Sie sollte zur neuen Dachmarke für den Nahverkehr in Rheinland-Pfalz werden, und dem ÖPNV einen coolen Anstrich geben: ROLPH, eine 2019 vom damaligen Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) ins Leben gerufene PR-Kampagne. Nun macht ROLPH tatsächlich Schlagzeilen – als teurer Rohrkrepierer. Denn der Bund der Steuerzahler rügte die Kampagne nun als teuer, gescheitert und überflüssig. Weiterer Fall aus dem aktuellen „Schwarzbuch“: Die Beamtenpension in Höhe von 2.000 Euro pro Monat für den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten aus Oppenheim – trotz Verurteilung wegen Bestechlichkeit und Untreue. Auch Wiesbaden bekommt eine Rüge für sein Wasserstoffbus-Abenteuer.

Jedes Jahr prangert der Bund der Steuerzahler die Verschwendung von Steuergeldern an: Fälle, wo das Geld wirkungslos verpulvert wird. - Foto: gik
Jedes Jahr prangert der Bund der Steuerzahler die Verschwendung von Steuergeldern an: Fälle, wo das Geld wirkungslos verpulvert wird. – Foto: gik

Jedes Jahr prangert der Bund der Steuerzahler in seinem „Schwarzbuch“ Fälle von Steuerverschwendung an, in diesem Jahr zählt das Kompendium rund 100 Fälle von kurios bis ärgerlich auf. Darunter sind unter anderem ein Parkhaus in Wuppertal, das teuer saniert wurde, aber zwei Jahre lang dicht blieb, weil der Betreiber fehlte. In Hamburg wiederum vergaß man, Straßenlaternen ans Stromnetz anzuschließen, Schleswig-Holstein förderte Bewerbungsunterlagen für Landesgartenschauen – die es dann aus Geldmangel gar nicht geben konnte.

Der Bund der Steuerzahler will damit auf überflüssige oder überteuerte Projekte in der Politik aufmerksam machen, für die das Geld der Steuerzahler völlig unnötig ausgegeben wird – ein Antrag in die Liste ist für Städte oder Regiereden von Ländern oder Bund meist ziemlich peinlich. Ein Sonderkapitel im 51. Schwarzbuch befasst sich in diesem Jahr zudem mit der „teuren Öffentlichkeitsarbeit der Politik“: Man habe im Bundeshaushaltsplan 2023 mehr als 150 Titel entdeckt, die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit verbergen – zusätzlich zu den regulären Titeln, kritisiert der BdSt, und rügt: „Aus steuerfinanzierter Informationsvermittlung darf keine Publicity-Kampagne werden“ – der Trend zur Eigenwerbung habe stark zugenommen.

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ROLPH: Teurer Rohrkrepierer aufs Abstellgleis geschickt

Für Rheinland-Pfalz machte der Bund der Steuerzahler in diesem Jahr drei hauptsächliche Kritik-Projekte aus, auf Platz 1 dabei: ROLPH. Das Kürzel stand für das Land Rheinland-Pfalz (R, L und P), das O sollte als Symbol für Mobilität ein Rad darstellen, und das H am Ende die Aussprache glätten. „Und wie rolphst du?“, fragte die im Mai 2019 gestartete Kampagne, die dem öffentlichen Nahverkehr in Rheinland-Pfalz ein cooles Image und eine griffige Dachmarke verpassen sollte.

Die Dachmarke ROLPH für den Nahverkehr in Rheinland-Pfalz floppte. - Foto Verkehrsministerium RLP
Die Dachmarke ROLPH für den Nahverkehr in Rheinland-Pfalz floppte. – Foto Verkehrsministerium RLP

Dabei habe Rheinland-Pfalz zu diesem Zeitpunkt bereits eine höchst erfolgreiche Dachmarke gehabt, kritisiert der BdSt: Seit 1996 gab es den Rheinland-Pfalz-Takt, das sei sogar die erste ÖPNV-Dachmarke in Deutschland gewesen und zudem vielfach kopiert worden. „Doch der kindische ROLPH mit seiner ‚Mobilität zum Duzen‘ floppte“, bilanzierte der Steuerzahlerbund nun: Die Dachmarke kam nie richtig an, den Namen benutzte niemand – und ein Ersatz für bestehende Marken im Nahverkehr wurde sie schon gar nicht.

