Die Mainzer Baustellen waren ja ein Topthema der vergangenen Jahre, 2017 erlebte die Stadt den dritten Sommer in Folge mit einer von Baustellen nahezu lahm gelegten Innenstadt. Die Stadtspitze kündigte daraufhin im Sommer 2017 ein neues Baustellenmanagement an – nun legte sie die Ergebnisse dazu vor. Mit deutlich langfristigerer Planung, einer neuen Software, konkreten Grabungszeiträumen und deutlich mehr Mitarbeitern sollen die Baustellen in der Mainzer Innenstadt künftig deutlich besser koordiniert werden. Im Stadtplanungsamt soll dafür eine eigene Abteilung mit zwölf Mitarbeitern und einem Abteilungsleiter neu geschaffen werden, sieben neue Stellen soll es dafür geben. Die Kosten dafür will die Stadt mit höheren Grabungsgebühren für die Firmen wieder hereinholen.

Baustellen-Slalom 2017 in Mainz, hier auf der Alicenbrücke am Bahnhof – künftig soll es eine solche Häufung nicht mehr geben. – Foto: gik

„Dynamisches Baustellenmanagement“ heißt das Zauberwort, mit dem die Stadt künftig die Steuerung der Grabungsarbeiten in der Innenstadt verbessern will. „Wir brauchen die dynamische Steuerung, auch um Stadt und Infrastruktur am Laufen zu halten“, betonte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) bei der Vorstellung des Konzepts am Montag in Mainz – und dafür habe man „jetzt eine Matrix.“

Rund 4.000 Baustellen bevölkern inzwischen pro Jahr das Mainzer Stadtgebiet, etwa 2.000 davon sind allerdings Kleinbaustellen, bei denen etwa ein Hausanschluss erneuert oder eine Straßenlaterne ausgetauscht wird. Bleiben aber immer noch 2.000 größere Baustellen sowie 40 Großbaustellen – und deren Koordination ließ in den vergangenen Jahren zu wünschen übrig. Da legte das Bauprojekt am Binger Schlag die halbe Saarstraße lahm, während gleichzeitig auf der Pariser Straße und in der Rheinallee gebaut wurde – das Ergebnis: wochenlang ging fast nichts mehr. Fastnachter dichteten Lieder über das Baustellenchaos, sogar ein närrischer Motivwagen rollte im Rosenmontagszug – und Auswärtige aus dem Mainzer Umland trauten sich schon gar nicht mehr in die Stadt.

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Die Stadt räumt inzwischen einen viel zu laxen Umgang mit den Bauträgern ein. So habe man bislang Grabungsgenehmigungen für ein ganzes Jahr erteilt, das Ergebnis: Subunternehmer führten die Arbeiten aus, wann es ihnen gerade passte. So standen auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung manches Mal überrascht vor plötzlich aufgerissenen Baugruben und machten sich auf die Suche nach dem Verursacher. Ein Problem auch: Durch die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes stieg die Zahl derjenigen, die Leitungen und Netze zu unterhalten haben, erheblich, und alle diese Firmen haben eine Grabungsanspruch. Dazu kam noch die deutlich gestiegene Bautätigkeit der Stadt selbst: Mainz investiere so viel in die Erneuerung seines Stadtgebietes, wie seit 40 Jahren nicht mehr, betonte Ebling am Montag noch einmal. Der Bau der Mainzelbahn, die Aufwertungen im Stadtgebiet – wegen niedriger Zinsen und erheblicher Fördersummen von Bund und Land passierte nun alles auf einmal.

Keine Durchfahrt – das erlebten Mainzer in den vergangenen Jahren zu häufig an zu vielen Stellen auf einmal. – Foto: gik

Im städtischen Planungsamt aber hatte man gerade noch zwei Mitarbeiter, um die Baustellen zu koordinieren. Schuld sei ein erheblicher Personalabbau in den frühen 2000er Jahren von einstmals acht Mitarbeitern, sagte Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne). Wie viele Städte hatte auch Mainz aus Spargründen Personal abgebaut, das traf auch die Baustellenüberwachung.

