Die Stadt Mainz hebt voraussichtlich zum 1.Oktober 2025 ihre Umweltzone auf, das teilte die Stadt am Dienstag mit. Die Fahrzeugflotten hätten sich in den vergangenen zehn Jahren stark verändert, die hohen Schadstoffemissionen seien rückläufig, hieß es zur Begründung – damit entfalle die Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung der Umweltzone. Mainz&-Informationen zufolge fiel diese Erkenntnis nicht vom Himmel: Die Aufhebung geht auf die Beschwerde eines Mainzers vom April 2025 zurück. Der Mainzer wirft Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) nun vor, die Aufhebung unnötig verzögert zu haben – sie hätte schon im Februar 2024 erfolgen müssen.

Die Umweltzone in Mainz wurde gemeinsam mit der Nachbarstadt Wiesbaden im Jahr 2013 eingeführt, sie begrenzt die Einfahrt in das Stadtgebiet für solche Fahrzeuge, die bestimmte Abgasgrenzwerte nicht einhalten. Ziel der Umweltzonen war vor allem, den Ausstoß von Feinstaubpartikeln und Stickoxidemissionen zu senken, die vor über zehn Jahren ein erhebliches Ausmaß in der Luft angenommen hatten. Bundesweit wurden in zahlreichen Städten die gesetzlichen Grenzwerte gerissen, die Umweltzonen galten als wirksame Maßnahme zur Reduzierung der Schadstoffe in der Luft.
„Die Situation in deutschen Städten hat sich seit der Einführung der Umweltzonen vor über zehn Jahren grundlegend verändert“, heißt es nun von Seiten der Stadt Mainz. Es gebe „eine deutliche Reduzierung relevanter Schadstoffe in der Atemluft“. Heute sei „die Anzahl jener Fahrzeugtypen, welche eine hohe Schadstoffemission aufweisen, spürbar rückläufig“, das zeigten auch die Werte an den Messstationen in Mainz. Demnach seien die gesetzlichen Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub „zuletzt in 2024 deutlich unterschritten“ worden, auch bei einer Aufhebung der Umweltzone seien „absehbar keine Überschreitungen zu erwarten.“
Schadstoffe rückläufig: Rechtsgrundlage für Umweltzone entfallen
„Daher ist eine Aufhebung der Einfahrtsbeschränkung in die Landeshauptstadt Mainz rechtlich geboten“, teilte die Stadt weiter mit. Die Umweltzone werde nun „zum Stichtag 1. Oktober 2025 absehbar aufgehoben.“ Ähnliche Entscheidungen seien bereits in Heidelberg oder auch Freiburg erfolgt, mit der Aufhebung der behördlichen Anordnung werde auch der Abbau der Beschilderung erfolgen, die Pflicht für eine Umweltplakette am Auto entfalle dann ebenfalls.

Der Vorgang erinnert nicht per Zufall an die Aufhebung der Tempo 30-Zone in der Mainzer Innenstadt: Im April dieses Jahres war die Stadt gezwungen worden, die Anordnung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen mit sofortiger Wirkung aufzuheben, nachdem der Stadtrechtsausschuss – ein unabhängiges Gremium – dem Einspruch eines Bürgers stattgegeben und die sofortige Aufhebung verfügt hatte.
Der Grund war derselbe gewesen: Tempo 30 war als Maßnahme gegen hohe Stickoxidemissionen eingeführt worden, da diese aber deutlich gesunken waren, musste die Anordnung wieder aufgehoben werden – das erfolgte indes erst nach jahrelanger Verzögerung: Bereits 2023 hätte die Stadt Tempo 30 eigentlich schon aufheben müssen, da schon damals die Grenzwerte bei den Stickoxidemissionen eingehalten wurden.
Auch Umweltzone erst nach Einspruch eines Bürgers aufgehoben
Entfällt die Begründung für die Einführung einer Maßnahme, so entfällt auch die Rechtsgrundlage, die Folge: Die Maßnahme muss aufgehoben werden, und das eigentlich unverzüglich. Nach Mainz&-Informationen geschah das aber auch im Fall der Umweltzone nicht, im Gegenteil: Die Stadt Mainz reagierte auch dieses Mal wieder erst auf den Einspruch eines Mainzer Bürgers hin – und der hatte die Aufhebung der Umweltzone bereits am 12. April 2025 bei der Stadt Mainz eingefordert.

