Stell Dir vor, es ist Spatenstich eines großen Unternehmens mit Tausenden von Arbeitsplätzen – und der Wirtschaftsminister und der Oberbürgermeiester gehen nicht hin. Unvorstellbar eigentlich, doch genau das ist am heutigen Montag geschehen: der Flughafen-Betreiber Fraport feierte den Spatenstich für das Terminal 3 am Frankfurter Flughafen, und sowohl Tarek Al-Wazir (Wirtschaftsminister, Grüne), als auch Frankfurts OB Peter Feldmann (SPD) waren nicht da. Das Milliardenprojekt der Fraport steht für die Fluglärmgegner der Region für den weiteren ungebremsten Ausbau des Riesenflughafens. Auf der Montagsdemo im Terminal 1 machten die Fluglärm-Protestanten deshalb Front – nicht gegen den Flughafen, aber gegen seine Drehkreuzfunktion und die rund 30 Millionen Umsteiger.

Terminal 3 Abfertigungshalle - Grafik Fraport
So sehen die Pläne der Fraport für das Terminal 3 aus – Grafik: Fraport

Die Fraport will bis 2022 im Süden des Flughafens ein Terminal für bis zu 14 Millionen Passagiere bauen und argumentiert, das Terminal sei notwendig, um Standards bei der Passagierabfertigung zu halten, sowie Kapazitäten voll ausschöpfen zu können. „Terminal 3 wird höchsten Anforderungen an Service und Qualität entsprechen – damit können wir auch zukünftig unseren Passagieren und der exportstarken deutschen Wirtschaft erstklassige Dienstleistungen und moderne Infrastruktur bieten“, betonte Fraport-Vorstandschef Stefan Schulte denn auch am Montag beim symbolischen ersten Spatenstich. Das Terminal 3 werde „eine attraktive Visitenkarte für die gesamte Rhein-Main-Region“, Frankfurt bleibe damit „auch zukünftig Deutschlands Tor zur Welt.“

Fluglärm-Gegner nehmen Drehkreuz-Funktion Frankfurts in den Fokus

Doch genau das wollen die Fluglärmgegner in der Region nicht. Unter dem Motto „Kein Drehkreuz im Wohngebiet“ protestierten sie am Montagabend im Terminal 1 des Flughafens bei der traditionellen Montagsdemo – es war die 151. Und dabei hatten die Demonstranten neue Plakate im Gepäck, zweigeteilte: JA steht da zu 28 Millionen Passagieren im Jahr, die von und nach Frankfurt reisen. Ein rotes NEIN aber geht an die rund 32 Millionen Passagiere, die in Frankfurt nur umsteigen und den Flughafen als Shopping-Center gebrauchten. Damit betonen die Flugl#ärmgegner auch, dass sie keine Flughafen-Gegner sind und nehmen zugleich das Drehkreuz in den Fokus.

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Plakate Fluglärmgegner Nein zu Umsteigern
Neue Plakate der Fluglärmgegner: JA zum Flughafen, NEIN zum Drehkreuz – Foto: gik

„Immer mehr Umsteiger werden der dichtbesiedelten Region immer mehr Fluglärm und Schadstoffe zu Lasten unserer Gesundheit und der Zukunft unserer Kinder bringen“, kritisiert Rolf Fritsch von der BI Gegenwind in Hochheim und fordert die Politik auf, gegen das Umsteigemodell einzuschreiten. Den regionalen Dienstleistern in Hotels und Geschäften und in den Stadtzentren des Rhein-Main-Gebiets brächten die Umsteiger keinen Nutzen. Mit dem Terminal 3 wolle die Fraport die Gesamtpassagierzahlen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent auf über 90 Millionen steigern, etwa 50 Millionen wären dann nur zum Shoppen und Umsteigen am Frankfurter Flughafen. In einem Wohngebiet habe so ein Drehkreuz „nichts zu suchen.“

