Aus für das Mietrad-System meinRad in Wiesbaden: Die hessische Landeshauptstadt stellt den Betrieb des Mietradel-Systems Ende Mai ein. Die Nutzerzahlen seien zuletzt stetig gesunken, der Betrieb des Mietradsystems deshalb nicht mehr wirtschaftlich. Es sei daher konsequent, das System nicht mehr fortzusetzen. Für das Mainzer Mietradel-System ist das ein herber Rückschlag – das System wird nun 600 Räder weniger haben. Auch in Mainz arbeitete MVGmeinRad bisher nicht kostendeckend. Ob das Ende der Zusammenarbeit Folgen für Mainz hat, ist unklar.
Erst im Sommer 2018 hatte Wiesbaden das Mainzer Mietrad-System meinRad auch für die hessische Landeshauptstadt übernommen. Mainz hatte das System meinRad bereits 2012 eingeführt, 2018 galt es als eines der erfolgsreichsten Fahrradmietsysteme der Republik. Erst im April 2022 hatte das Mainzer System seinen 10. Geburtstag gefeiert und stolz von mehr als 3,2 Millionen Fahrten berichtet. Seit Ende 2018 konnte man dann mit den quittengelben oder orangefarbenen Mieträdern zwischen Mainz und Wiesbaden pendeln – doch damit ist jetzt Schluss.
Wiesbadens Mobilitätsdienstleister ESWE Verkehr plane „eine Neuausrichtung bei meinRad“, das Fahrradvermietsystem solle „grundsätzlich auf neue Räder gestellt werden“, teilte die Stadt Wiesbaden am Dienstag mit: „Um die Neuausrichtung zu ermöglichen, wird das Wiesbadener meinRad-Angebot in der Nacht zum Montag, 30. Mai, bis auf Weiteres unterbrochen.“ Die Ausleih-Funktion in der App zu ESWE Verkehr meinRad wird zum Montag, 30. Mai, deaktiviert. Eine Neuregistrierung wird ebenfalls nicht mehr möglich sein. ESWE Verkehr arbeite aber weiter an einer Strategie, ein attraktives umfassendes Mobilitätsangebot für Wiesbaden zu schaffen.
Die „Unterbrechung“ ist de facto aber das Aus für das Mietradel-System meinRad, denn Wiesbaden beendet zum 1. Juni auch die Kooperation mit Mainz bei dem Fahrradvermietsystem. Ab dem 30. Mai werde das Anmieten der orangefarbenen Zweiräder in der hessischen Landeshauptstadt nicht mehr möglich sein, teilte ESWE Verkehr mit. Die „Unterbrechung“ falle zudem mit einer geplanten meinRad-Systemumstellung in Mainz zum 1. Juni 2022 zusammen, die man nicht mehr mitmachen werde.
„Aus unserer Sicht ist es der richtige Zeitpunkt, diesen Schritt nicht mitzugehen und stattdessen die Neuausrichtung eines Fahrradvermietsystems für Wiesbaden anzustreben“, sagte ESWE-Verkehr-Geschäftsführer Jan Görnemann. In den vergangenen Monaten seien die meinRad-Nutzungszahlen stetig gesunken. „Im April hatten wir insgesamt 1.800 Ausleihen, also nur 450 Vermietungen pro Woche“, sagte Görnemann. Damit sei die Wirtschaftlichkeit des Systems nicht mehr gegeben. „Es ist nur richtig, dann auch konsequent zu sagen, dass es so nicht weitergehen kann“, betonte der Geschäftsführer.
Trotz intensiver Bemühungen von ESWE Verkehr sei es nach den positiven Entwicklungen zum Systemstart im Sommer 2018 nicht gelungen, genügend langfristig-regelmäßige Nutzer für das aktuelle Konzept zu gewinnen. „Der Markt ist mit anderen Fahrradverleihern und vor allem Elektro-Tretrollern hart umkämpft“, machte Görnemann auch Konkurrenz mitverantwortlich. Zugleich sei es ESWEV Verkehr nicht gelungen, klassischen Radnutzern wie Studierenden oder Touristen ein attraktives Angebot zu machen. „Das Schöne an ehrlichen Bestandsaufnahmen ist, dass man daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen kann. Und genau das haben wir jetzt vor“, sagte Görnemann.
Die Neuausrichtung von meinRad werde allerdings Zeit in Anspruch nehmen, räumte Görnemann ein. ESWE Verkehr werde in den kommenden Tagen „die nächsten Schritte“ veranlassen. Dazu gehöre auch das Einsammeln aller 600 Fahrräder. Die bisherigen 89 meinRad-Stationen sollen jedoch an allen Standorten in der Stadt erhalten bleiben und in eine Neukonzeption mit einfließen.
Man habe diese Entscheidung „nach einem langen Abwägungsprozess unter allen Beteiligten gemeinsam getroffen“, sagte Görnemann weiter. Ein neues Konzept werde „eine nötige Reifezeit“ brauchen, diese Zeit wolle man sich auch nehmen. Wichtig sei jedoch, dass die neue Strategie wirtschaftlich zu betreiben sei. „Außerdem muss das neue meinRad-Konzept sinnvoll dazu beitragen, die Autofahrten in Wiesbaden zu reduzieren“, betonte Görnemann: „Unser Ziel ist es, ein Fahrradangebot auf die Straße zu bringen, dass noch besser auf die Bedürfnisse der Menschen in der Stadt zugeschnitten ist.“
In Mainz hingegen hält man bisher an dem Fahhradmietsystem fest, obwohl auch hier die Nutzerzahlen in der Corona-Pandemie stark zurückgingen. In den Jahren 2020 und 2021 sei Corona-bedingt die Zahl der Fahrten auf rund 150.000 Fahrten im Jahr gesunken, hieß es in Mainz, seit Herbst 2021 verzeichne man aber wieder steigende Zahlen. Aktuell stünden in Mainz, Wiesbaden, Budenheim und Ginsheim-Gustavsburg an knapp 250 Stationen rund 1300 Räder zur Verfügung, hieß es im April – diese Zahl wird nun um die rund 600 Wiesbadener Räder sinken.
In Mainz will man mit einem umfangreichen Umbau des Mietradel-Systems zum 1. Juni mehr Wachstum generieren: Mit einer neuen App und einem neuen Preissystem soll meinRad in Mainz für Kurzzeit-Nutzer billiger und für die Mainzer Mobilität wirtschaftlicher werden. Auch die Mehrfachausleihe wird es wieder geben, mit der bis zu vier Räder gleichzeitig gemietet werden können. Mehr zu den Neuerungen in Mainz in den nächsten Tagen auf Mainz&.
Info& auf Mainz&: Weitere Informationen zum vorläufigen Ende von meinRad in Wiesbaden findet Ihr hier im Internet bei ESWE Verkehr.