Der Bundestagswahlkampf tobt, Angriffe gegen den politischen Gegner sind an der Tagesordnung – doch nicht alles ist dabei erlaubt. Hohe Amtsträger sind in der Bundesrepublik nämlich „von Amts wegen“ zu politischer Neutralität verpflichtet, das sorgt nun für Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) für Ärger: Die CDU-Opposition wirft ihm eklatante Verletzungen seiner Neutralitätspflicht vor – und hat Schweitzer nun verklagt. Der Grund: Schweitzer hatte sich kritisch über die CDU und ihren „Tabubruch“ im Deutschen Bundestag geäußert – und zwar auf Accounts und im Newsletter der Landesregierung.

„Ich bin erleichtert!“, schrieb Alexander Schweitzer am 31.Januar 2025 auf dem Facebookaccount des Landes Rheinland-Pfalz: „Die Mehrheit der Demokratinnen und Demokraten im Bundestag stand heute zusammen und hat verhindert, dass ein Gesetz mit den Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD eine Mehrheit bekommt. Es gab viele in den Reihen von Union und FDP, die den Kurs von Friedrich Merz nicht mitgehen wollen. Sie haben vielleicht auf die vielen Menschen gehört, die sich um unsere Demokratie sorgen“ – zitieren ließ sich Schweitzer als „Ministerpräsident“.
Ein gleichlautender Text ging auch auf dem Instagram-Auftritt des Landes Rheinland-Pfalz raus und wurde am 3. Februar in einem offiziellen Newsletter des Landes veröffentlicht. Darin hieß es nun außerdem: Es sei beunruhigend, „wenn eine demokratische Partei sich eine Mehrheit sucht mit der in Teilen rechtsextremen AfD. Sie verlässt damit die demokratische Mitte.“ Hintergrund: Die Abstimmung der CDU im Deutschen Bundestag, nachdem CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen Antrag und einen Gesetzentwurf für eine verschärfte Migrationspolitik eingebracht hatte – und dabei auch Stimmen der AfD in Kauf nahm.
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CDU: Schweitzer mischte sich unzulässig in Wahlkampf ein
Die CDU Rheinland-Pfalz sieht darin einen eklatanten Verstoß gegen das Neutralitätsgebot der Verfassung, weil Schweitzer in offizieller Funktion als Ministerpräsident Aktionen eines politischen Gegners bewertet und damit im Wahlkampf „parteiisch eingemischt“ habe. „Staatliche Organe haben sich unparteiisch und neutral in Bezug auf politische Themen und gegenüber politischen Parteien zu verhalten“, betonte CDU-Landes- und Fraktionschef Gordon Schnieder: „Mit seinen offiziell als Ministerpräsident getätigten Aussagen verstößt der Ministerpräsident gegen diese Neutralitätspflicht.“

Die CDU-Landtagsfraktion halte die öffentlichen Äußerungen des Ministerpräsidenten für verfassungswidrig, weil sie unmittelbar im Vorfeld der Bundestagswahl in parteiergreifender Weise in den Wahlkampf eingreifen“, ergänzt der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion Marcus Klein. Das verletze das Demokratieprinzip aus Artikel 74 der Verfassung.
Die CDU-Landtagsfraktion reichte daher am Dienstag Klage beim Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz ein. Ziel der Klage: die Verfassungswidrigkeit der Veröffentlichungen feststellen sowie die Löschung der streitbaren Veröffentlichungen veranlassen. Das Kernproblem dabei: Schweitzer darf sich natürlich als Politiker im Wahlkampf äußern, allerdings darf er das eben nicht in parteiischer Weise in offizieller Funktion als Ministerpräsident. Hätte Schweitzer seine Äußerungen auf seinen Konten als SPD-Politiker getätigt, wäre das nicht zu beanstanden gewesen, auf dem offiziellen Auftritt des Landes Rheinland-Pfalz kann es das sehr wohl sein.
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Mainzer Staatskanzlei löschte umstrittene Posts umgehend
Einen ersten Erfolg erzielte die CDU mit ihrer Klage bereits: Die Staatskanzlei in Mainz löschte am Mittwoch bereits die strittigen Posts aus dem Internet. Die Regierungszentrale bestätigte den Eingang der Klage und betonte, man wolle „Klarheit in einem umfassenden Hauptsacheverfahren und keine kursorische Prüfung in einem Eilverfahren“ – deshalb seien die strittigen Posts aus dem Netz genommen worden.

Es sei im Übrigen „die Verpflichtung eines Ministerpräsidenten, sich für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzusetzen und für sie einzustehen“, betont man in der Staatskanzlei weiter: „Darum geht es bei der öffentlich erbittert geführten Diskussion über den Umgang mit Rechtsextremismus und Rechtspopulismus“, der Ministerpräsident werde deshalb „nicht zulassen, dass der Fokus dieser Debatte vom eigentlichen Kern verschoben wird.“ Auch Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel habe sich zu den Vorgängen öffentlich kritisch geäußert.
Die CDU sah hingegen in der Löschung der Posts ein Eingeständnis für ein Fehlverhalten: „Der Druck auf Ministerpräsident Schweitzer wurde zu groß – nur wenige Stunden nach Einreichung unserer Klage hat die Staatskanzlei die parteiischen Äußerungen des Ministerpräsidenten aus dem Internet genommen“, sagte Schnieder. Damit habe die CDU ihr erstes Ziel, die Lösung, erreicht. Die Klage in der Hauptsache laufe aber weiter, „diese war und ist richtig“, betonte der Fraktionschef: „Der Ministerpräsident hat seine Neutralitätspflicht verletzt, das wird der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz nun klären.“
Info& auf Mainz&: Mehr zum „Tabubruch“ im Bundestag, zu Brandmauern und Nazikeulen lest Ihr ausführlich hier bei Mainz&.