Der Schock ging um die Welt und fand ganz deutlich auch in Mainz Resonanz: Am Montagabend brannte in Paris die weltberühmte Kathedrale Notre Dame. Um 18.50 Uhr brach ein Feuer im Dachstuhl der Kathedrale aus, das rasend schnell um sich griff. Binnen einer Stunde kollabierten der Dachstuhl und ein berühmter Spitzturm, über Stunden hinweg loderten die Flammen und bedrohten das gesamte gotische Bauwerk. Das Herz von Paris brannte – und die ganze Welt litt geschockt mit. Auch in Mainz war die Anteilnahme groß, viele ältere Mainzer dachten zurück an den Zweiten Weltkrieg, als das Herz von Mainz brannte, der Mainzer Dom…
“Notre Dame brennt” – der Satz schlug am frühen Abend ein wie ein Erdbeben. In Minuten verbreitete sich die Nachricht um die Welt, das Feuer tat leider dasselbe: Im Dachstuhl von Notre Dame, der stolzen Kathedrale von Paris war ein verheerender Brand ausgebrochen. Die Ursache wurde schnell eingegrenzt: Vermutlich gibt es einen Zusammenhang mit den derzeit laufenden Renovierungsarbeiten an der Kathedrale. Genau oben auf dem Dach, an dem spitzen Turm in der Mitte des Daches, war ein Gerüst aufgebaut. Vor wenigen Tagen waren hier noch wertvolle, bis zu drei Meter hohe Figuren vom Dach heruntergebracht worden, der Renovierungsarbeiten wegen. Nun brach genau hier das Feuer aus – die Feuerwehr geht von einem Zusammenhang aus.
Notre Dame war um 18.00 Uhr ganz regulär geschlossen worden, auch die Bauarbeiter waren im Feierabend – als das Feuer ausbrach, war deshalb niemand im Gebäude. Menschen kamen deshalb ersten berichten zufolge nicht zu Schaden – ein Feuerwehrmann erlitt bei den Löscharbeiten später allerdings schwere Verletzungen. Medienberichten zufolge dauerte es lange, bis die Feuerwehr an der Kathedrale eintraf und zu Löschen begann, sichtbar wurden die Löscharbeiten wohl erst nach rund einer Stunde. Da brannte vor allem das Dach der Kathedrale längst lichterloh.
Über Stunden hinweg schlugen meterhohe Flammen aus dem Kirchendach, die dramatischen Bilder wurden weltweit über Fernsehsender und soziale Netzwerke verbreitet. Fassungslos sahen die Menschen zu, wie eines der wichtigsten Wahrzeichen der abendländischen Kulturgeschichte in Flammen aufging. In Paris strömten die Menschen so weit es ging Richtung Notre Dame, eine gespenstig stumme Menge verfolgte den Brand mit Tränen und Entsetzen in den Gesichtern. An vielen Stellen begannen die Menschen zu singen. Später am Abend läuteten in der gesamten Stadt die Kirchenglocken aus Solidarität mit dem brennenden Kirchenbauwerk.
Notre Dame wurde ab 1163 errichtet, als eine der ersten gotischen Kirchenbauwerke Frankreichs. 200 Jahre dauerte ihre Bauzeit, die Kathedrale steht wie kaum ein anderes Bauwerk in Europa für den atemberaubenden Stil der gotisch-aufstrebenden Kirchenbauten, die gerade in ihrem Inneren ein Gefühl von Erhabenheit, Größe und gleichzeitig Demut vermitteln. Notre Dame war wie kaum eine andere Kirche eine Zeugin der europäischen Kulturgeschichte: Hier wurden Kaiser und Könige getraut und begraben, Napoleon I. krönte sich selbst 1804 zum Kaiser der Franzosen, hier wurden Kirchenmusikgeschichte geschrieben, Baugeschichte sowieso.
