Der Höhepunkt der Fastnacht steht an: Pünktlich um 11.11 Uhr wird sich am Montag der große Mainzer Rosenmontagszug in Bewegung setzen. Mehr als fünf Stunden lang werden dann knapp 9.500 Teilnehmer, 162 Wagen und 2.139 Musiker durch die Straßen von Mainz schunkeln, tanzen, laufen und rollen. Es ist der 69. Mainzer Rosenmontagszug seit dem zweiten Weltkrieg und der 118. Zug in der Geschichte von Mainz, das Motto in diesem Jahr: „Humor ist Meenzer Lebensart, mit Herz und Toleranz gepaart.“ Passend dazu ist das Zugplakettcher in diesem Jahr ein rotes Herz, erwartet werden wieder einmal bis zu 500.000 Besucher – das Wetter soll allerdings regnerisch und mild werden. Ein besonderes Jubiläum feiern die Meenzer Schwellköppe, oder genauer: was darunter steckt. Der Meenzer SchwellkoppTräscherclub wird nämlich 2 x 11 Jahre alt.

Schwellköppe beim Jugendmaskenzug auf der LU. - Foto: gik
Schwellköppe beim Jugendmaskenzug auf der LU. – Foto: gik

Seit mehr als 90 Jahren gibt es die überdimensionalen Pappmachéköpfe schon in der Mainzer Fastnacht, liebevoll überzeichnete Parodien auf typische Mainzer Figuren. Da gibt es den „Butze“ und die „Babett“, es „Hennesje“ und es „Karlche“, die „Long Latt“, es „Eulefons“ und der „Schnutedunker“ – insgesamt 30 der großen Pappköppe gibt es, sie sind eines der Markenzeichen des Mainzer Rosenmontagszuges. Die Produktion der aufwändigen Figuren verschlingt heute rund 7.000 Euro, heißt es beim Mainzer Carnevals-Verein (MCV), dem die Figuren gehören. Zuletzt kamen im Jahr 2000 vier Neue hinzu, und die Schar soll weiter wachsen.

„Geschaffen wurden die Schwellköpp nachweislich von dem Mainzer Steinbildhauer Ludwig Lipp im Jahre 1927“, sagt Gilbert Korte, Präsident des Schwellkoppträscherclubs. 93 Jahre alt werden die Schwellköppe also in diesem Jahr alt, die Formen im Krieg zwar fast komplett zerstört, doch vor etwa 70 Jahren nachgebaut. Der Schwellkoppträscherclub (SKTC) ist wesentlich jünger: Vor genau 22 Jahren, am 21. Februar 1998, taten sich die Träger unter den Schwellköppen zu einem Verein zusammen.

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Wie man aus einem Schwellkopp wieder herauskommt... - Foto: gik
Wie man aus einem Schwellkopp wieder herauskommt… – Foto: gik

150 Mitglieder gibt es inzwischen, man habe es sich zur Aufgabe gemacht, „die Schwellköpp vermehrt uff die Gasss zu bringen“, sagte Korte, tatsächlich sind die Schwellköppe seither viel sichtbarer als früher: Schwellköppe nehmen regelmäßig in Sitzungen teil und sind auch bei „Mainz bleibt Mainz“ zu sehen, am Ende des Jugendmaskenzuges gibt es die große Schwellkoppparade, vor drei Jahren wurden die neuen Kinderschwellköppe geschaffen. 25 bis 27 Kilo wiegen die großen Köpfe, „Schwellkopptragen ist eine der letzten Herausforderungen unserer Zeit“, sagt Korte: „Wer das einmal gemacht hat, kommt davon nicht mehr los.“

Beim Mainzer Rosenmontagszug markieren die Schwellköppe traditionell zusammen mit den Fahnenträgern des MCV den Anfang und das Ende des großen Narrenzuges. Ändern kann das nur das Wetter: Bei besonders heftigem Sturm können die überdimensionalen Figuren untragbar werden, bislang sieht es danach in diesem Jahr aber nicht aus – der Mainzer Rosenmontagszug 2020 findet statt. Pünktlich um 11.11 Uhr setzt sich der zweitgrößte närrische Lindwurm der Republik in der Mainzer Neustadt an der Boppstraße in Bewegung, bis 16.30 Uhr rollt der Zug dann kreuz und quer durch die Straßen der Landeshauptstadt bis zur LU, dem Dom und dem Schillerplatz. Der Zugweg ist seit 2011 unverändert und 7.2 Kilometer lang, die letzten Teilnehmer werden den Schillerplatz gegen 16.30 Uhr erreichen.

