Niederlage für Fluglärmgegner in Rheinhessen: Die Südumfliegung am Frankfurter Flughafen ist rechtmäßig und bleibt bestehen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel wies am Donnerstagabend die Klagen mehrerer rheinhessischer und hessischer Kommunen gegen die Südroute über Groß-Gerau und Teile Rheinhessens ab. Es dränge sich keine andere alternative Flugroute als „eindeutig vorzugswürdig“ auf, urteilten die Richter. Alternativen führten teilweise zu mehr Fluglärm und einem erweiterten Kreis von Betroffenen und wiesen zudem „flugbetriebliche Nachteile“ auf. Endgültig entschieden ist der seit mindesten sechs Jahren anhaltende Rechtsstreit damit aber immer noch nicht. Die Richter ließen eine erneute Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Kassel zu.

Routen der Südumfliegung bei Tag und bei Nacht. – Foto: Initiative gegen Fluglärm Mainz

Die Südumfliegung wurde im Oktober 2011 nach dem Bau der neuen Nordwestlandebahn eingerichtet. Sie soll bei Westbetrieb sicher stellen, dass sich anfliegende Flieger auf der neuen Nordwestlandebahn und startende Flugzeuge der Mittelbahnen nicht in die Quere kommen. Der Flughafen-Betreiber Fraport und die Deutsche Flugsicherung argumentierten bei der Einrichtung der Südroute auch mit der geplanten Kapazitätserweiterung durch die Nordwestlandebahn, bei der Sicherheit geht es vor allem um möglicherweise durchstartende Flieger bei missglückten Landemanövern.

Seit Oktober 2011 wurden startende Flugzeuge von Frankfurt aus nach Süden und in einem Bogen um hochbelastete Regionen wie Mainz herumgeleitet. Damit aber führte die neue Abflugroute über Gebiete kurz nördlich von Nierstein ins Rheinhessische, Kommunen wie Ober-Olm und Klein-Winternheim wurden dadurch stark von Fluglärm belastet – mehr als 50.000 Flugbewegungen waren es allein 2017.

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Geklagt hatten gegen die Südumfliegungen denn auch acht Kommunen, darunter fünf aus Rheinhessen, darunter Nierstein, Nackenheim, Ober-Olm und Klein-Winternheim, die zur Verbandsgemeinde Nieder-Olm gehören. Die Klage ist bereits seit Jahren anhängig, 2013 hatte der Verwaltungsgerichtshof in Kassel in einem ersten Urteil die Südumfliegung noch als unrechtmäßig erklärt: Das Gericht sah damals Mängel bei der Auswahl der Route und Möglichkeiten für alternative Routenführungen. Damals hatte die Richterin die Routenführung noch als „willkürlich“ bezeichnet, ein sicherer und flüssiger Flugbetrieb sei dadurch nicht erreicht worden, urteilte damals Richterin Monika Thürmer.

Diese Varianten der Südumfliegung sah die Fluglärmkommission übrigens im Jahr 2011. – Foto: gik

Die hessischen Grünen hatten damals übrigens im Landtag geschimpft, das Urteil zeige, „dass ein wesentlicher Bestandteil der Flughafenausbaupläne rechtswidrig war“, die Entscheidung für die Nordwestbahn eben nicht raumverträglich, sondern „eine politisch willkürliche Setzung von Schwarz-Gelb“ gewesen sei. Redner damals: Mathias Wagner, Parlamentarischer Geschäftsführer der Oppositionsfraktion der Grünen, heute Fraktionschef der mitregierenden Grünen.

Nur zwei Jahre später, 2015, kippte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Kasseler Urteil allerdings wieder, die Südumfliegung blieb bestehen. Die Flugroute sei nur dann rechtswidrig, befanden die Leipziger Richter, wenn sich eine andere Variante für den Flugbetrieb aufdränge. Genau das versuchten die Kläger am Donnerstag in Kassel zu beweisen und legten einen eigenen Vorschlag für eine alternative Flugroute vor.

Den VGH überzeugten sie damit aber nicht: Sämtliche Alternativrouten, und auch die neu vorgestellte Alternative drängten sich nicht als „eindeutig vorzugswürdig“ auf, erklärten die Richter. Alle alternativen Streckenführungen führten entweder zu deutlich höheren Lärmbelastungen mit höheren Betroffenenzahlen oder lediglich zu Verschiebungen von Lärmbetroffenheiten – und das „teilweise auch zu Lasten eines Teils der Kläger“, unterstrichen die Richter.

Dazu wiesen die Alternativrouten „flugbetriebliche Nachteile“ auf, so das Gericht weiter. Im Kern geht es dabei um Anforderungen an die Maschinen, schneller auf eine größere Höhe steigen zu müssen. In der Variante der Kläger hätten die Maschinen bereits über Rüsselsheim eine größere Höhe gehabt und wären später nach Westen abgedreht, so könne Lärm verringert werden. Die Vertreter des beklagten Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung sahen in dem Vorschlag keine gleichwertige Alternative: Nicht alle Flugzeuge könnten so schnell steigen, für die Lotsen werde es komplizierter.

Das Gericht schloss sich dem an und urteilte zudem, auch eine Streckenverschiebung nach Osten verbiete sich aus Sicherheitsgründen, hier könnten die Flieger sonst mit der Startbahn West in Konflikt geraten. Die Abflüge in Richtung Westen zu leiten verbiete sich hingegen ebenfalls – hier wären sonst „schon jetzt hoch belastete Lärmbetroffene“ noch zusätzlich betroffen. Gegen das Urteil ließ das Kasseler Gericht erneut Revision zu. Für Mainz bedeutet die Südumfliegung übrigens weniger Fluglärm: Ohne die Südroute würden Stadtteile zwischen Laubenheim und Innenstadt deutlich häufiger von steigenden Flugzeugen überflogen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Südumfliegung findet Ihr unter anderem hier bei der Fraport und hier bei der Initiative gegen Fluglärm in Mainz. Ausführliche Informationen über die Vorgeschichte und die Klage gibt es auch bei der Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen, wer ganz ins Kleingedruckte einsteigen will, kann dies bei der Bundesaufsicht für Flugsicherung tun – unter dem Stichwort „Südumfliegung“ findet man hier alle Unterlagen.

 

 

 

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