Sie sehen ein bisschen aus wie Straßenbahnen, doch sie sind als Busse unabhängig von jeder Trasse: Gelenkbusse der neuesten Generation werden seit Jahren in anderen Städten eingesetzt. Nun will auch Wiesbaden solche Gelenkbusse testen: Im Juni wird für zwei Woche ein 25-Meter-Doppel-Gelenkbus auf den Straßen von Wiesbaden zum Einsatz kommen. Die Wiesbadener ESWE Verkehr will damit den Einsatz und die Akzeptanz der Megabusse testen.

Die Wiesbadener lehnten den Bau einer Citybahn ab - es hätten komplett neue Trassen gebaut werden müssen. - Grafik: Citybahn
Die Wiesbadener lehnten den Bau einer Citybahn ab – es hätten komplett neue Trassen gebaut werden müssen. – Grafik: Citybahn

Die hessische Landeshauptstadt sucht seit geraumer Zeit Lösungen für ihre Verkehrsprobleme, zumal der Einsatz regulärer Linienbusse schon seit geraumer Zeit in der engen Innenstadt an Grenzen stößt. Doch im Herbst 2020 erteilten die Wiesbadener auch mit großer Mehrheit von 62,1 Prozent dem Bau einer Citybahn eine klare Absage – das Straßenbahnprojekt überzeugte weder mit seiner Trassenführung noch mit der Kommunikation im Vorfeld von der Wiesbadener Stadtspitze,

Seither sucht Wiesbaden verzweifelt nach Lösungen, dem steigenden Verkehr Herr zu werden, und die Kapazitäten des Öffentlichen Nahverkehrs umweltverträglich zu steigern. Nun wollen die Wiesbadener eine weitere variante testen: Man werde im Juni 2023 für zwei Wochen einen 25-Meter-Doppel-Gelenkbus testen, teilte ESWE Verkehr nun mit. Dies hätten der Schweizer Hersteller HESS und ESWE Verkehr auf der VDV-Elektrobuskonferenz in Berlin miteinander vereinbart.

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25-Meter-Bus im Test, Einsatz auf Hauptverkehrsachsen

„Ziel des zweiwöchigen Tests ist es, die Alltagstauglichkeit eines 25 Meter langen Doppel-Gelenkbusses im Straßennetz der Landeshauptstadt zu prüfen“, heißt es von Seiten der ESWE Verkehr weiter. Angetrieben werde das vollständig emissionsfreie Fahrzeug rein elektrisch. „Während der Testphase werden wir den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild von diesem hochmodernen Fahrzeug zu machen“, sagte ESWE-Verkehr-Geschäftsführer Jan Görnemann.

So ein 25 Meter langer Doppel-Gelenkbus der Firma HESS wird im Juni in Wiesbaden getestet. - Foto: Baseler Verkehrsbetriebe
So ein 25 Meter langer Doppel-Gelenkbus der Firma HESS wird im Juni in Wiesbaden getestet. – Foto: Baseler Verkehrsbetriebe

Zudem will die ESWE Verkehr ausprobieren, auf welchen Strecken ein Doppel-Gelenkbus auf den Wiesbadener Straßen zum Einsatz kommen könnte. Mögliche Doppel-Gelenkbusse würden aber ausschließlich auf den im neuen Nahverkehrsplan zu definierenden Hauptachsen eingesetzt, betonte Görnemann: „Hier sollen sie mittelfristig eine Alternative zu bisherigen Diesel-Gelenkbussen sein, um möglichst viel Fahrgastkapazität bieten zu können.“

Die Naherschließung enger, verwinkelter Stadteile sei mit den 25 Meter langen Fahrzeugen „sicher nicht geplant“, unterstrich Görnemann: „Dafür haben wir unsere 120 Solo-Batteriebusse.” Er sei zudem „sehr froh, mit der HESS einen absoluten Experten im Gebiet der Doppel-Gelenkbusse für Wiesbaden gewinnen zu können“, sagte Görnemann weiter. Dessen Fahrzeuge kämen bereits in Basel, Nantes und Brisbane erfolgreich zum Einsatz. „Wir profitieren in einem frühen Planungsstadium direkt von der Hersteller-Expertise“, freute sich der Wiesbadener Geschäftsführer.

„lighTram® 25 OPP“

HESS werde dem Wiesbadener Mobilitätsdienstleister ein Fahrzeug des Typs „lighTram® 25 OPP“ für einen zweiwöchigen Testbetrieb zur Verfügung stellen. „Der Bus wird ein lokal emissionsfreies und praxiserprobtes Linienfahrzeug sein“, sagte Görnemann. Der Doppel-Gelenkbus verfüge über zwei gelenkte Achsen und habe damit eine Wendigkeit, wie sie auch ein 18 oder 19 Meter langer normaler Gelenkbus habe.

Mainz setzet hingegen auf den Ausbau seines Straßenbahnnetzes, muss dafür aber ständig neue Trassen bauen. - Foto: gik
Mainz setzet hingegen auf den Ausbau seines Straßenbahnnetzes, muss dafür aber ständig neue Trassen bauen. – Foto: gik

„Wir freuen uns auf den Testbetrieb in Wiesbaden und sind uns sicher, dass das Fahrzeug eine Bereicherung für den öffentlichen Personennahverkehr in der hessischen Landeshauptstadt sein kann”, sagte der CEO der Hess AG, Alex Naef. Eine Vorfestlegung auf diesen Hersteller für eine mögliche Anschaffung von Doppel-Gelenkbussen für die Landeshauptstadt erfolge damit ausdrücklich nicht.

Der Test ist auch deswegen spannend, weil auch in Mainz Kritiker des umfangreichen Straßenbahnausbaus immer wieder auf Alternativen verweisen – darunter genau solche Gelenkbusse. Die könnten eine ähnlich hohe Anzahl von Passagieren befördern, seien aber eben nicht an Gleise gebunden, deren Bau zum einen teuer sei, und die zum anderen weniger Flexibilität bei Unfällen erlaubten. Busse hingegen ließen sich leicht umleiten und seien flexibler, argumentieren deren Verfechter. Nicht umsonst dürften die Mega-Busse von HESS unter dem Label „lightTram“ laufen.

Großbusse aus Bellach fahren schon in Basel, Bern und Lausanne

Das Schweizer Unternehmen HESS wirbt selbst damit, dass man sich „in punkto Design, Qualität und Zuverlässigkeit als Pionier im Busbau etabliert“ habe. „Weil die umweltfreundlichen HESS-Elektrobusse die Lebensqualität in Städten und Agglomerationen erhöhen, setzen öffentliche Verkehrsbetriebe aus der Schweiz, Europa und Übersee zunehmend auf die Bus-Lösungen aus Bellach“, heißt es von hier. Aus dem über Jahrzehnte weiterentwickelten CO-BOLT®-Baukastensystem entstünden „Transportmittel, welche präzise auf ihren Einsatz abgestimmt sind.“

Die Carrosserie Hess AG beschäftigt aktuell rund 700 Mitarbeitende und bildet 47 Lehrlinge in 12 verschiedenen Berufen aus. Die lighTram®-Flotte sei „in einer Gesamtlänge von 10,7 bis 24,7 Metern erhältlich und dokumentiert eindrücklich die führende Rolle von HESS im Bereich der Elektrobusse“ wirbt das Unternehmen für sich selbst.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Unternehmen HESS und seinen Fahrzeugen findet Ihr hier im Internet.