Im Streit um die vom grünen Finanzdezernenten Günter Beck vorgeschlagene massive Anhebung der Grundsteuer B in Mainz meldet sich nun Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) zu Wort – mit deutlicher Kritik: Eine Erhöhung des Grundsteuersatzes auf 600 Prozent wäre eine empfindliche Mehrbelastung vieler Mainzer“, sagte Haase auf Mainz&-Anfrage. Am Mittwoch wird der neue Haushalt der Stadt Mainz für das Jahr 2025 eingebracht, die Steuererhöhung ist dort eingepreist. Für Haase aber ist das nicht das letzte Wort: Das sei erste der Startschuss für die Verhandlungen, betonte der OB.

Häuser in der Mainzer Neustadt: Die Grundsteueranhebung trifft auch Mieter. - Foto: gik
Häuser in der Mainzer Neustadt: Die Grundsteueranhebung trifft auch Mieter. – Foto: gik

Im Oktober 2024 war durch Anfragen von Fraktionen im Mainzer Stadtrat bekannt geworden, dass das Finanzdezernat eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B von derzeit 480 Prozent auf dann 600 Prozent plant – das wäre eine massive Steigerung. Zum 1. Januar 2025 greift die neue Grundsteuerreform, die Stadt wird dann ohnehin schon rund 7,6 Millionen Euro mehr einnehmen, als vor der Reform – ein klarer Verstoß gegen die versprochene „Aufkommensneutralität“, nach der die Städte durch die Reform nicht weniger Steuern einnehmen sollen, aber eben auch nicht mehr.

Mainz müsste seinen Hebesatz eigentlich auf 403 Prozent senken, um eine Aufkommensneutralität zu erreichen, rechnet das Mainzer Finanzministerium vor. Stattdessen kündigte Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) sogar eine Steigerung des Hebesatzes auf 600 Prozent an, Mainz würde dadurch rund 20 Millionen Euro mehr einnehmen als bisher. Als Grund nannte Beck das neuerliche Haushaltsloch mit einem dreistelligen Millionendefizit, das allerdings zuletzt durch eine überraschende Steuernachzahlung bei der Gewerbsteuer deutlich geschrumpft war.

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OB Haase fordert „Neubewertung“ der Finanzlage

Die geplante Anhebung führte denn auch zu erheblicher Kritik in Mainz –  und nach Mainz&-Informationen auch zu gravierenden Auseinandersetzungen im Stadtvorstand. Die waren so gravierend, dass Finanzdezernent Beck den Haushaltsentwurf 2025 nicht – wie eigentlich geplant und üblich – vergangenen Dienstag in den Finanzausschuss einbringen konnte, wie Teilnehmer gegenüber Mainz& berichteten. Eine am 31. Oktober 2024 von Bürgern gestartete Petition im Internet gegen die Grundsteueranhebung hat inzwischen bereits 711 Unterschriften, die Petition soll am Mittwoch den Stadtratsmitgliedern überreicht werden.

Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) kritisiert die geplante Anhebung der Gewerbesteuer in Mainz. - Foto: gik
Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) kritisiert die geplante Anhebung der Gewerbesteuer in Mainz. – Foto: gik

Nun äußert sich Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) auf Mainz&-Anfrage persönlich zu dem Thema – und fordert „eine Neubewertung“ der Finanzlage: „Eine Erhöhung des Grundsteuersatzes auf 600 Prozent wäre eine empfindliche Mehrbelastung vieler Mainzerinnen und Mainzer – sowohl für die Mieter als auch für die Bewohner von Eigenheimen“, betonte Haase in seiner Antwort. Zugleich bestätigte Haase auch, der Verwaltungsentwurf für den Haushalt 2025 der Stadt Mainz werde wie geplant am 27. November in den Stadtrat eingebracht – und er enthalte „sämtliche, vom Finanzdezernat vorgebrachten möglichen Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen.“

Darunter sei auch „der ursprünglich geplante Grundsteuersatz von 600 Prozent“, bestätigte Haase, und gibt als Grund an: „Eine Änderung wäre, so die Informationen des Finanzdezernats, bei einem komplexen 1500-seitigen Haushalt nicht mehr kurzfristig umsetzbar gewesen.“ Es entspreche im Übrigen auch „der Aufgabe der Finanzverwaltung, die unterschiedlichen Optionen darzustellen“, betonte Haase zudem: „Das ist auch gut so, denn der Stadtrat hat das Recht, jede einzelne Maßnahme und deren Auswirkungen zu kennen.“

