Der Sturz kam im Eiltempo: Nachdem die Aufständischen in Syrien am Samstagabend vor Damaskus standen, meldeten sie am Sonntag bereits die Einnahme der syrischen Hauptstadt – und den Sturz des Assad-Regimes. Machthaber Baschar al-Assad ist geflohen, seine Armee legte die Waffen nieder – nach 13 Jahren brutaler Gewaltherrschaft ist das Regime Geschichte. Das feierten auch in Mainz Syrer überschwänglich: Rund 4.000 bis 5.000 Syrer trafen sich am Sonntag in der Mainzer Innenstadt, um absolut friedlich die Befreiung ihres Landes zu feiern. Die größte Behinderung entstand dabei für den Öffentlichen Nahverkehr.
Binnen weniger Tage waren islamistische Rebellen vom Nordosten Syriens in einem Blitzmarsch gegen den syrischen Machthaber Assad vorgerückt – und auf nahezu keinen Widerstand gestoßen. Im Eiltempo nahmen sie wichtige Städte wie Aleppo, Homs und Hamsa ein, und erreichten am Samstag die syrische Hauptstadt Damaskus. Am Sonntagmorgen war das Schicksal des Assad-Regimes besiegelt: Die anführende Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und ihr Anführer Abu Mohammed al-Julani zogen in Damaskus ein, während Assads Truppen ihre Waffen wegwarfen und Fahrzeuge einfach am Wegesrand stehen ließen.
Das Rebellenbündnis kündigte laut Medienberichten an, die Macht friedlich zu übernehmen – wir zitieren hier vor allem aus dem Liveticker auf Spiegel Online. Öffentliche Einrichtungen in der Hauptstadt Damaskus „werden bis zur offiziellen Übergabe unter Aufsicht des früheren Ministerpräsidenten bleiben“, teilte al-Julani in sozialen Medien mit. Zudem kündigten die Kämpfer die Freilassung aller Gefangenen an, und schritten auch gleich zur Tat: Die Türen berüchtigter Foltergefängnisse öffneten sich, zahlreiche politische Gefangene des Assad-Regimes kamen frei.
Blitzvormarsch auf Damaskus, friedliche Übergabe, Assad geflohen
Der syrische Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali kündigte an, den Machtwechsel friedlich begleiten zu wollen, Videoaufnahmen zeigten, „wie die Milizionäre Dschalali aus seinem Büro geleiten und ins Four Seasons Hotel eskortieren“, wie Spiegel Online berichtet. Der Ministerpräsident plädierte für freie Wahlen in Syrien, „damit die Menschen über die Führung des Landes entscheiden können“, wie er in einem Interview mit dem Sender Al Arabiya sagte.
Für Rätselraten sorgte zunächst der Aufenthaltsort von Präsident Assad, am Mittag aber teilte ausgerechnet Russland mit, Assad habe das Amt des Präsidenten aufgegeben und das Land verlassen – wohin, sagte Russland nicht. Das nährt die Spekulationen, dass sich Assad nach Russland abgesetzt hat, möglich ist aber auch Dohar, dorthin wurden Flugbewegungen eines Privatjets registriert. Russland war zusammen mit dem Iran der wichtigste Verbündete Assads, hatte zuletzt aber so gut wie keinen Finger gerührt, um den syrischen Machthaber zu stützen – politische Experten deuten das als klare Schwäche und Niederlage für Russlands Präsident Wladimir Putin, dessen Ressourcen offenbar vollständig in der Ukraine gebunden sind.
Auf der ganzen Welt feiern nun Syrer den Sturz von Präsident Assad, der jahrelang sein Land mit einer Schreckensherrschaft unterdrückt hatte. Assad setzte unter anderem Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung ein, seine Foltergefängnisse sind berüchtigt, Millionen von Syrer flohen außer Landes. Entsprechend groß sind nun Freude und Erleichterung, auch in Deutschland: Zehntausende gingen in der ganzen Bundesrepublik feiernd auf die Straßen.
Bis zu 5000 Syrer feiern friedlich Assads Sturz in Mainz
In Mainz versammelten sich ab dem Mittag nach Angaben der Mainzer Polizei 4.000 bis 5.000 feiernde Syrer in der Innenstadt. Angemeldet gewesen sei eigentlich nur eine Mini-Demonstration mit rund 100 Teilnehmern, sagte Polizeisprecher Rinaldo Roberto auf Mainz&-Anfrage. Doch nach der Nachricht vom endgültigen Sturz Assads sei es schnell zu einer großen Menge gekommen, die absolut friedlich gefeiert habe.
Die Kundgebung zog sich vom Schillerplatz über die Ludwigsstraße und die Große Langgasse hin, das hatte erhebliche Auswirkungen auf den Öffentlichen Nahverkehr, weil Busse nicht mehr über Schillerplatz und Höfchen verkehren konnten. Bis in den Abend hinein kam es zu Verzögerungen und Umleitungen. Aus der Kundgebung sie dann zudem kurzzeitig ein Autocorso mit 35 Fahrzeugen entstanden, sagte Roberto weiter, und betonte: „Aus polizeilicher Sicht war das alles absolut unproblematisch, es gab keinerlei Anlass für uns einzugreifen.“
Viele Syrer sind bereits vor rund zehn Jahren wegen Folter und Morden aus ihrem Land geflohen, wie es dort nun weiter geht, ist bislang weitgehend unklar. Nach dem Sturz des Assad-Regimes wird der Großteil des Landes von einem Bündnis sogenannter „Rebellen“ gehalten, es sind Milizen, die auch vor 13 Jahren den Aufstand gegen Assad anführten. Ihr Anführer al-Julani kämpfte in früheren Jahren an der Seite von Terrororganisationen wie Al-Kaida, gründete den syrischen Anleger Al-Nusra-Front – und sagte sich 2016 öffentlichkeitswirksam von Al-Kaida los.
Während des Vormarschs verbreitete al-Julani nun sehr moderate Botschaften, betonte das friedliche Nebeneinander aller Religionen und ethnischen Gruppierungen in Syrien – was davon wirklich gemeint ist: unklar. Der Wissenschaftler Thomas Pierret von Frankreichs nationalem Forschungsinstitut CNRS nennt ihn laut ZDF einen „pragmatischen Radikalen“. 2014 sei al-Julani auf dem Höhepunkt seiner Radikalität gewesen seither seine Rhetorik aber gemildert. Von Wahlen sprach der neue starke Mann in Syrien bisher nicht.
Info& auf Mainz&: Ein sehr gutes Interview mit einer ausgewiesenen Syrien-Expertin findet Ihr in der Talkshow von Markus Lanz vom 4. Dezember 2024, dort erklärt die Journalistin Kristin Helberg höchst ausführlich und kundig, was es mit den Rebellenmilizen auf sich hat, woher die kommen, und wie4 sie einzuschätzen sind. Ihr Bericht beginnt ab der Minute 58, der Rest der Sendung dreht sich um die FDP -. das kann man überspringen, oder auch nicht 😉