Schwellköppe und Zugen(d)te im Mainzer Rosenmontagszug auf der LU. - Foto: gik
Schwellköppe und Zugen(d)te im Mainzer Rosenmontagszug auf der LU. – Foto: gik

Bei der Teilnehmerzahl gibt es in diesem Jahr einen neuen Rekord: 9.463 Teilnehmer sind für den Zug 2020 angemeldet, deutlich mehr als vor einem Jahr, als es rund 8.600 waren. Darunter sind auch 2.139 Musiker und 92 Fahnen- und Schwellkoppträger, 162 närrische Wagen werden von 113 Traktoren und Zugmaschinen und auch von 25 Zugpferden gezogen. Etwa 50 Reiter der Mainzer Prinzengarde werden erneut mit von der Partie sein, die Pferde werden umfangreich auf den Umzug vorbereitet und nur von erfahrenen Reitern geleitet. 138 Zugnummern gibt es insgesamt, die Palette reicht von den bunten Garden über ganze Fastnachtsvereien mit mehreren Wagen bis hin zu kleinen, individuellen Fußgruppen. Unter der Zugnummer 92 findet Ihr dabei die kleinste Teilnehmergruppe: Die Ein-Mann-Jägergarde von und mit Bernd Frank ist erstmals im Rosenmontagszug dabei – mit einer selbst gebauten Jägergarde-Riksha.

Gut 450.000 Euro kostet das Narrenspektakel den MCV in jedem Jahr, zur Finanzierung dient seit dem Zweiten Weltkrieg das Zugplakettche: Die kleine Umhängefigur gilt als inoffizielle, solidarische „Eintrittskarte“ für den Umzug, in diesem Jahr ist es ein rotes oder ein goldenes Herz. „Das Zugplakettchen ist nicht nur ein schönes Sammelobjekt“, sagt MCV-Präsident Reinhard Urban, „es ist auch eine wichtige Einnahmequelle zur Finanzierung des Rosenmontagszuges.“

Rosenmontagszug in Mainz auf der Ludwigsstraße mit Blick zum Dom. - Foto: gik
Rosenmontagszug in Mainz auf der Ludwigsstraße mit Blick zum Dom. – Foto: gik

Stars des Rosenmontagszuges sind aber die politischen Motivwagen, elf Stück rollen am Rosenmontag im Zug mit – die Themen dieses Jahr: große Weltpolitik, Klöckners „Liebesnestle“, die Mainzer OB-Wahl (mehr dazu hier bei Mainz&). Doch auch ein mittelalterlicher Herrscher ist dabei: Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa, schmückt zusammen mit seinen beiden Söhnen den Motivwagen der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE). Der Motivwagen weist auf das Kaiserjahr 2020 hin, das im April dieses Jahres auf der Reichsburg Trifels bei Annweiler ausgerufen wird, und dessen Höhepunkt die große Landesausstellung sein wird: „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa“, Startschuss für die Ausstellung ist der 9. September im Landesmuseum Mainz.

Motivwagen der GDKE zur großen Kaiserausstellung 2020 mit Kaiser Barbarossa und Söhnen. - Foto: Trabold
Motivwagen der GDKE zur großen Kaiserausstellung 2020 mit Kaiser Barbarossa und Söhnen. – Foto: Trabold

Gezeigt wird auf dem Motivwagen Friedrich Barbarossa als thronender Kaiser mit Reichsapfel und Zepter zwischen seinen Söhnen Heinrich VI., der bereits die Königskrone trägt (links), und Friedrich von Schwaben mit Herzogshut. Als Vorlage diente eine mittelalterliche Welfenchronik, als Muster für den Thron mit Bogengewölbe der Königsthron im Aachener Dom. Umrankt wird die Szenerie von zwei mittelalterlichen Musikern. Für die Sicherheit werden an Rosenmontag mehr als 1.000 Polizisten in Mainz im Einsatz sein, es gibt Videoüberwachung und einen Drohneneinsatz, die Sicherheitsvorkehrungen wurden nach dem Anschlag von Hanau noch einmal verstärkt – alles dazu lest Ihr hier.

Die Stadt Mainz stellt zur Absicherung der Zugstrecke wieder zwei Kilometer an Sperrgittern auf, große Lkw oder Müllwagen werden an neuralgischen Punkten für Zufahrtssperren gegen Amokfahrer sorgen. Für die gesamte Mainzer Innenstadt gilt zudem wieder ein Fahrverbot für Lkw ab 3,5 Tonnen von 8.00 Uhr morgens bis 19.00 Uhr. Auch für den Individualverkehr ist die Innenstadt ab etwa 8.00 Uhr morgens kaum noch zu durchfahren: Die ersten Gitter werden ab 7.00 Uhr morgens gestellt, von da an muss mit wachsenden Beeinträchtigungen im Verkehr gerechnet werden.

