Es tut sich was am Römischen Theater oberhalb des Südbahnhofs – endlich, muss man wohl sagen: 20 Jahre nach seiner Wiederentdeckung durch den damaligen Landesarchäologen Gerd Rupprecht soll das größte Bühnentheater nördlich der Alpen nun endlich wieder zu neuem Leben erwachen: Eine neue Holzkonstruktion im fast 2000 Jahre alten Theaterrund sowie ein neuer Zugang sollen wieder Besucherführung in dem antiken Bauwerk möglich machen. Dazu sollen nun endlich Informationstafeln in Kürze den Besuchern klar machen, was hier vor ihnen liegt: ein echtes Schmuckstück des römischen Mainz. Das Römische Theater erwacht wieder.
Es war 1997, als Rupprecht oberhalb des Südbahnhofs ein Loch in den wahrhaft verwilderten Hang buddelte, und sich sicher mancher fragte: Was sucht der da bloß? Rupprecht war indes nicht weniger als einer archäologischen Sensation auf der Spur. In alten Schriften des Mainzer Archäologen Ernst Neeb aus dem Jahr 1914 hatte Rupprecht Hinweise gefunden: Hier im Hang müsste das alte Bühnentheater der Römer liegen. Rupprecht beschloss nachzuschauen, denn es war Gefahr im Verzug: Die Deutsche Bahn plante einen zweiten Eisenbahntunnel nach Mainz – genau durch diesen Hang.
Was Rupprecht, seine Archäologen und letztlich viele, viele Freiwillige da direkt neben dem Mainzer Südbahnhof ans Tageslicht holten, entpuppte sich als das größte römische Bühnentheater nördlich der Alpen: 42 Meter breit erhob sich einst die stolze Bühnenrückwand, die Sitzreihen maßen 116 Meter im Durchmesser. Bis hinauf zum Giebel der heutigen Lutherkirche reichte einst das stolze Bauwerk, 10 000 Menschen fanden auf ihnen Platz. Hier fanden die Festspiele zu Ehren des verstorbenen Feldherrn Drusus statt, dessen Grabmal nur wenige Meter entfernt auf der heutigen Zitadelle steht.
„Was wir hier heute sehen, ist eine späte Ausbauphase des 3. bis 4. Jahrhunderts“, sagte die heutige Landesarchäologin Marion Witteyer. Erbaut wurde das Theater wohl im 1. Jahrhundert nach Christus, der hohe Ausbaustand auch noch 300 Jahre später zeige, „dass Mainz in seinem Versammlungswesen nicht nachgelassen hat“, betont Witteyer. Alljährlich fanden hier Truppenparaden statt, deshalb sei das Theater auch so groß gewesen – es musste die Soldaten des Castellum Mogontiacum fassen. Begangen wurde hier zudem der große Kaiserkult, der Mainz eng mit Rom verband, wie Witteyer berichtet.
Doch das Vergessen ist offenbar ein Teil des Schicksals dieses Theaters: Mit dem Ende der Römerherrschaft verfiel auch das stolze Bauwerk, seine Mauern wurden als Steinbruch für andere Gebäude genutzt. In den Jahrhunderten danach versank das Bauwerk in einen wahren Dornröschenschlaf, erst 1872, beim Bau der Bahntrasse, tauchten seine Reste wieder aus dem Boden auf – allerdings erkannten die Bauarbeiter damals nicht, was für Mauern sie vor sich hatten. Und so wurde die Bahntrasse mitten durch das antike Bühnenhaus gefräst…
Auch nach seiner Wiederentdeckung 1997 versank das Theater wieder in der Nicht-Beachtung durch städtische Zuständige – es war kein Geld für größere Maßnahmen da. Die Konstruktion der Holzsitzreihen, errichtet im Jahr 2000, um das Theaterrund wieder besser sichtbar zu machen, verfiel zusehends, es fehlte an Infrastruktur, nicht einmal der Zugang für Führungen wurde ermöglicht. 2012 hatte Rupprecht noch einmal Hand angelegt und eigenhändig die Trennmauer zum Bahnhof abgerissen. Seither ermöglicht eine Glaswand den Blick von den Gleisen ins antike Bühnenrund.
Nun endlich tut sich Neues: Eine neue Holzkonstruktion entsteht derzeit, die eine neue Sitzreihe vor die alte Konstruktion setzt, hier sollen künftig immerhin bis zu 40 Menschen im Rahmen von Führungen Platz nehmen können. „Die jetzigen Arbeiten dienen dazu, möglichst schnell Besuchergruppen ins Theater führen zu können“, sagte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) bei der Vorstellung der neuen Maßnahmen. Der Werksausschuss habe für die Arbeiten 250.000 Euro zur Verfügung gestellt. Ein neuer Zuweg soll zudem über eine Treppenkonstruktion von der Zitadelle aus den Weg ins Theater ermöglichen, entlang des Zitadellenwegs ist in den vergangenen Monaten bereits ein neuer, deutlich niedrigerer Zaun entstanden.
Entlang des Zitadellenwegs sollen nun auch endlich Infotafeln über das Römische Theater, seine Ausdehnung und seinen Zweck informieren. Vielleicht hat dabei ja geholfen, dass sich diese Woche rund 600 Archäologen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz in Mainz tummeln: Bis zum 8. Juli tagt der Deutsche Archäologiekongress im Landesmuseum, und die Teilnehmer werden diverse Führungen durch Mainz unternehmen. „Wir freuen uns sehr, dass hier wieder gearbeitet wird“, sagte denn auch Witteyer, „man sieht, hier tut sich was, es ist kein verlassener Ort, wie es ja mal war…“
Und die derzeitigen Arbeiten sollen noch nicht alles gewesen sein: „Wir planen gerade die grundsätzliche Sanierung“, betonte Grosse. Im Mai 2016 hatte die Dezernentin angekündigt, 2017 mit der Restaurierung der Sitzreihen zu beginnen, zudem sollte ein Planungsbüro ausgewählt werden, Ideen für die künftige Gestaltung des Areals zu entwickeln. Ende des Jahres solle der Wettbewerb dafür starten, sagte Grosse nun, die Restaurierungen nach und nach erfolgen. „Wir werden weiter dran bleiben“, versprach sie.
Denn der Weg, das antike Theaterrund wieder erlebbar zu machen, ist noch ein weiter: „Schön wäre, wenn man die Konstruktion des Theaters auch erkennen könnte“, sagte sehnsüchtig Hans Marg, Vize-Vorsitzender der Initiative Römisches Mainz, schließlich wüchsen die Fundamente ja mit dem Hang in die Höhe. „Hier oben stellen wir uns einen Ort vor, der etwas über das Theater erzählt“, sagte Marg mit Blick auf den Bereich am Zitadellenweg, ein Zu- und Abgang für Schulklassen und andere Besucher. „Unsere Vorstellung ist, dass hier einmal wieder Theater gespielt wird“, betonte er, „Mainz kann sich doch mit dem Römischen Theater schmücken.“
Info& auf Mainz&: Mehr zur Geschichte des Römischen Theaters von Mainz erzählen wir Euch in diesem Mainz&-Artikel, noch viel mehr Infos findet Ihr auf der Internetseite www.theatrum.de/mainz.html – mit tollen Luftbildern sowie wissenschaftlichen Informationen satt.