Die Begründung des Bürgers, die Mainz& exklusiv vorliegt: „Seit Einführung der Umweltzone und der damit verbundenen Grünen Umweltplakette am 1.2.2013 hat sich die Flottenzusammensetzung in Mainz wesentlich zugunsten von Fahrzeugen mit der entsprechenden Abgasnorm geändert“ – es ist also dieselbe Begründung, die die Stadt nun selbst vorbringt. Pikant dabei: Der Beschwerdeführer, dessen Name Mainz& bekannt ist, bezieht sich zugleich auf eine Aussage von Umwelt- und Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) aus dem Februar 2024.
Steinkrüger hatte damals im Zusammenhang mit der Aufstellung des Mainzer Luftreinhalteplans verkündet, in Mainz würden die gesetzlichen Grenzwerte „insbesondere aller relevanter, durch den Verkehr beeinflusster Schadstoffe, wie Stickstoffdioxid und Feinstaub, in 2023 sicher eingehalten.“ Tatsächlich hatte auch die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) im Februar 2024 mitgeteilt, die Schadstoffkonzentration in der Luft sei „landesweit auf niedrigem Stand“, die Jahresmittelwerte 2023 „so gering wie nie zuvor“. Sowohl an den verkehrsnahen Messstellen wie auch im städtischen Hintergrund hätten sich „die Jahresmittelwerte für die Schadstoffe PM10 und Stickstoffdioxid in den vergangenen zehn Jahren nahezu halbiert.“
Entfiel Rechtsgrundlage für Umweltzone bereits Anfang 2024?
Damit aber hätte die Mainzer Dezernentin Steinkrüger schon im Februar 2024 „gleichzeitig bekanntgeben müssen, dass die Rechtsgrundlage für die Einführung der Umweltzone einschließlich der Auflagen mit der Grünen Plakette entfallen war und die Umweltzone hätte rückgeführt werden müssen“, so die Beschwerde an die Stadt Mainz. Stattdessen habe Steinkrüger noch Mitte Mai 2025 auf die Eingabe des Beschwerdeführers erklärt, sie müsse erst noch „ein Rechtsgutachten einholen“, das klären solle, „ob und unter welchen Voraussetzungen die Pflicht zum Erwerb und zur Anbringung der grünen Umweltplakette für Fahrzeuge aufgehoben oder angepasst werden kann.“

Dabei hatten zu diesem Zeitpunkt bereits eine ganze Reihe anderer Städte ihre Umweltzonen bereits wieder aufgehoben – und zwar teils deutlich früher. So schafften etwa Heidelberg und Karlsruhe ihre Umweltzonen zum 1. März 2023 ab, Hannover hob seine zum 22. Februar 2024 auf. Insgesamt gibt es nach Angaben des Bundesumweltamtes (UBA) in Deutschland derzeit noch 36 Umweltzonen, die meisten in Nordrhein-Westfalen. Sogar viele große Städte wie Hamburg, Nürnberg oder Mannheim verfügen über keine Umweltzone mehr, in Rheinland-Pfalz war Mainz die einzige Stadt, die noch eine Umweltzone aufrecht erhielt – eine Karte aller Umweltzonen findet Ihr hier in Internet.
Laut UBA hatte die Einführung der Umweltzonen in der Regel keine Auswirkungen auf die Fahrzeugmengen, eine effektive Senkung der Schadstoffemissionen erfolgte vor allem dann, nachdem der Dieselabgasskandal aufgedeckt und in der Konsequenz Dieselfahrzeuge großflächig mit Partikelfiltern nachgerüstet wurden. Auch in Mainz waren speziell nach der Umrüstung der Dieselbusflotte der Mainzer Mobilität die Schadstoffemissionen gerade im Innenstadtbereich im Februar 2019 deutlich gesunken – die Busse stoßen seither 95 Prozent weniger NOX aus.