Mit all dem soll nun Schluss sein: Künftig wird die Stadt klare Richtlinien und Grabungsregeln aufstellen, Genehmigungen sollen nur noch für genau definierte Zeiträume und mit Auflagen vergeben werden. Kern der Lösung sei aber vor allem eine sehr frühzeitige Planung, sagte Hubert Preis vom Beratungsinstitut für Wirtschaft und Verwaltung (BWV) aus Darmstadt. Das BWV ist ein 1992 gegründetes Beratungsinstitut, spezialisiert auf technische Bereiche von Verwaltungsorganisation. Gut ein halbes Jahr nahm das Institut die Organisation in der Stadt Mainz nun unter die Lupe und entwickelte das neue Konzept. Kosten für die Stadt: rund 90.000 Euro.

„Baustellen werden auch in Zukunft nicht verschwinden, sondern eher mehr werden“, sagte Preis, deshalb sei ein koordiniertes Management unabdingbar. Bis Ende 2019 soll nun ein umfassendes „dynamisches Baustellenmanagement“ installiert werden, dessen Kern eine neue Software ist. Große Städte wie Frankfurt oder Köln setzten solche Programme bereits ein, für kleinere Städte sei das eher noch Neuland, sagte Preis. In Frankfurt arbeite man etwa mit einer Steuerungssoftware namens „Kommunalregie“, das alle Akteure vernetzt.

Mainz baut und baut und baut – Baukräne am Binger Schlag 2017. Inzwischen steht hier ein komplett neuer Gebäudekomplex. – Foto: gik

Das soll auch die Software in Mainz leisten: Grabungswillige sollen hier online ihre Wünsche einstellen und gleich mit allen Details füttern können. Mit der Software könne dann „der gesamte Baustellenlebenszyklus von der Planung bis zur Abnahme“ gesteuert werden, sagte Preis. Die Planungen sollen bereits mit einem Vorlauf von fünf bis zehn Jahren erfolgen, eine zentrale Auskunfts- und Genehmigungsstelle in der Verwaltung als direkter Ansprechpartner fungieren. Man habe zudem ein Regelwerk für die Grabungen erstellt, betonte Preis – die Unternehmen müssen künftig deutlich konkreteren Auflagen folgen.

Dazu soll die Einhaltung der Baustellenregeln auch schärfer kontrolliert werden. Im Stadtplanungsamt soll dafür eine neue Abteilung „Straßenverkehrsbehörde“ mit insgesamt dreizehn Stellen eingerichtet werden, sieben Stellen davon neu entstehen. „Alle Städte diskutieren derzeit neue Verkehrskonzepte, da müssen auch die organisatorischen Strukturen geschaffen werden“, betonte Preis. Die neuen Stellen muss der Stadtrat im Zuge des kommenden Doppelhaushalts beschließen. Ebling zeigte sich zudem überzeugt, dass die Aufsichtsbehörde ADD der Stadt die Mehrausgaben genehmigt. „Wir werden uns einen Großteil der Kosten wieder holen“, betonte er – durch eine deutliche Anhebung der Grabungsgebühren.

Und noch einen großen Vorteil soll die neue Software haben: die Baustellen-Daten können künftig online in Navigationsgeräte einfließen und auch über die sozialen Netzwerke verbreitet werden. Auch eine Vernetzung mit den großen digitalen Infowänden im Stadtgebiet ist geplant, Autofahrer könnten so gleich digital am Stau vorbeigeführt werden, sagte Ebling. Die Umsetzung wird allerdings bis Ende kommendes Jahr dauern, die Software müsse beschafft und auf Mainz angepasst werden, sagte Preis.

Info& auf Mainz&: Das Konzept „Dynamisches Baustellenmanagement“ soll am 6. Juni im Hauptausschuss der Stadt vorgestellt werden und am 13.6. Thema im Stadtrat sein. Mehr zum Baustellenchaos im Jahr 2017 könnt Ihr noch einmal hier nachlesen, für alle Baustellen-genervten haben wir hier noch einmal unser wunderbares Abhilfe-Gimmick: den Baustellen-Pin mit Narrenkappe.

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