Seit dem 1. Juli ist Timo Filtzinger der erste Nachtkulturbeauftragte für Mainz, nur dass es für den ehrenamtlichen Manager bisher wenig Nachtkultur gab: Filtzinger kam mitten in der Corona-Pandemie in das neu geschaffene Amt. Seine Hauptaufgabe in den vergangenen fünf Monaten: zwischen der Corona-geplagten Gastronomie und der Stadt Mainz vermitteln und Ansprechpartner für die Anwohner zu sein. Sinnvoll sei seine Aufgabe auf jeden Fall gewesen, sagt Filtzinger – und konnte am Donnerstag im Ortsbeirat Mainz-Altstadt auch gleich eine gute Nachricht verkünden: Filtzingers Projekt als Nachtkulturbeauftragter wird um ein halbes Jahr, bis Juni 2021 verlängert.

Timo Filtzinger ist seit dem 1. Juli 2020 Mainzer Nachtkulturbeauftragter. - Foto: Stadt Mainz
Timo Filtzinger ist seit dem 1. Juli 2020 Mainzer Nachtkulturbeauftragter. – Foto: Stadt Mainz

„Nein, mein Job findet nicht nachts statt, auch wenn es Nachtkultur heißt“, sagt Timo Filtzinger, und muss ein bisschen schmunzeln. Treffen mit Anwohnern, ein offenes Ohr für die Gastronome der Stadt haben, mit Ämtern und Oberbürgermeister verhandeln, es sei schon eher eine Aufgabe, die tagsüber passiere, berichtete Filtzinger am Donnerstagabend dem Ortsbeirat Mainz-Altstadt in dessen erster virtueller Sitzung. Und überhaupt hat sich seine Aufgabe so ganz anders entwickelt als ursprünglich gedacht. „Im Moment gibt es so gut wie keine Nachtkultur“, sagte Filtzinger bedauernd: „Die Verlängerung des Lockdowns war ein Schlag ins Gesicht für die Nachtkultur.“

Seit fünf Monaten ist Filtzinger jetzt als erster Mainzer Nachtkulturbeauftragter unterwegs, Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) hatte die Position ins Leben gerufen: Der Nachtkulturbeauftragte solle „ein Mittler“ sein zwischen den unterschiedlichen Interessen von Clubs, Kultureinrichtungen und Anwohnern, sagte Ebling Anfang Juli bei der Vorstellung Filtzingers. Die Wahl der Stadt war auf den 35 Jahre alten Experten für Getränkevertrieb und Gastronomie gefallen: „Mir liegt die Gastronomie am Herzen, ich bin da immer schon gerne unterwegs gewesen“, betonte Filtzinger, der bei seiner Vorstellung auch sagte: Die Nachtszene in Mainz sei früher deutlich vielfältiger gewesen, das Mainzer Angebot habe deutliche Verluste hinnehmen müssen.

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Protest der Nachtkulturszene an Halloween in Mainz: Viele Clubs fürchten um ihre Existenz. - Foto: gik
Protest der Nachtkulturszene an Halloween in Mainz: Viele Clubs fürchten um ihre Existenz. – Foto: gik

Die Nachtkulturszene wollte Filtzinger denn auch stärken, neue Ideen entwickeln – es kam anders: Die Corona-Pandemie überlagerte alles, Filtzinger war vor allem als Kümmerer und Mittler in der Krise gefragt. „Ich habe meine Aufgabe in dieser besonderen Situation darin gesehen zu vermitteln, vor allem zwischen den Gastronomen und der Stadt Mainz“, berichtete Filtzinger dem Ortsbeirat. Zu Beginn der Sommersaison habe es viele Probleme mit den vergrößerten Außenbereichen gegeben, Anwohner beschwerten sich über die stark erweiterten Flächen, mit denen die Stadt den Gastronomen über die strengen Besucherbeschränkungen hinweghelfen wollte.

Er habe dann versucht, in Absprache mit dem OB, aber auch mit Bauamt und Grünamt der Stadt, „zu vermitteln und so schnell wie möglich Lösungen umzusetzen“, schilderte Filtzinger, und fügte bedauernd hinzu: „Das ist jetzt natürlich hinfällig geworden mit dem Lockdown.“ Ein Lob hatte Filtzinger dabei für seinen Zugang zu der Stadtverwaltung: „Die Zusammenarbeit funktioniert aus meiner Sicht sehr gut“, betonte er, Ämter und vor allem auch der OB selbst seien für ihn sehr gut erreichbar.