Und Notre Dame beherbergte Schätze von unersetzlichem Wert – Kirchenschätze und Gemälde, unzählige Gräber und Statuen, die großen Glas-Rosetten, einmalige Zeugnisse menschlicher Schaffenskunst – und die Dornenkrone Jesu Christi. Zumindest der katholischen Überlieferung nach soll der französische König Ludwig IX. 1237 die Dornenkrone in Konstantinopel erworben haben, die Jesus Christus bei seinem Martyrium am Kreuze auf das Haupt gedrückt wurde. Die Krone wurde in der Schatzkammer von Notre Dame aufbewahrt, den berichten zufolge wurde sie ebenso wie zahlreiche andere Reliquien noch in der Nacht aus der Kathedrale gerettet.
Über Stunden hinweg sickerten nur spärliche Informationen nach draußen: Rund 400 Feuerwehrleute bekämpften den verheerenden Brand, lange sah es so aus, als sollten sie ihn verlieren. Der Dachstuhl stürzte ein, am frühen Abend auch der hohe, reich verzierte Spitzturm in der Dachmitte. Die Flammen schienen schließlich in der gesamten Kirche zu wüten und zeitweise auch auf die großen Haupttürme überzugreifen. Die Holzverkleidung im Inneren sei völlig ausgebrannt, hieß es zwischenzeitlich. Gegen 23.00 Uhr hieß es, Dreiviertel der Kathedrale stehe in Flammen. Die nächste Stunde sei entscheidend.
Erst nach Mitternacht gaben die Feuerwehrkräfte vorsichtige Entwarnung: Die Struktur des Gebäudes sei gerettet und bewahrt, die Kirche werde nicht einstürzen, auch die beiden markanten Haupttürme seien gerettet. Langsam auftauchende Fotos und Video machten in der Nacht klar: Gebrannt hatte wohl hauptsächlich das Dach, die Decke oberhalb des Kirchenschiffes hatte Löcher, komplett eingestürzt war sie nicht. Das Altarkreuz hatte das Inferno ebenso überlebt wie Kanzel und manche Skulptur, die Schäden sind dennoch immens. Unklar war zunächst auch noch, was aus den riesigen Glasfenster-Rosetten geworden war – womöglich könnten sie sogar überlebt haben.
Der französische Präsident Emmanuel Macron besuchte die Kathedrale gegen ein Uhr morgens, Macron zeigte sich erschüttert und traurig, aber gefasst. Macron hatte an dem Abend eigentlich eine große Rede an die Nation halten wollen, nach Bekanntwerden des Brandes sagte er sie umgehend ab. “Wie alle Franzosen bin ich tieftraurig zu sehen, dass ein Teil von uns heute Nacht brennt”, schrieb Macron auf Twitter. In der Nacht sagte er dann, das Schlimmste habe verhindert werden können und kündigte an: “Wir werden Notre Dame wieder aufbauen.”
Weltweit bangten die Menschen am Abend mit der Kathedrale und verfolgten ihr Schicksal in den Medien. Auch in Mainz war die Anteilnahme groß – welche Horrorvorstellung, das Wahrzeichen der eigenen Stadt, das Gebäude, das für die Identität der Stadt steht, in Flammen aufgehen zu sehen. Für viele ältere Mainzer dürfte das besonders schlimme Erinnerungen geweckt haben – an die Brandnacht am 27. Februar 1945, als Mainz unter den Bomben der Alliierten im Zweiten Weltkrieg in Flammen aufging. Die Christuskirche ging damals in Flammen auf – der Mainzer Dom blieb wie durch ein Wunder stehen.
Info& auf Mainz&: Bilder und Videos vom Brand in Notre Dame findet Ihr unter anderem hier bei Tagesschau.de, einer unserer Quellen. Eine wichtige Quelle war auch die hervorragende und umfassende Live-Berichterstattung der Kollegen von NTV, die umfassend, inhaltsreich und hintergründig sowie mit vielen Augenzeugenberichten aus Paris informierten.