Auch in der Rhein-Main-Region mehren sich die Fälle der neuen Omikron-Variante des Coronavirus: Am Donnerstag wurden zwei Fälle der Omikron-Variante B.1.1.529 im Wiesbadener Stadtgebiet bestätigt, am Mittwoch meldete die Mainzer Universitätsmedizin, man habe ebenfalls einen Fall der Omikron-Variante nachgewiesen. Ob der betroffene Mann aus Mainz stammt, sagte die Universitätsmedizin allerdings auch auf Nachfrage nicht. Experten warnen derweil: Die neue Mutante wird sich schon im Januar auch in Deutschland durchsetzen – und könnte dann für Hunderttausende Neuinfektionen pro Tag sorgen.
Am Dienstag hatte das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz den ersten per Gensequenzierung bestätigten Omikron-Fall in Rheinland-Pfalz gemeldet, und zwar im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Acht weitere Verdachtsfälle gab es Anfang der Woche zudem in Rheinland-Pfalz, darunter zwei Fälle in Alzey-Worms – am Mittwoch meldete dann die Mainzer Universitätsmedizin, man habe einen zweiten Omikron-Fall in Rheinland-Pfalz per Genomsequenzierung nachgewiesen. Bei der positiv getesteten Person handele es sich um einen Reisenden, der aus Südafrika kam und sich nun in Quarantäne befinde, teilte die Unimedizin mit.
Ob es sich bei dem Mann allerdings um einen Rheinland-Pfälzer oder gar einen Mainzer hatte – das verriet die Universitätsmedizin auch auf Nachfrage nicht. Solche Angaben fielen unter den Datenschutz, teilte ein Sprecher auf Mainz&-Anfrage mit. Auch, ob das der erste festgestellte Fall im Raum Mainz sei, könne man nicht sagen: „Da wir nicht das Landesuntersuchungsamt sind, können wir hierzu keine Stellungnahme abgeben, weil wir hierüber keine Statistik führen“, sagte ein Sprecher weiter.
Bislang waren Angaben zur Herkunft von Personen bei Omikron-Fällen allerdings kein Problem, die Landeshauptstadt Wiesbaden meldete am Donnerstag denn auch: Man habe nun zwei bestätigte Fälle der Omikron-Variante im Wiesbadener Stadtgebiet, es seien die ersten beiden Fälle der neuartigen Variante, die dem Gesundheitsamt bekannt geworden seien. Wegen der Gefahr der stärkeren Übertragbarkeit der Omikron-Variante bearbeite das Gesundheitsamt zudem die Fälle „mit der größtmöglichen Sicherheitsstufe“. Neben den beiden infizierten Personen seien deshalb alle engen Kontaktpersonen der positiv getesteten Personen ermittelt und unter Quarantäne gestellt worden.
Bei der hochansteckenden Omikron-Variante bestehe im Übrigen keine Möglichkeit der Freitestung, betonte die Stadt Wiesbaden weiter. Dies gelte auch für vollständig geimpfte oder genesene enge Kontaktpersonen. Die neue Omikron-Mutante breitet sich derzeit weltweit rasant aus, ihre Übertragungsrate ist noch einmal um ein vielfaches höher als die der bisher vorherrschenden Delta-Variante – in Ländern wie Großbritannien und Delta verdoppeln sich die Infektionszahlen derzeit alle zwei bis drei Tage. Berechnungen von britischen Experten zeigten, dass 400.000 bis 700.000 Neuinfektionen möglich sind – und zwar pro Tag, berichtet die Deutsche Welle.