Das Ergebnis: Das inzwischen von der grünen Ministerin Katrin Eder geführte Mainzer Mobilitätsministerium habe nun die Notbremse gezogen, und ROLPH 2023 aufs Abstellgleis geschickt, berichtet der BdSt, und berichtet: “ Gegenüber dem BdSt äußerte sich das Ministerium, dass aufgrund der Hinweise aus der Bevölkerung, Politik und Presse mit ROLPH kein positives Image mehr vermittelt werden könne.“

CDU: „Drei Millionen für PR-Getöse, anstatt für echte Lösungen“

Dumm nur: Die Kampagne kostete den Steuerzahler pro Jahr rund 1,3 Mio. Euro zur Verfügung, bis Ende 2022 seien für ROLPH mehr als 3 Millionen Euro ausgegeben worden, rechnet der BdSt vor: Damit seien Millionen „für eine gescheiterte Marke in die Mülltonne“ gewandert, „der ÖPNV in Rheinland-Pfalz hätte das Geld sicherlich für konkrete Verkehrsprojekte gut gebrauchen können.“

Verpatztes Motiv der Werbekampagne "Rheinland-Pfalz Gold". - Grafik: RLP
Verpatztes Motiv der Werbekampagne „Rheinland-Pfalz Gold“. – Grafik: RLP

„Drei Millionen für PR-Getöse, anstatt für echte Lösungen“, reagierte denn auch CDU-Generalsekretär Gordon Schnieder: „Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat wie so oft auf großes PR-Getöse gesetzt – erreicht wurde nämlich nichts. Nichts ist auch nur irgendwie durch ‚Rolph‘ besser geworden. Und das war von Anfang an abzusehen.“ Die Bürger vor allem in den ländlichen Regionen warteten nach wie vor auf tragfähige Konzepte, neue Mobilitätsformen und integrierte Fahrpläne, sagte Schnieder.

„Ich erwarte, dass sich das Mobilitätsministerium zu den verschwendeten drei Millionen gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern erklärt“, forderte Schnieder weiter: „Nur die ‚Notbremse zu ziehen‘, das reicht in diesem Fall nicht aus.“ Die Menschen im Land bräuchten keine „wirkungslose Marketingkampagne“, sondern ein attraktives ÖPNV-Angebot.

Es ist zudem nicht die erste verpatzte Werbekampagne des Landes: Im März dieses Jahres musste das Wirtschaftsministerium den Werbeslogan „Shoppen statt Schoppen“ in ihrer Werbekampagne „Rheinland-Pfalz Gold“ nach scharfer Kritik ändern: Vor allem die Freien Wähler hatten dem Ministerium vorgeworfen, das Prinzip „Förderung der Innenstädte“ nicht erkannt zu haben. Für Weinkonsum statt Einkaufs-Shoppen zu werben – das widerspreche nun wirklich allen Werbemaßnahmen für lebendige Innenstädte, schimpfet damals der der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid.

Beamtenpension für Marcus Held – trotz Urteil wegen Untreue

Fall zwei aus Rheinland-Pfalz im „Schwarzbuch“ ist ein gutes Stücke brisanter: Der BdSt rügte, dass der frühere Oppenheimer Bürgermeister und Bundestagsabgeordneter Marcus Held (SPD) weiterhin seine Bundestagspension bezieht – geschätzt rund 2.000 Euro pro Monat – und das trotz einer Verurteilung wegen Bestechung und Untreue. Held hatte über Jahre hinweg in Oppenheim ein Geflecht von Vergünstigungen und Gefälligkeiten aufgebaut, im Dezember 2021 verurteilte ihn das Landgericht Mainz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 8 Monaten auf Bewährung – wegen Bestechlichkeit in vier Fällen und Untreue in zwölf Fällen im Amt.

Das idyllische Oppenheim machte vor allem 2018 Negativ-Schlagzeilen mit seinem Bürgermeister Marcus Held (SPD). - Foto: gik
Das idyllische Oppenheim machte vor allem 2018 Negativ-Schlagzeilen mit seinem Bürgermeister Marcus Held (SPD). – Foto: gik

„Doch trotz des harschen Urteils stehen ihm seine Pensionsansprüche als ehemaliger Bundestagsabgeordneter weiterhin zu – und zwar ohne Abstriche“, kritisiert der Steuerzahlerbund – das sei ein Unding. Der Grund: „Abgeordnete verlieren ihren Pensionsanspruch erst dann, wenn sie im strafrechtlichen Sinne wegen eines ‚Verbrechens‘ verurteilt werden, Bestechlichkeit gilt jedoch nicht als Verbrechen, sondern als Vergehen“, klärt der BdSt auf, und fordert: Das müsse geändert werden.