Die erweiterten Außenflächen für die Gastronomie im Sommer sorgten auch für zahlreiche Anwohnerbeschwerden. - Foto: gik
Die erweiterten Außenflächen für die Gastronomie im Sommer sorgten auch für zahlreiche Anwohnerbeschwerden. – Foto: gik

Filtzinger rief zudem einen Gastronomieaustauschstammtisch ins Leben, ein Forum, bei dem sich die Betreiber der Bars und Restaurants untereinander austauschen und vernetzen können. Der notwendige Arbeitsaufwand überraschte ihn ein wenig: „Es gab Tage, da war es ganz ruhig“, berichtete er, aber auch solche, da habe der Job viel Aufwand gefordert. Filtzinger leistet seine Aufgabe ehrenamtlich, neben seinem eigentlichen Job her, ein Modell für die Zukunft sei das nicht, findet er: „Meiner Meinung nach sollte es eine bezahlte Stelle werden“, empfiehlt Filtzinger, ob Vollzeit oder Teilzeit, und mit welchen Aufgaben genau, das müssten die kommenden sieben Monate zeigen.

Denn was genau die Position des Nachtkulturbeauftragten alles leisten könne und solle, das habe er gar nicht richtig herausfinden können, sagte Filtzinger: „Die ursprüngliche Idee war, die ersten sechs Monate zu nutzen, um zu erproben, ob die Position Sinn macht für die Stadt“ – Dank Corona habe sich das aber anders entwickelt. Das angedachte Nachtkulturkonzept, das Filtzinger entwickeln wollte, blieb so ebenfalls erst einmal auf der Strecke. Auch wegen der Ausnahmelage einigten die Stadt und er selbst nun auf eine Verlängerung der Aufgabe bis Ende Juni 2021. „Wir sind uns grundsätzlich einig, dass es Sinn macht, man muss jetzt nur herausfinden, in welcher Form genau – wenn die Dinge wieder normal laufen“, sagte Filtzinger.

Timo Filtzinger bei seiner Vorstellung im Juli vor der Skyline von Mainz. - Foto: gik
Timo Filtzinger bei seiner Vorstellung im Juli vor der Skyline von Mainz. – Foto: gik

Die Coronavirus-Pandemie habe das rege Club- und Kulturleben in der Landeshauptstadt stark beeinträchtigt, „das Nachtleben, wie wir es kennen, ist nahezu zum Erliegen gekommen“, sagte Oberbürgermeister Ebling am Donnerstag in einer Pressemitteilung. Das habe dazu geführt, dass Filtzinger „seine kreativen Ideen und sein ganzes Potential nicht in der geplanten Form verwirklichen konnte.“ Es sei dennoch „richtig und wichtig, dass wir gerade jetzt eine Ansprechperson für das Mainzer Nachtleben haben, die neue Ideen entwickelt und lokale Akteure miteinander vernetzt“, betonte Ebling. Filtzinger habe in den vergangenen Monaten bewiesen, dass er für die Club- und Gastroszene ein wichtiger Ansprechpartner, Kommunikator und Netzwerker sei.

Filtzinger betonte zugleich, er wolle die Aufgabe gerne weiter machen – allerdings ohne seinen Job aufzugeben. In Mannheim, wo es den ersten Nachtkulturbeauftragten der Republik gab, gebe es inzwischen ein ganzes Team aus dem Beauftragten selbst, der von drei weiteren Leuten unterstützt werden, berichtete Filtzinger: „Das Konzept dahinter interessiert mich: welche Aufgaben beschäftigen da ein Team von vier Leuten?“ Für die nächsten Monate wird aber sicher erst noch die Corona-Pandemie im Vordergrund stehen, insbesondere der gerade bis Ende Dezember verlängerte Lockdown.

Die Lage der Gastronome sei „bei vielen schwierig, es ist extrem an der Grenze“, sagte Filtzinger, wie viele Betriebe den Corona-Winzer nicht überleben werden, das vermochte er aber nicht zu sagen. „Die versprochenen Unterstützungen und Leistungen müssen schneller ausgezahlt werden, das habe ich auch an die Stadt herangetragen“, betonte er, „es wurden jetzt Unterstützungen ausgezahlt, die im September beantragt wurden.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Existenzsorgen der Mainzer Clubszene lest Ihr hier bei Mainz&, Anlass war der Protest an Halloween. Mehr zu Filtzinger und seiner Aufgabe als Nachtkulturbeauftragter lest Ihr hier bei Mainz&, erreichen könnt Ihr ihn unter der Email-Adresse nachtkultur(at)stadt.mainz.de oder im Internet auf dieser Seite der Stadt Mainz.

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein