Der Anruf kommt von einer anonymen Nummer, hebt man ab, meldet sich eine Automatenstimme mit der Ansage: „Sehr geehrter Kunde, Ihr PayPal Konto wurde durch einen anonymen Transaktionsversuch im Wert von 699 Euro kompromittiert. Bitte drücken sie sofort die 1, um Ihr Konto zu sichern.“ Polizei und Verbraucherzentrale warnen: Mit dieser neuen Variante eines Schockanrufs sind Kriminelle derzeit aktiv. Die Behauptungen sind frei erfunden, das Ziel: Kontodaten abgreifen. Wen solch ein Anruf erreicht: Bloß nicht reagieren, auflegen! Auch in Mainz wurden solche Schockanrufe nun registriert.

Die Polizei warnt vor Betrug mit vorgeblichen Paypal-Anrufen. - Foto: H.J. Henschel, LKA Niedersachsen
Die Polizei warnt vor Betrug mit vorgeblichen Paypal-Anrufen. – Foto: H.J. Henschel, LKA Niedersachsen

Es war um kurz vor 17.00 Uhr, als in der Redaktion der Internetzeitung Mainz& das Handy klingelte. Das Display zeigte „Anonym“ an, eine Computerstimme sagte einen irritierenden Satz: „Sehr geehrter Kunde, Ihr PayPal Konto wurde durch einen anonymen Transaktionsversuch im Wert von 699 Euro kompromittiert.“ Nun kommen Probleme mit Paypal-Konten durchaus mal vor, in diesem Fall hätte eine solche Nachricht sogar eine realen Hintergrund haben können.

Doch der zweite Satz der Ansage, brachte einen Hinweis auf die wahre Natur des Anrufs: „Bitte drücken sie sofort die 1, um Ihr Konto zu sichern.“ Damit war klar: Das konnte kein seriöser Anruf des Unternehmens Paypal sein, denn auch Internetunternehmen fordern ihre Kunden niemals über das Telefon oder durch das Drücken einer Handyziffer zum Verifizieren von Konten auf.

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Neue Variante von Schockanrufen im Namen von Amazon oder Paypal

Und in der Tat: Polizei und Verbraucherschützer warnen seit einigen Wochen vor einer neuen Schockanruf-Masche von Betrügern. „Mit dieser neuen Variante eines Schockanrufs sind Kriminelle derzeit aktiv“, heißt es beim Bundesverband der Verbraucherzentralen auf der Homepage. Die Anrufe würden im Namen der Online-Dienste Amazon und PayPal getätigt, darin werde über eine angeblich anstehende Überweisung eines hohen Geldbetrags informiert.

Smartphone mit Paypal-Logo. - Foto: Paypal
Smartphone mit Paypal-Logo. – Foto: Paypal

„Tatsächlich gibt es die aber nicht“, betonte die Verbraucherzentrale: „Die Behauptungen sind erfunden.“ Es gebe klare Hinweise darauf, dass es sich bei den Anrufen um Betrugsversuche handele. Die Verbraucherzentrale zitiert zudem die PayPal-Sprecherin Sabrina Winter mit der Klarstellung: „PayPal ruft seine Kunden in der Regel nicht an – und schon gar nicht mit der Aufforderung, Zahlungen zu leisten.“

Auch beim Landeskriminalamt in Niedersachsen kennt man die Masche offenbar, seit August warnen die Sicherheitsexperten hier bereits vor solchen Betrugsmaschen: In den vergangenen Wochen gebe es immer wieder Hinweise auf solche Anrufe, berichtet das LKA es auf der Internetseite polizei-praevention.de. Man habe zudem „vermehrte Rückmeldungen von Personen“, die der Aufforderung gefolgt seien, die angegebene Taste zu drücken.

Call-Center: Mitarbeiter wollen Daten oder Zahlungen abgreifen

Diese berichteten, dass nach Drücken der Taste 1 das Gespräch von einem Call-Center-Mitarbeiter übernommen werde, teilweise sei sogar passender Lärm im Hintergrund gehört worden. „Dieser Mitarbeiter spricht Englisch mit leicht indischem Akzent, das ist vergleichbar zu der Europol bzw. Microsoft-Masche, wo eine reale Person das Gespräch übernimmt und versucht, Zugangs- und Kontaktdaten abzugreifen“, warnt das LKA. Betroffene könnten auch zur Bestätigung einer echten Zahlungsausführung aufgefordert werden, unter dem Vorwand, man müsse die behauptete Zahlung (z.B. 700 Euro) mittels Bestätigung rückgängig machen.