Der Frankfurter Flughafen, befürchten die Fluglärmgegner, sei „auf unbegrenztes Wachstum ausgelegt“, die Pläne für eine vierte Bahn in Frankfurt l#ägen „längst in den Schubladen.“ Fraport strebe „letztlich einen Ausbau nach dem Vorbild des weltgrößten Flughafens in Atlanta an, bei dem vier Parallelpisten im Betrieb sind.“ Das werde durch den Bau einer weiteren Südbahn am Frankfurter Flughafen geschehen, die Startbahn 18 West werden dann geschlossen werden. „Dann werden sich weitere Hunderttausend Menschen über Nacht unter einer An- und Abflugroute befinden, die bislang vom Fluglärm weitestgehend verschont waren“, befürchten die Fluglärm-Gegner. Die Politik aber nicke die Ausbaupläne immer nur weiter ab.

Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir blieb Spatenstich fern, Frankfurts OB auch

Plakat Einkaufen Fliegen
Neues Plakat der Fluglärmgegener gegen die Drehkreuz-Funktion Frankfurts

Dass der Druck der Protestierenden zumindest unangenehm ist für die Politik, zeigte die Gästeliste beim Spatenstich: Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) ließ sich nämlich entschuldigen, er habe wichtige Termine zum Thema Breitband in Berlin. Und selbst Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) zog es vor, woanders zu weilen – auf der großen Immobilienmesse Expo Real in München nämlich, Der Termin stehe schon lange fest, betonte sein Büro vergangene Woche, die Fraport habe ihren Termin zu spät gesetzt. Im März 2016 sind Kommunalwahlen in Hessen, da kommt ein Spatenstich-Bild nicht wirklich gut.

Dazu hatte Al-Wazir im Landtagswahlkampf stets damit geworben, das Terminal 3 zu verhindern – der zuständige grüne Frankfurter Dezernent hatte den Bauantrag kurz vor der Wahl noch schnell genehmigt. Bei der Fraport betonte man denn auch am Montag ausdrücklich, wer alles da war – der Frankfurter Stadtkämmerer Uwe Becker ebenso wie der Staatssekretär aus dem hessischen Verkehrsministerium, Mathias Samson.

Bouffier: Respekt für Investition von 3 Milliarden Euro

Hessens Ministerpräsident Violker Bouffier (CDU) lobte den Bau des Terminals 3 als einen „wichtigen Schritt für die Zukunftsfähigkeit des Flughafens und damit auch für den Wirtschaftsstandort Hessen.“ Fraport investiere 2,5 bis 3 Milliarden Euro in den Neubau und schaffe damit „einen deutlichen Mehrwert für die Region und sichere Arbeitsplätze. „Das verdient Respekt“, betonte Bouffier.

Plakat Halteverbot für Umsteiger
Neues Plakat der Fluglärm-BIs: Halteverbot für Umsteiger – Foto: gik

Der Spatenstich sei „ein Einschnitt für die Region und ein bitterer Tag für uns Grüne“, räumte der hessische Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner, am Montag ein. Fraport habe aber nun einmal Baurecht gehabt, die Grünen wollten nun eine Lärmobergrenze festlegen. „Daran werden wir Grüne weiter intensiv gemeinsam mit unserem Koalitionspartner arbeiten“, hieß es weiter – das ist in Hessen die CDU.

Der Spatenstich für das Terminal 3 sei „ein tiefschwarzer Tag für die Region“, sagte die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne). Es wäre „dringend an der Zeit gewesen, den Menschen in der Region ein Signal zu geben und mit dem Verzicht des Baus auf die zunehmende Verlärmung der Region zu reagieren.“ Stattdessen agiere die Fraport „rücksichtslos und menschenverachtend“, kritisierte sie. Die Reduzierung von Verkehrslärm sei „die Aufgabe des 21. Jahrhunderts.“ Über Mainz dröhnten unterdessen wieder einmal die Flugzeuge in Richtung Frankfurt.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Fraport-Plänen zum Terminal 3 findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel „Entsetzen über Bau des Terminals 3“. Und in diesem Artikel könnt Ihr mehr über den vergeblichen Kampf Al-Wazirs gegen das Terminal 3 lesen – inklusive hessischer Gutachten. Einen Bericht zur 150. Montagsdemo findet Ihr hier: „… und kein bisschen leise!“.

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