Im Juni 2020 beschloss der Mainzer Stadtrat mit den Stimmen der Ampel-Koalition den weiteren Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes, nun laufen die Vorbereitungen für Teil 1: Schon bis 2025 soll eine Straßenbahntrasse von der Alicenbrücke direkt zum Münsterplatz führen, der „Bypass“ soll den Mainzer Bahnhofsvorplatz entlasten und Fahrzeiten verkürzen. Am Mittwoch beginnt die Bürgerbeteiligung zu dem Projekt, umstritten ist bisher unter den Parteien im Mainzer Stadtrat vor allem die Anordnung der Haltestellen in diesem Bereich, es geht um die Anordnung der Bahnsteige und die Gestaltung der Straße insgesamt.
Das Mainzer Straßenbahnnetz soll weiter wachsen, so beschloss es der Mainzer Stadtrat im Juni 2020, ganz oben auf der Wunschliste: Eine Querspange von der Alicenbrücke zum Münsterplatz, die kleine Stichstrecke war bereit Teil der Planungen für die Citybahn nach Wiesbaden. Die Citybahn scheiterte im November 2020 an dem Nein der Wiesbadener, in Mainz beschloss die Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP hingegen, am Straßenbahnausbau festzuhalten. Als erstes soll nun der Abzweig auf der Binger Straße kommen: Laufe alles wie vorgesehen, könne die direkte Verbindung schon 2025 stehen, heißt es bei der Mainzer Mobilität.
Der „Bypass“ soll eine direkte Verbindung von der Haltestelle Hauptbahnhof West zur Haltestelle Münsterplatz und weiter zum Schillerplatz schaffen. Damit soll vor allem der Bahnhofsvorplatz entlastet werden, der „einen Kapazitätsengpass für den ÖPNV darstellt.“, betont die Verkehrsgesellschaft. Durch den Abzweig könnten zudem die Fahrzeiten der Straßenbahn deutlich verkürzt werden. Das Aus für die Citybahn habe allerdings „die Planung mit neuen Parametern deutlich verändert“, heißt es weiter – bei der Citybahn hätten auch lange Straßenbahnzüge durch Mainz rollen sollen.
Am Mittwoch um 18.00 Uhr lädt die Mainzer Mobilität nun zum Start der Bürgerbeteiligung, dabei sollen „alle Interessensgruppen ihre Anliegen und Wünsche in die Planung der neuen Trasse einbringen können“, betont das Unternehmen. Start soll zunächst Online sein, man hoffe aber, die Bürgerbeteiligung nach der Sommerpause in Präsenz weiterführen zu können. Vorbild sind die Workshops beim Ausbau der Mainzelbahn, für die Teilnahme wurden unmittelbar betroffene Anwohner, Gewerbetreibende und Hauseigentümer direkt eingeladen. Auch Interessensgruppen wie Radverkehrsverbände oder das Mainzer CityManagement gehören zu den Geladenen, die sich zunächst in Workshops austauschen sollen.
Spannend wird dabei vor allem die künftige Raumaufteilung der Straße: Bisher war die Binger Straßen mit je zwei Fahrspuren pro Fahrtrichtung – stadtauswärts sogar zum Teil drei Spuren – eine wichtige Achse, um den Zufahrtsverkehr mit Pkws in die Mainzer City abzuwickeln. Über die Binger Straße wird die Große Bleiche erreicht, aber auch die Altstadttangente mit Großer Langgasse und weiter über die Weißliliengasse zum Südbahnhof, eine der wenigen noch offenen Durchfahrtmöglichkeiten durch die Innenstadt. Über die Binger Straße werden aber auch die Schillerstraße und der Schillerplatz samt Zufahrt zum Parkhaus Proviantamt angebunden, wie wichtig die Achse für den täglichen Verkehr ist, zeigt gerade die Baustelle auf der Kaiserstraße: Durch die Blockade der Hauptverkehrsachse, bilden sich derzeit auch auf der Binger Straße lange Staus.
Die genaue Gestaltung der neuen Straßenbahntrasse in der Binger Straße sei noch offen, heißt es bei der Mainzer Mobilität derweil, berücksichtigt werden müsse hier neben dem Individualverkehr und Anliegerinteressen auch der starke Fahrradverkehr in Richtung Innenstadt – die Binger Straße ist die Hauptfahrradstrecke Richtung Schillerplatz und Dom, der derzeitige Fahrradweg erheblich zu eng, um die Fahrradströme noch fassen zu können. Die Möglichkeiten seien „in dem kurzen Abschnitt sicherlich begrenzt“, heißt es bei der Mainzer Mobilität.
Künftig muss hier nun auch noch eine Straßenbahnhaltestelle untergebracht werden, um den Umstieg am Münsterplatz zu gewährleisten – und wie die Haltestelle angeordnet werden soll, verspricht Zündstoff. Die Mainzer Mobilität hatte im Mai 2020 eine Leistungsfähigkeitsbetrachtung in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen des Streckenabschnitts auf den Individualverkehr zu untersuchen, hatte die frühere Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) im Juni 2020 im Stadtrat gesagt. Dabei würden auch verschiedene Optionen für eine Haltestellenanordnung untersucht: Ein Bahnsteig in Mittellage der Straße, aber auch eine sogenannte „dynamische Haltestelle“ stehe zur Debatte: eine sogenannte Insel auf Zeit in der Straßenmitte. Mit ersten Ergebnissen sei nach der Sommerpause zu rechnen, hieß es damals – die Ergebnisse wurden nie vorgestellt.
Die CDU-Opposition lehnte bereits damals in der Stadtratssitzung eine „Zeitinsel“-Haltestelle ab: Eine Haltestelle in Straßenmitte werde zu erheblichen Behinderungen für den Autoverkehr führen, dieser dann komplett in die Parcusstraße Richtung Kaiserstraße abgedrängt, kritisierte CDU-Verkehrsexperte Thomas Gerster. Das aber werde in der Parcusstraße zu erheblichen Rückstaus und zu einem „verkehrstechnischen Desaster“ führen, warnte Gerster damals. Von Seiten der Grünen hieß es hingegen, das Auto sei in Mainz „stark privilegiert“, ihm müsse „Platz im Straßenraum genommen werden“, sagte Grünen-Umweltexperte Marcel Kühle.
Info& auf Mainz&: Wie Ihr Eure Meinung zu dem Thema Gestaltung Binger Straße und Straßenbahnausbau loswerden könnt, darüber informieren wir noch, einen größeren Artikel über den Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes aus dem Juni 2020 lest Ihr hier bei Mainz&.