Schließlich gelte auch bei Berufsbeamten, dass eine rechtskräftige Verurteilung zu mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit im Hauptamt Sanktionen nach sich ziehe – bis zum Verlust der Pensionsansprüche. „Ein Staat, dem die Bürger nicht vertrauen, steht auf tönernen Füßen“, betont der BdSt: „Um das zu verhindern, gelten für Beamte strenge Konsequenzen, etwa wenn sich diese bestechen lassen.“ Das müsse auch für Abgeordnete gelten, „ein korruptes Verhalten läuft schließlich der Würde und Unabhängigkeit eines Mandats zuwider“, sagt der BdSt, und fordert: „Deshalb sollten die Abgeordneten ihre eigenen Regeln dringend schärfen!“

Worms: Steuergoldd wie einst die Nibelungen im Rhein versenkt

Fall drei spielt in Worms, dort hatte die Stadt Mitte 2022 eine Installation am Rhein in Betrieb genommen: Das „Eindutzend“. Die Installation befindet sich unterhalb der Nibelungenbrücke und sollte das Glitzern des versenkten Nibelungenschatzes aus der Sage widerspiegeln – aber ach: Die Lichter glänzen so stark, dass sie „auf behördliche Weisung wegen ihrer Blendwirkung auf die Schifffahrt wiederholt abgeschaltet werden mussten“, berichtet der BdSt.

Nach technischen Änderungen habe die Lichtinstallation Anfang 2023 zwar wieder leuchten können, nur um dann erneut – wieder auf Weisung des Wasser- und Schifffahrtsamts – wegen der Blendwirkung abgeschaltet zu werden. „Bis Sommer 2023 sollte eine dauerhafte Lösung für das Problem gefunden werden, aber daraus wurde bis Redaktionsschluss nichts“, heißt es weiter. Ergebnis: Bisher wurden mehr als 100.000 Euro für die Nibelungen-Lichtinstallation im Rhein versenkt…

Wiesbaden: „teures Wasserstoff-Abenteuer“ bei der Busflotte

Auch die hessische Nachbarschaft Wiesbaden bekommt eine Rüge vom Steuerzahlerbund: Für ihr „teures Wasserstoff-Abenteuer“ im ÖPNV. Denn Wiesbaden hatte seine mit großen Versprechungen 2020 bestellten zehn Brennstoffzellenbusse nach nur einem Jahr Ende 2022 endgültig ausgemustert. Kosten: Insgesamt mehr als 6 Millionen Euro, allein bei den Anschaffungskosten. Dazu brauchte es eine spezielle Tankstelle für sogenannten grünen Wasserstoff, die bereits 2019 für 2,159 Millionen Euro (und mit Hilfe von rund 1,83 Millionen Euro Fördergeldern) angeschafft wurde – und zwar gemeinsam mit Mainz.

Daumen runter für den Brennstoffzellenbus in Wiesbaden. - Foto: Daimler Truck AG
Daumen runter für den Brennstoffzellenbus in Wiesbaden. – Foto: Daimler Truck AG

„Im Februar 2020 ging die Tankstelle auf dem Betriebshof der ESWE Verkehr, kurz vor Weihnachten 2021 konnten die beiden ersten eigenen Brennstoffzellenbusse dann endlich im Linien­netz eingesetzt werden – doch nach knapp einem Jahr war schon wieder Schluss“, so die Bilanz beim BdSt: „Erst verschwanden die Brennstoffzellenbusse im Oktober 2022 aus dem Linienverkehr, Mitte Dezember kam dann das vollständige Aus.“ Das Wasserstoff-Experiment war „mitnichten der behauptete ‚Meilenstein‘, sondern gescheitert.“

Pikant dabei: Die Hälfte der Busse samt Tankstelle wurden nach Mainz verkauft, der BdSt vermutet aufgrund seiner Recherchen einen Kaufpreis von knapp 427.000 Euro – pro Bus. „Über den genauen Verkaufspreis schwieg man sich bislang aus“, heißt es weiter. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten – nicht, dass die Busse zum Schwarzbuch-Wanderpokal für Mainz werden…

Info& auf Mainz&: Noch viel mehr Fälle aus dem „Schwarzbuch 2023“ findet Ihr hier im Internet.