Die einst blühende Kinolandschaft von Mainz darbt schon seit Längerem, nun droht auch noch den letzten zwei Programmkinos der Abriss – das jedenfalls befürchten Mitarbeiter von Palatin und Capitol. Das Gebäude des „Palatin“ in der Hinteren Bleiche habe einen neuen Eigentümer, und man habe „allen Grund“ zu der Annahme, dass dieser das Gebäude zugunsten eines Neubaus abreißen wolle, heißt es in einer Online-Petition – die Zukunft der beiden Programmkinos sei äußerst ungewiss. Mainz drohe der Verlust seiner einzigen Programmkinos mit fünf Kinosälen, über 600 Sitzplätzen und obendrein dem ältesten bestehenden Kino der Stadt.
„Capitol & Palatin erhalten“ lautet der Titel einer Online-Petition, die Mitarbeiter der Programmkinos am Wochenende starteten, am Montagabend hatten sie bereits mehr als 7.000 Menschen unterzeichnet. Die Petition richtet sich in erster Linie an die Baufirma Fischer & Co. und ihren Geschäftsführer Frank Röhr, gleichzeitig aber auch an Oberbürgermeister Michael Ebling und Baudezernentin Marianne Grosse (beide SPD) sowie den gesamten Mainzer Stadtrat. Fischer war genau jene Firma, die vor ein paar Jahren die Residenzpassage erwarb, in der sich mit dem Residenzkino der letzte Kinosaal mit altem Grandeur befand.
„Erst 2017 wurden die prestigeträchtigen Säle des Residenz & Prinzess für immer geschlossen“, kritisieren die Verfasser der Petition, der Grund damals sei gewesen: „Eigentümerwechsel der Liegenschaft, schlechte Bausubstanz, Neubau, Wohnungen, Arztpraxen. Für Kino war kein Platz.“ Genau das gleiche Schicksal drohe nun dem Palatin, fürchten sie: Die gleiche Baufirma Fischer werde nun auch „Eigentümer des Gebäudes, in dem neben dem Palatin auch der Rockclub ‚Alexander the Great‘ Mieter ist, und stellt allem Anschein nach in Aussicht, dass dem Gebäude das gleiche Schicksal droht wie der Residenz-Passage“, heißt es weiter: „Das Schicksal des Mainzer Palatin mit seinen vier Sälen, gerade erst frisch innen renoviert, hängt am seidenen Faden.“
Damit aber nicht genug, würde das auch das zweite Kino mit in den Abgrund reißen: Seit 2009 seien die beiden Kinos Capitol und Palatin vereint unter dem Motto „Kino für Mainz“, die Betreiber hätten damals „den Schritt gewagt, das damals bereits über ein Jahr stillgelegte „Capitol“ zu übernehmen und mit dem „Palatin“ zu fusionieren, seither werde in den fünf Kinosälen anspruchsvolles Programmkino, aber auch Lesungen, Regiegespräche und Konzerte realisiert – oft genug mit Prominenz wie den Regisseuren Uwe Boll, Olivier Assayas, Peter Greenaway, Christian Petzold oder Volker Schlöndorff.
„Insbesondere die kleineren Kinosäle im Palatin ermöglichen es, ein vielfältiges Kinoprogramm zu gestalten“, schreiben die Macher weiter, das Spektrum reiche von japanischen Musicals über philippinische Marathonfilme bis hin zu Abschlussfilmen der Hochschule Mainz. Auch die European Outdoor Film Tour, der Science Slam und nicht zuletzt das Mainzer Filmfestival FILMZ hätten hier eine Heimat gefunden. Neben dem Cinestar-Kino, in dem vor allem Blockbuster gespielt würden, und dem Stadtkino „CinéMayence“ am Schillerplatz seien die beiden Mainzer Programmkinos die letzten verbliebenen Spielstätten für Kinofilme geblieben
Der Pachtvertrag des „Palatin“ laufe nun aber im April 2022 aus, „sollte das Palatin keine Zukunft mehr haben, so wird das angegliederte Capitol mit seiner knapp 90-jährigen Geschichte und der in Mainzer Kinos inzwischen einzigartigen, historischen Galerie ebenfalls vor dem Aus stehen“, betonen die Verfasser, und warnen: „Damit verlöre die Landeshauptstadt von Rheinland Pfalz mit einem Schlag die einzigen Programmkinos, fünf Kinosäle, über 600 Sitzplätze und obendrein das älteste bestehende Kino der Stadt. Eine Landeshauptstadt ohne Programmkino sei aber „eine kulturelle Bankrotterklärung, erst recht für die selbsternannte ‚Medienstadt‘ Mainz“, heißt es weiter. Auch bei klammen Kassen „MUSS Mainz es sich leisten, Orten wie den Mainzer Programmkinos eine Perspektive zu bieten.“
Man fordere deshalb Fischer & Co. und dessen Geschäftsführer Frank Röhr „dazu auf, dem Palatin-Kino eine planbare Zukunft in Aussicht zu stellen“, so die Petition weiter. Man wende sich aber auch an die Mitglieder des Mainzer Stadtrats, sowie an Grosse und Ebling, „sich klar für den Erhalt der Kinos zu positionieren und die Weichen zu stellen, um den Erhalt zu sichern.“ Viele Unterzeichner sehen das in ihren Kommentaren genauso: Mainz würde durch den Wegfall von Palatin & Capitol an Lebensqualität verlieren, ein Verlust „wäre eine Tragödie“, heißt es da.
„Ich unterschreibe, weil mit Capitol & Palatin auch mein Studiengang Filmwissenschaft an der JGU Mainz gefährdet wäre“, betont eine andere Unterzeichnerin: Die Programmkinos leisteten einen wichtigen Beitrag für diesen und andere Studiengänge, gerade die Filmwissenschaft sei „in Mainz und Berlin als Studiengang einzigartig in Deutschland, die Programmkinos bieten somit einen klaren Anreiz für Mainz als Studiendstandort.“ Die Programmkinos sein „wichtig für die kulturelle Vielfalt“, schreiben andere, das sei „erhaltenswertes Mainzer Kulturgut“, betont eine weitere Unterzeichnerin. Und ein Kommentator bringt es stellvertretend für viele auf den Punkt: „Ein Mainz ohne Capitol & Palatin“, heißt es da, „ist ein schlechteres Mainz.“
Info& auf Mainz&: Die ganze Petition im Wortlaut findet Ihr hier bei Change.org. Auch die Programmkinos haben stark unter der Corona-Krise gelitten, ebenso wie Club wie das „Alexander the Great“ – mehr zu den Nöten der Kulturszene unter Corona lest Ihr hier bei Mainz&. Die Programmkinos Capitol & Palatin mit allen Infos und ihrem Programm findet Ihr hier im Internet.