Beschwerdeführer drohte mit Einschalten des Stadtrechtsausschusses
Der Mainzer Beschwerdeführer – der übrigens nicht derselbe ist, wie in Sachen Tempo 30, aber seinen Namen nicht genannt haben möchte -, wirft Steinkrüger nun vor, die Aufhebung der Umweltzone seit Februar 2024 verzögert, und auch jetzt nicht unverzüglich reagiert zu haben. Warum die Dezernentin noch ein womöglich kostenpflichtiges Gutachten habe einholen müsse, erschließe sich ihm nicht, betonte er in seinen Schreiben an die Stadt und an Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos).

Erst als er damit gedroht habe, den Stadtrechtsausschuss einzuschalten, habe Steinkrüger reagiert, kritisiert der Beschwerdeführer. Dass die Aufhebung nun noch bis zum 1. Oktober brauche erschließe sich ihm zudem ebenfalls nicht: In Sachen Tempo 30 habe die Verwaltung es ja auch geschafft, über Nacht die entsprechenden Schilder zu verhüllen oder wieder aufzustellen. Allerdings: Nachbarstädte wie Frankfurt haben nach wie vor eine Umweltzone, für die man also weiter eine grüne Plakette braucht, will man kein Bußgeld riskieren.
Positiv reagierte derweil die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Mainz auf die Entscheidung, die Umweltzone aufzuheben. „Es ist richtig, dass die Stadt Mainz jetzt auf Fakten reagiert und Restriktionen zurücknimmt, wenn sie nicht mehr notwendig sind“, sagte der Mainzer MIT-Vorsitzende Philipp Breiner. Die Maßnahme bringe „eine spürbare Entlastung für zahlreiche mittelständische Unternehmen und das Handwerk mit sich, die tagtäglich auf eine verlässliche Erreichbarkeit der Innenstadt angewiesen sind.“

Mittelstandsunion begrüßt Abschaffung: Gut für Handwerker
„Ob der Heizungsbauer, der mit seinem vollausgestatteten Fahrzeug zum Kundendienst in die Altstadt muss, oder der Dachdecker, der auf sein Material im Transporter angewiesen ist – für viele Betriebe ist das Auto kein Luxus, sondern betriebsnotwendig“, unterstrich auch MIT-Vorstandsmitglied und CDU-Stadtratsmitglied Torsten Rohe. Die Aufhebung der Umweltzone sei „eine praxisnahe Entscheidung, die der realen Arbeitswelt unserer Betriebe Rechnung trägt.“
Man hoffe zudem, dass die positive Entwicklung bei den Feinstaubwerten auch auf andere Bereiche ausstrahle: „Sollte sich künftig auch bei den Lärmemissionen durch den Verkehr eine vergleichbare Verbesserung zeigen, wäre es aus Sicht der MIT geboten, auch die generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h in der Innenstadt auf den Prüfstand zu stellen“, forderten Rohe und Breiner.
Info& auf Mainz&: Ob die Stadt Wiesbaden gemeinsam mit Mainz die Umweltzone im Oktober aufhebt, dazu machte die Stadt Mainz keine Angaben – wir gehen aber schwer davon aus, und werden berichten, wenn das feststeht. Mehr zu den Umweltzonen in Deutschland, sowie eine Karte der noch verbliebenen Umweltzonen findet Ihr hier beim Umweltbundesamt im Internet. Mehr dazu, wie ein Mainzer Bürger Tempo 30 auf den Hauptverkehrsachsen in Mainz kippte, könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.