Eine Diebesaktion auf den Feldern vor den Toren von Mainz könnte erhebliche Gefahren nach sich ziehen – und zwar für die Diebe: Vermutlich in der Nacht zum Freitag wurde ein Spargelfeld zwischen Stadecken-Elsheim und Nieder-Olm von Räubern heimgesucht, die Parzelle von Unbekannten abgeerntet. Die meinten offenbar, sie hätten „billig“ Spargel abgegriffen, doch stattdessen droht ihnen nun nicht nur die Polizei, sondern auch akute Gesundheitsgefahr: Das Feld war frisch mit Pestiziden behandelt worden. Das ist keine Kleinigkeit: Pestizide sind hochgradig giftig, weltweit werden pro Jahr inzwischen 385 Millionen Pestizidvergiftungen gezählt. Und: Pestizidvergiftungen können auch nachfolgende Generationen schädigen – noch die Urenkel können krank werden.

Spargel auf einem Feld. Foto: Becker via Pixabay
Spargel auf einem Feld. Foto: Becker via Pixabay

Am Freitagvormittag hatte sich ein Landwirt bei der Polizei gemeldet und mitteilte, er habe festgestellt, dass unbekannte Personen sich an seinem Spargelfeld zu schaffen gemacht hatten. Die Parzelle liegt zwischen Stadecken-Elsheim und Nieder-Olm, dort wurden illegal Spargelpflanzen abgeerntet.

Ein Schaden sei dem Mann hierbei jedoch nicht entstanden, da das Feld bereits nicht mehr bewirtschaftet werde, teilte die Polizei weiter mit. Doch den Dieben drohe nun akute Gefahr für ihre Gesundheit: Auf dem Feld wurden nämlich Pestizide gegen Spargelfliegen ausgebracht, der Spargel sei deshalb nicht mehr genießbar, warnte die Polizei: Eine Gefahr für die Gesundheit könne daher nicht ausgeschlossen werden.

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Eine Vergiftung mit Pestiziden ist keine Lappalie: Pestizide seien „fast ohne Ausnahme auch für Menschen gesundheitsschädlich“ und niemals harmlos, betont etwa der BUND. Die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit reichten von akuten und chronischen Hauterkrankungen über Vergiftungserscheinungen bei direktem Kontakt bis hin zu Krebs, Fruchtbarkeits- und Erbgutschäden und Missbildungen bei Neugeborenen. Akut können sie Übelkeit und Erbrechen, Atembeschwerden sowie Nervenstörungen auslösen. „Pestizide werden insgesamt zu den gefährlichsten Umweltgiften der Welt gezählt“, heißt es beim BUND weiter.

Pestizide sind hochgradig giftig, auch für Menschen . hier eine Kampagne der Grünen gegen Glyphosat. - Foto: Grüne
Pestizide sind hochgradig giftig, auch für Menschen . hier eine Kampagne der Grünen gegen Glyphosat. – Foto: Grüne

Einer wissenschaftlichen Studie zufolge kommt es jedes Jahr weltweit zu schätzungsweise 385 Millionen unbeabsichtigten Pestizidvergiftungen – in etwa 11.000 Fällen mit tödlichem Ausgang. Die meisten davon passieren in der Landwirtschaft, weil Bauern ungeschützt mit den giftigen Substanzen hantieren. Doch die Forscher warnen: Die Zahl der Menschen, die sich versehentlich eine Vergiftung durch Pestizide zuzogen, sei in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen.

Die Zahlen verdeutlichten, „wie sehr das Leid von Millionen von Menschen über Jahrzehnte massiv unterschätzt wurde“, sagte Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany, dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN). Das PAN, ein Zusammenschluss von über 600 Nicht-Regierungsorganisationen und Einzelpersonen in über 90 Ländern, hatte die Studie in Auftrag gegeben, veröffentlicht wurde sie am 7. Dezember im Fachmagazin „BMC Public Health“.

 

Ein Landwirt bringt Pestizide auf einem Reisfeld aus. - Foto via Pixabay
Ein Landwirt bringt Pestizide auf einem Reisfeld aus. – Foto via Pixabay

Gefährdet durch Pestizide seien aber nicht nur die Landwirte selbst, warnt der BUND: „Auch wer in unmittelbarer Nachbarschaft von pestizidbehandelten Feldern lebt, bekommt nicht  selten eine gehörige Portion von dem Gift ab, etwa durch windbedingte Abdrift.“ Auch alle anderen, die weit entfernt von den direkten Pestizid-Einsatzorten lebten, seien durch Pestizide gefährdet – wenn sie nämlich auf dem eigenen Teller auftauchen.

„Immer wieder werden erhöhte Pestizid-Rückstände und Grenzwertüberschreitungen vor allem in Obst und und Gemüse festgestellt“, warnt der BUND. Ein „Klau“ von Gemüse direkt einem Feld, ist deshalb eine besonders schlechte Idee – weil man nie weiß, mit welchen Mitteln das Feld gerade behandelt worden ist. Ein besonderes Problem sind dabei Mehrfachrückstände von verschiedenen Pestizidwirkstoffen – denn die Kombinationswirkung wird bislang überhaupt nicht erfasst. Mehr dazu lest Ihr hier beim BUND.

 

Studien zeigen zudem: Die Vergiftungen schädigen nicht nur die eigene Gesundheit – die Schäden werden sogar an nachfolgende Generationen weitergegeben. „Noch die Urenkel werden krank“, konstatierten Forscher nach Untersuchungen des Pflanzenschutzmittels Methoxychlor, das 1943 als Ersatz für das noch giftigere DDT eingeführt wurde. „Wenn ihre Urgroßmutter einem Schadstoff wie dem Pestizid Methoxychlor ausgesetzt war, dann kann das Ihre Anfälligkeit gegenüber Krankheiten dramatisch erhöhen – und Sie geben dies ebenfalls an ihre Nachkommen weiter, selbst wenn Sie niemals mit dem Schadstoff in Berührung gekommen sind“, sagte Seniorautor Michael Skinner von der Washington State University bei der Vorstellung der Studie 2014.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten solche Pestizidvergiftungen einige der Gesundheitsprobleme erklären, die heute in den Industrieländern immer gehäufter auftreten – darunter Fruchtbarkeitsstörungen und erhöhtes Körpergewicht. Ähnliche generationsübergreifende Wirkungen seien zuvor auch schon für Umweltschadstoffe wie Bisphenol A, Weichmacher, Flugzeugtreibstoff und DDT nachgewiesen worden.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Gesundheitsgefahr durch Pestizide findet Ihr hier beim BUND, mehr zu der genannten Studie im Auftrag des PEN lest Ihr hier im Internet.