„Es wäre ein Wunder, wenn das in Deutschland nicht ähnlich abläuft“, zitiert die Deutsche Welle den renommierten Corona-Modellierer und Physiker Dirk Brockmann. Die Politik müsse sofort Notfallpläne für verschiedene Szenarien aufstellen und auch umsetzen: „Wir müssen die Ausbreitungsdynamik bremsen, um den Schaden zu begrenzen“, sagte Brockmann laut DW – stoppen werde sich Omikron nämlich nicht mehr lassen. Experten gehen davon aus, dass die neue Mutante womöglich schon Mitte Januar in Deutschland die Vorherrschaft übernimmt, Deutschland sei darauf nicht vorbereitet, warnt auch die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek.
Ciesek hatte als eine der ersten die neue Omikron-Variante im Labor in Deutschland untersucht, ihren Forschungen zufolge dürfte Omikron keineswegs ungefährlicher sein, als die bisher vorherrschende Delta-Variante. Vorläufige Daten aus Großbritannien und Dänemark zeigten, dass sich die Hospitalisierungsrate dort nicht groß von der bei der Delta-Variante unterscheidet, berichtet die deutsche Welle unter Berufung auf Ciesek: Omikron sei viel gefährlicher, als viele derzeit noch glaubten. Gegenüber der Tagesschau sagten Ciesek und Brockmann, es sei ausgeschlossen, die Omikron-Ausbreitung noch zu stoppen – sie könne nur verlangsamt werden.
Wegen der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante habe nun auch ein internationales Expertengremium für Krisenprävention alle Regierungen der Welt beschworen, dringend zu handeln, berichtet auch die Tagesschau. Statt über mögliche mildere Krankheitsverläufe zu spekulieren, müssten vielmehr umgehend Maßnahmen durchgesetzt werden, um das Vordringen von Omikron zu verlangsamen, forderte der von der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2018 einberufene Ausschuss für weltweite Krisenprävention (GPMB) in einem Appell. „Es ist essenziell, die Übertragung von Omikron in den nächsten Wochen einzudämmen“, heißt es in dem Aufruf: „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu spät sein.“
Der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat in der ersten Woche seiner Amtszeit einen Expertenrat einberufen, der die neue Bundesregierung in der Corona-Pandemie wissenschaftlich beraten soll. Dem Gremium gehören 19 renommierte Experten aller Fachrichtungen an, darunter der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, die Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck, die Vorsitzende des Ethikrates Alena Buyx, die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie Christine Falk, Stiko-Vorsitzender Thomas Mertens, der Landrat Stefan Sternberg aus Bayern, der Chef des Kölner Gesundheitsamtes sowie weitere hochrangige Wissenschaftler aus Virologie, Immunologie, Bildungsforschung und Kindermedizin.
Den Vorsitz hat Professor Heyo Kroemer von der Berliner Charité, seine Stellvertreterin ist die Virologin Melanie Brinkmann. Erste Amtshandlung des Expertenrats soll eine Stellungnahme zu Omikron sein, und zwar noch vor Weihnachten. Die Experten Brinkmann und Ciesek sind hingegen keine Mitglieder des Expertenrats, keiner der Wissenschaftler in dem Gremium kommt aus Rheinland-Pfalz. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte das Expertengremium persönlich und betonte, die Bundesregierung wolle damit auch für „mehr Akzeptanz und Transparenz“ ihrer Pandemie-Entscheidungen sorgen.
Die Politik müsse in Gesundheitsnotlagen „weitreichende und schnelle Entscheidungen bei in der Regel begrenztem und sich ständig änderndem Wissensstand treffen“, sagte Scholz. Der Vorbereitung und Begleitung politischer Entscheidungen durch Wissenschaftler komme deshalb „eine große Bedeutung zu.“ So könnten verschiedene Aspekte und Folgen von Entscheidungen besser beleuchtet und in die Abwägung einbezogen werden. Das Expertengremium soll über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Coronavirus SARS-CoV-2 beraten und Empfehlungen für die Pandemiebewältigung erarbeiten.
Info& auf Mainz&: Mehr zum ersten Omikron-Fall in Rheinland-Pfalz und der aktuellen Coronalage lest Ihr hier bei Mainz&.