Polizei und Verbraucherschützer warnen vor Fake-Anrufen von Kriminellen. - Foto: Polizei RLP
Polizei und Verbraucherschützer warnen vor Fake-Anrufen von Kriminellen. – Foto: Polizei RLP

Geschädigte berichteten weiter, sie seien zum kauf von Guthabenkarten aufgefordert worden oder zum Herunterladen einer Fernwartungssoftware, mit dieser bekämen die Täter Zugriff auf das Gerät. Die Verbraucherzentrale berichtet zudem, Betroffene seien in dem Call-Center im Gespräch zum Zahlen von Geld auf Auslandskonten oder zum Investieren in Kryptowährungen gedrängt worden. Wichtig sei, auf eine solchen Anruf nicht zu reagieren, warnen Polizei und Verbraucherschützer.

„Falls Sie so einen Anruf erhalten, legen Sie auf“, warnt die Verbraucherzentrale: „Drücken Sie keine Taste, um mit jemandem verbunden zu werden!“ Sollte man doch bei einer realen Person landen, bloß keine Daten nennen oder irgendwelche Zahlungen bestätigen, warnt die Polizei: „Überweisen Sie keine Gelder und laden Sie keine sensiblen Dokumente wie Ausweise hoch. Installieren Sie keine Apps, die Ihnen die Täter vorgeben!“

Wer in Sorge um sein Konto bei Paypal oder Amazon sei, könne nach dem Auflegen sein Konto in der echten Amazon- oder PayPal-App oder via Internetseite checken. Sollte es dort wirklich eine unbekannte Zahlungsanweisung über einen hohen Betrag geben, „nehmen Sie über die App oder die Internetseite Kontakt zum echten Kundenservice auf“, heißt es weiter. Bei der Mainzer Polizei kennt man solche Schockanrufe im Verbreitungsgebiet bisher nicht, Mainz& wurde aber von einem weiteren Mainzer ein ebensolcher Anrufer in den vergangenen Tagen auch bestätigt.

Betrugsmasche via Handy: Woher haben die meine Nummer?

Die Frage, woher diese kriminellen die Handynummer des Angerufenen haben, kann auch die Verbraucherzentrale nicht klar beantworten. „Am wahrscheinlichsten ist es aus unserer Sicht, dass zahlreiche Nummern „auf gut Glück“ angerufen werden“, vermuten die Verbraucherschützer. Dabei müssten die Betroffenen nicht einmal ein Online-Konto bei den genannten Unternehmen haben – Amazon und PayPal seien so verbreitet, dass die Kriminellen einfach auf eine hohe Trefferwahrscheinlichkeit setzen könnten. „Wer dann eine Taste drückt, gibt ihnen die Bestätigung, über ein PayPal-Konto zu verfügen.“

Phishing-Apps können auch unbemerkt auf Smartphones eingeschleust werden. - Foto: gik
Phishing-Apps können auch unbemerkt auf Smartphones eingeschleust werden. – Foto: gik

Die Rufnummer könnte aber auch aus öffentlichen Telefonverzeichnissen stammen, aus früheren Datenlecks verschiedener Firmen stammen oder auch aus schädlichen Apps, die Nummern speicherten. „Es gibt Apps, die Kontaktdaten auslesen und sammeln“, weiß man bei der Verbraucherzentrale: „Sie kommen zum Beispiel durch so genanntes Smishing (Phishing per SMS) auf die Geräte, wie etwa über eine Paketdienst-Betrugsmasche oder Sprachnachrichten-Phishingversuche. „Falls Sie Ihre Nummer mal bei einem Gewinnspiel angegeben haben, könnte sie weiterverkauft worden sein“, warnt die Verbraucherzentrale zudem.

„Sollten Sie bereits auf die Masche hereingefallen sein, so kontaktieren Sie unverzüglich den offiziellen Paypal-Support und erstatten Sie im Anschluss Anzeige bei Ihrer örtlichen Polizei“, raten auch die Experten beim Landeskriminalamt. Generell sei immer geboten, auf solche Anrufe mit Vorsicht und mit Misstrauen zu reagieren: „Lassen Sie sich nicht am Telefon durch angebliche Mitarbeiter und angeblich ausstehende hohe Überweisungen unter Druck setzen!“

Info& auf Mainz&: Ausführliche Infos zu den Fällen sowie auch eine Sprachnachricht zum Anhören findet Ihr hier beim LKA Niedersachsen im Internet. Die Ratschläge des Verbraucherschützer sowie viele weitere Informationen gegen Betrug im Internet findet Ihr hier.