Glasverbotszone an Rosenmontag in der Mainzer Innenstadt. - Grafik: Stadt Mainz
Glasverbotszone an Rosenmontag in der Mainzer Innenstadt. – Grafik: Stadt Mainz

Bitte beachtet unbedingt die Halte- und Parkverbotsschilder insbesondere in der Mainzer Neustadt – sie sind absolut ernst gemeint. Die Halteverbote halten entweder die Strecke für die Aufstellung der Zugteilnehmer oder Rettungswege frei, wer hier morgen früh noch parkt, wird abgeschleppt! Die Kontrollen beginnen bereits ab 5.00 Uhr morgens, ab 6.15 Uhr warnt ein Lautsprecherwagen in den Straßen der Mainzer Neustadt alle Säumigen mit dem Lied: „Steht auf, wenn Ihr Mainzer seid…“ – spätestens ab 6.30 Uhr wird abgeschleppt!

Für menschlich-allzumenschliche Bedürfnisse stellen Stadt und MCV an 16 Standorten 30 Toilettenwagen, 26 Urinale und weit über 150 Dixie-Toiletten entlang des Zugweges und den Partymeilen auf. Bitte nutzt die auch – Wildpinklern drohen Bußgelder von 75 Euro im Fall des Erwischtwerdens. Polizei und Jugendamt werden auch wieder Alkoholkontrollen durchführen und die Einhaltung des Glasverbots rund um die Partymeile Ludwigsstraße-Schillerplatz und angrenzende Plätze überwachen. Für Kinder, die beim Rosenmontagszug im Trubel des Geschehens verloren gehen, bietet die Polizeidirektion Mainz in der Weißliliengasse bis 17.00 Uhr einen Raum an, wo sich die Kids bis zur Abholung durch die Eltern aufhalten können, ab 17.00 Uhr werden die verlorenen Kinder in der Kindernotaufnahmestelle Juvente (früheres Städtisches Kinderheim) in der Gleiwitzer Straße 1 betreut.

Zugweg des Rosenmontagszuges in Mainz. - Grafik: MCV
Zugweg des Rosenmontagszuges in Mainz. – Grafik: MCV

Unmittelbar nach dem Rosenmontagszug sorgen 124 Müllwerker in vier Arbeitsgruppen mit Reinigungsfahrzeugen, aber auch mit Besen für die blitzschnelle Reinigung der Straßen – ein ganz besonderes Schauspiel. Das Zugende aber wird natürlich traditionell von der Mainzer Zugente markiert, dem Liebling aller Narren. Das große gelbe Entlein, das seit 30 Jahren auf einem alten VW-Käfer aufgebaut am Ende des Narrenzumzuges rollt, erlitt 2019 nach wenigen Metern einen dauerhaften Motorschaden, der MCV reagierte mit einer Radikalkur: Das Zugentlein wurde e-mobil und wird nun von einem Asynchron-Motor mit 20 Kilowatt Dauerleistung und einer 6 kWh Lithium Batterie angetrieben – umweltfreundlich, ohne Kobalt und ohne schädliche Abgase. Den Stresstest Ende Januar bestand das Entlein mit Bravour und rollte anstandslos und zügig über Berg und Tal. Ganz Mainz atmete auf…

Und sie rollt doch! Die Mainzer Zugente ist jetzt e-mobil unterwegs. - Foto: gik
Und sie rollt doch! Die Mainzer Zugente ist jetzt e-mobil unterwegs. – Foto: gik

Und so steht einem erfolgreichen 69. Rosenmontagszug nur eines im Wege: Das Wetter. Nach stürmischem Fastnachtssonntag soll der Wind zwar am Montag abflauen, doch heftiger Regen soll immer wieder vorbeikommen, wenn auch  bei milden Temperaturen. Aber wie sagen die Mainzer so gern: Petrus muss ein Mainzer sein…. Und nach dem Umzug ist vor der Rosenmondnacht: Nach dem Zug beginnt die große Fastnachtsparty open air auf dem Schillerplatz und der Ludwigsstraße – alles zu den Narrenparties hier bei Mainz&.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Sicherheit an Fastnacht könnt Ihr hier bei Mainz& lesen, alles über den Zugweg des Mainzer Rosenmontagszuges damals und heute erzählen wir Euch hier. Einen Bericht über die e-mobile Zugente lest Ihr hier bei Mainz&, die Jägergarde findet Ihr hier beschrieben. Eine Übersicht über alle Mainzer Schwellköppe, ihre Namen und ihre Bedeutung findet Ihr übrigens hier auf Wikipedia. Die Mainzer Mobilität hat erneut Sonderfahrpläne und Sondertickets aufgelegt, alles dazu findet Ihr hier im Internet. Viel Spaß und ein dreifach donnerndes H E L A U !!!

 

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