Am Mittwochabend kommt CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zum großen Jahresempfang der Wirtschaft nach Mainz, zu Hören bekommt der derzeitige Umfrageführer dann sicherlich einiges an Klagen: Die Wirtschaft befinde sich zum Jahresstart 2025 „in einer handfesten Rezession“, die Zukunftsaussichten würden „überwiegend pessimistisch beurteilt“, klagte jetzt die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz – und legte einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl vor. Darin wird auch die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur kritisiert – und die Gewerbesteuer als Problem für die Wirtschaft.
Seit mehr als einem Jahr schlagen Wirtschaftsvertreter auch in Rheinhessen zunehmend Alarm: Die Wirtschaft gerate immer tiefer in die Krise, der Frust bei den Unternehmen steige – die Zahl der Insolvenzen auch, klagte die IHK Mainz-Rheinhessen etwa schon im Februar 2024. Die Gründe seien weitgehend hausgemacht, heiß es schon damals: Hohe Energiekosten und die Inflation belasteten weiter die Unternehmen, dazu kämen steigende Zinsen sowie eine wachsende Konjunkturflaute auch im Inland.
Im Oktober 2024 hieß es dann: „Kein Ende der Konjunkturflaute in Sicht“, inzwischen spricht man bei der IHK-Arbeitsgemeinschaft für Rheinland-Pfalz von einer „handfesten Rezession“. Deutschland rutsche 2024 das zweite Jahr in Folge in ein Minuswachstum, und bislang ist keine Besserung in Sicht: „Die wirtschaftliche Lage in den IHK-Mitgliedsbetrieben entlang von Rhein und Mosel ist sehr angespannt, zudem werden die Zukunftsaussichten überwiegend pessimistisch beurteilt“, fasste Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, jetzt das Stimmungsbild zusammen. Der neuerliche Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump war dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Rheinland-Pfalz: 99,4 Prozent der Unternehmen sind Mittelstand
Gerade in Rheinland-Pfalz sei die Wirtschaft sehr stark vom Mittelstand geprägt, rund 157.000 Unternehmen im Land gehörten dazu – das seien 99,4 Prozent aller Betriebe. Davon sind 87 Prozent Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten, 78 Prozent sind im Dienstleistungssektor tätig und nur 22 Prozent im produzierenden Gewerbe. Sie alle aber litten unter überbordender Bürokratie, schlechten Verkehrswegen und einer hohen Steuerlast, kritisiert Rössel: „Die Konjunkturdelle hat sich zu einer handfesten Rezession ausgewachsen, Strukturreformen und ein entschlossenes Gegensteuern der Politik sind nötiger denn je.“
Rechtzeitig zur Bundestagswahl am 23. Februar hat deshalb die IHK-Arbeitsgemeinschaft nun einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl vorgelegt. Vorhersehbare Forderungen sind dabei ein dringender Abbau von Bürokratie, eine Senkung der Energiekosten und eine erleichterte Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland sowie mehr Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung. Einen Schwerpunkt setzen die Wirtschaftsvertreter aber auch auf der Instandhaltung und dem Ausbau der Verkehrswege: Marode Brücken und Hochstraßen, Verspätungen auf der Schiene oder fehlender Ausbau wie bei den Moselschleusen gingen zulasten der Wirtschaft und der Wettbewerbsfähigkeit, so die Kritik.
Zudem nehmen die Wirtschaftsvertreter aber auch die Gewerbesteuer in Rheinland-Pfalz in den Fokus: „Im internationalen Vergleich ist die Gewerbesteuer ein Fremdkörper“, kritisieren die IHKs – sie belaste die Unternehmen nciht nur zusätzlich, sondern führe auch zu zusätzlicher Bürokratie durch Unterschiede in der Bemessungsgrundlage. So hatte die Stadt Mainz gerade erst im Oktober 2024 ihren Gewerbesteuersatz für 2025 wieder deutlich angehoben – nach der Senkung im Jahr 2022. Die IHK hatte das scharf als Wachstumsbremse kritisiert.
Forderungskatalog IHKs: Gewerbesteuer und Energiekosten senken
Die Steuerbelastung für Unternehmen betrage in Deutschland „mehr als 30 Prozent, der EU-Durchschnitt liegt bei 21,1, der OECD-Durchschnitt bei 23,6 Prozent“, rechneten die IHKs nun vor, und fordern: Die Belastung sollte deutlich auf eine Zielgröße von etwa 25 Prozent reduziert werden. „Dadurch könnten private Investitionen dauerhaft erhöht werden – mit entsprechend positiven Effekten auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung“ heißt es weiter. Ein erster Schritt wäre die sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlages, den mittlerweile überwiegend Unternehmen zahlen.
- Bürokratieabbau: EU-Vorgaben sollen ohne zusätzliche nationale Verschärfungen umgesetzt werden, um Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.
- Verkehrsinfrastruktur: Es sollen ausreichend Mittel für die Instandhaltung und den Ausbau der Verkehrswege bereitgestellt werden, um Engpässe zu vermeiden.
- Steuerreform: Die Steuerlast für Unternehmen soll auf etwa 25 % sinken, der Solidaritätszuschlag abgeschafft und die Gewerbesteuer reformiert werden.
- Investitionen steigern und nachhaltig finanzieren: Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung sollen erhöht und nicht über neue Schulden finanziert werden.
- Kommunale Finanzkraft stärken: Die Kommunen sollen ausreichend Mittel erhalten, und es soll eine Reform der kommunalen Einnahmequellen erfolgen.
- Energiekosten senken: Der Ausbau erneuerbarer Energien soll gefördert und staatliche Abgaben gesenkt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
- Klimaschutz global fördern: Die EU soll ihren technologischen Vorsprung nutzen und internationale Klimaschutzpartnerschaften aufbauen.
- Effiziente Klimaschutzinstrumente: Klimaschutzmaßnahmen sollen wirtschaftlich und ökologisch effizient umgesetzt werden, ohne die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen zu gefährden.
- Zugang zu heimischen Rohstoffen: Genehmigungsverfahren für den Abbau heimischer Rohstoffe sollen vereinfacht werden.
- Berufsorientierung: Schüler sollen praxisorientiert über Berufsmöglichkeiten, insbesondere duale Ausbildungen, informiert werden.
- Freiberuflichkeit im Bildungsbereich: Es soll eine klare Regelung zur Freiberuflichkeit von Dozenten geschaffen werden.
- Zuwanderung von Arbeitskräften: Die Zuwanderung von Fachkräften soll durch vereinfachte und beschleunigte Verfahren erleichtert werden.
„Unser Land blickt auf zahlreiche Herausforderungen“, betonte Rössel weiter: Mit der Bundestagswahl gelte es nun, „die andauernde Krise zu überwinden“ und endlich Zukunftsperspektiven für die Wirtschaft zu schaffen. Was beim Jahresempfang der Wirtschaft am 22. Januar 2025 in der Mainzer Rheingoldhalle auf dem Plan steht – das könnt ihr hier bei Mainz& nachlesen.
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Forderungen der IHK-Arbeitsgemeinschaft sowie das ganze Forderungspapier zur Bundestagswahl 2025 findet Ihr hier im Internet. Mehr zum Thema Wirtschaft in der Krise könnt Ihr ausführlich noch einmal hier bei Mainz& nachlesen: