fort. Seither hatte der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch den Bezirksverband kommissarisch geführt, der Neuwahl-Parteitag war wegen der Corona-Pandemie auf das Frühjahr verschoben worden. Klomann hatte in seinem Rücktrittsschreiben betont, es gelte nun, „die Partei für die Nach-Corona-Zeit und dabei insbesondere für die kommenden Kommunalwahlen fit zu machen“, dafür brauche es „einen Vorsitzenden oder Vorsitzende, die oder der den notwendigen Schwung mitbringt.“

Info& auf Mainz&: Weitere Infos zur neuen Mainzer SPD-Doppelspitze findet Ihr hier im Internet.