Haase fordert Neubewertung der Finanzlage in Mainz

Ob er selbst im Stadtvorstand „ein Veto einlegte“, wie in Mainz kolportiert wurde, wollte Haase offiziell nicht bestätigen. Er betonte aber: „Zugleich steht dem Oberbürgermeister das Recht zu, anderslautende Ansichten, die aus den jüngsten Entwicklungen herrührten, klar zu äußern.“ Und da, so betont Haase, habe es einige Änderungen gegeben: Seit das Finanzdezernat im September eine Erhöhung des Grundsteuersatzes auf 600 Prozent vorgeschlagen habe, seien „mehrere Entwicklungen eingetreten, die zu Beginn der Haushaltsaufstellung noch nicht klar waren.“

Der Mainzer Stadtrat hat in Sachen Haushalt das letzte Sagen - er verabschiedet den Haushalt der Stadt final, er kann Änderungen fordern. - Foto: gik
Der Mainzer Stadtrat hat in Sachen Haushalt das letzte Sagen – er verabschiedet den Haushalt der Stadt final, er kann Änderungen fordern. – Foto: gik

So habe Mainz eine Gewerbesteuernachzahlung über 75 Millionen Euro erhalten, auch habe der Stadtvorstand weitere Schritte bei der Investitionsplanung unternommen. „Die finanziellen Auswirkungen für die Bevölkerung sowie das Verhalten anderer Kommunen sind nun deutlich geworden“, sagte Haase in seiner schriftlichen Antwort weiter. Der OB verwies auch auf die Berechnungen des Finanzministeriums zur Aufkommensneutralität – all das, so betont er, „macht aus meiner persönlichen Warte eine Neubewertung der Situation notwendig.“

Sie soll nun aus Sicht des OBs wohl der Stadtrat vornehmen: „Am 27. November beginnen die Haushaltsberatungen im Stadtrat“, betonte Haase, „die Fraktionen und auch ich als Oberbürgermeister werden die notwendigen Entscheidungen mit großem Verantwortungsbewusstsein treffen.“ Ziel müsse dabei aber dabei sein, das Haushaltsdefizit zu begrenzen, „ohne dabei die Belastungsgrenze der Bürgerinnen und Bürger zu überschreiten“, so Haase weiter.

Haushaltsdefizit zu senken „eine Herkulesaufgabe“

Leicht werde das nicht, warnte er: Das Haushaltsdefizit für 2025 erheblich zu senken, sei „eine Herkulesaufgabe“, der sich die Stadtverwaltung mit großer Anstrengung widme. „Neben vielen Einnahmeverbesserungen stand in den letzten Monaten vor allem die Ausgabenreduzierung auf der Agenda“, sagte Haase weiter, dabei seien erhebliche Fortschritte erzielt worden. Als Beispiele nannte Haase: Es sei gelungen, den Anstieg der Personalkosten zu bremsen, Prozesse zu optimieren, Aufgaben zu hinterfragen und vor allem die Investitionen realistischer zu planen und Prioritäten zu setzen.

Die Arbeit der Mitarbeiter in der Finanzverwaltung sei „vor dieser großen Aufgabe und dem hohen Druck enorm, und für diesen Einsatz sind wir sehr dankbar“, betonte der OB zudem. Leider aber stünden die Kommunen „deutschlandweit vor einer fast unlösbaren Aufgabe, da gerade in Großstädten die Kosten exorbitant wachsen, um Bundes- oder Landesgesetze zu erfüllen.“ Haase fordert deshalb mehr Unterstützung von Land und Bund: „Hier kann nur eine echte Konnexität die Handlungsfähigkeit unserer Städte zukünftig garantieren, was auch im Hinblick auf die Bundestagswahl eine zentrale Frage sein sollte.“

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zur geplanten Grundsteueranhebung, und warum der Bund der Steuerzahler dabei von „Abzocke“ spricht, lest Ihr hier auf Mainz&. Mehr zur Kritik an der „Katastrophenreform“ samt jüngster Entwicklungen findet Ihr hier bei Mainz&:

„Teure Katastrophenreform“: Petition gegen Anhebung der Grundsteuer in Mainz – Land will Hebesätze nun doch splitten