Es ist das größte, bisher in Mainz gefundene antike römische Fußbodenmosaik, und es ist eine Sensation – doch nun droht es wieder in den Archiven zu verschwinden: Das Orpheus-Mosaik in der Römerpassage ist am Mantelsonntag fürs Erste letztmals öffentlich zu sehen. Die Initiative Römisches Mainz plädiert weiter dafür, das Mosaik auch künftig öffentlich weiter zu zeigen, doch die Suche nach einem geeigneten Ort gestaltet sich schwierig. Im Gespräch derzeit: Die Steinhalle des Landesmuseums – und das Stadthaus.
Das Fußbodenmosaik aus dem 3. Jahrhundert nach Christus wurde im Jahr 1995 bei Ausgrabungen in der Badergasse gefunden – es war eine Sensation: Mit 6 x 6 Metern Größe und bestehend aus bestehend aus mehr als 320.000 Einzel-Steinen ist es das größte, bisher in Mainz gefundene Bodenmosaik, und wohl auch eines der größten in Deutschland. Benannt ist es nach einer Orpheus-Figur, die das antike Saiteninstrument Kithara spielt – eine typische Darstellung der Figur des sagenhaften Sängers.
Das Mosaik wurde in der Folgezeit restauriert, die fehlenden Stücke ergänzt – doch dann verschwand es aus dem öffentlichen Bewusstsein in Mainz. Das auseinandernehmbare Mosaik ging auf Reisen durch diverse europäische Museen, in seinem Heimatort Mainz aber wurde es nach seiner Rekonstruktion 2001 nie wieder gezeigt – bis zum Juli dieses Jahres.
Sensationsfund nach 20 Jahren erstmals wieder zu sehen
Im Juli 2022 präsentierte die Initiative Römisches Mainz (IRM) anlässlich der „Römertage“ erstmals nach 20 Jahren das beeindruckende Mosaik wieder der Öffentlichkeit, in einem leer stehenden Ladenlokal im Erdgeschoss der Römerpassage. Den Besuchern zeigte sich dort für viele zum ersten Mal überhaupt die ganze Größe und beeindruckende Gestaltung des antiken Fußbodenmosaiks, das auch die Bedeutung und den Reichtum des antiken Mogontiacum als Provinzhauptstadt deutlich macht.
Der Zuspruch zu der Ausstellung sei enorm gewesen, berichtete nun IRM-Vorsitzender Christian Vahl gegenüber Mainz&: „Wir haben sehr viel Post bekommen, und viele Rückmeldungen von Bürgern, die das Mosaik gesehen haben“, berichtete er. Das Mosaik habe sich sogar regelrecht als Besuchermagnet auch für die unmittelbar daneben gelegene Taberna Academica erwiesen – hier befindet sich der Eingang zur Unterwelt, wo die Reste des antiken Isistempels gezeigt werden.
„Das Mosaik habe mehr Aufmerksamkeit für das Isis Heiligtum beschert“, berichtete Vahl, „wir haben eine deutliche Zunahme der Besucherzahlen im Heiligtum.“ Die beeindruckenden Überreste des Tempels, der der ägyptischen Göttin Isis sowie der phrygisch-kleinasiatischen Muttergottheit Magna Mater gewidmet war, war im Jahr 2000 bei den Bauarbeiten für die neue Römerpassage gefunden worden. Die Ausstellung im Kellergeschoss der Einkaufspassage erzählt heute die Geschichte des Tempels und das Leben rund um den Tempelbezirk, der sich vor 2.000 Jahren genau hier erhob.
Orpheus-Mosaik muss aus Römerpassage weichen
Der Eingang zur spektakulären Isis-Präsentation in der Unterwelt wird jedoch von Besuchern oft nur schwer gefunden, das im Erdgeschoss präsentierte Mosaiks half, die Aufmerksamkeit auch auf Isis zu lenken. Zwei Monate länger als eigentlich geplant, durfte das Mosaik von den Besuchern bestaunt werden, das Centermanagement der Römerpassage sei unglaublich kooperativ gewesen, schwärmte Vahl.
Nun aber ziehen neue Geschäfte in der Römerpassage ein, das Mosaik muss weichen – und droht nun, wieder in Archiven zu verschwinden. „Das Mosaik sollte im öffentlichen Raum weiter zu sehen sein“, forderte Vahl nun erneut – das sei auch die ursprüngliche Bedingungen des Sponsors Gert Krämmer gewesen, der nach dem Fund des Mosaiks 80.000 Euro für dessen Restaurierung gespendet hatte.
Seit Juli sucht die IRM nun mit Unterstützung der Stadt nach einem neuen Präsentationsort für das antike Werk, doch das erweist sich alles andere als einfach: Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) habe sich zwar „sehr bemüht, die unterschiedlichen Stellen zu Leerständen zu aktivieren, doch das ist an der Größe des Mosaiks gescheitert“, berichtete Vahl.
IRM: Orpheus-Mosaik im Stadthaus präsentieren
Die IRM habe nun den Vorschlag gemacht, das Mosaik im Stadthaus an der Großen Bleiche in den Boden einzulassen und unter Glas zu präsentieren. „Das wird offiziell von der Stadt geprüft“, berichtete Vahl, der große Vorteil sei: Dort wäre Platz, und dort kämen Besucher hin. „Das hätte einen gewissen Charme, weil dort jeder Bürger, der ins Stadthaus geht, damit in Kontakt tritt“, sagte der IRM-Chef weiter.
Das Mainzer Landesmuseum hingegen wünsche sich, dass das Mosaik offiziell Teil der Planungen des Landesmuseums für die Neukonzeption der Steinhalle werde – die Frage sei aber, wie schnell die Konzeption stehe und umgesetzt werden könne. Vor gut einem Jahr, im Juni 2021, war der Streit um die Zukunft der Steinhalle beigelegt worden, statt dem Interimslandtag und einem Demokratielabor sollen hier in Zukunft wieder die zahlreichen Denkmäler der Römerzeit in Mainz gezeigt werden – in Form einer neuen Konzeption.
Passiert ist indes seither nicht viel, die neue Konzeption lässt auf sich warten – auch, weil damit wohl eine grundlegende Neukonzeption des Landesmuseums im ganzen einhergeht. Ein weiteres jahrelanges Warten will die IRM aber nicht hinnehmen: „Uns würde brennend interessieren, wohin die Reise geht“, betonte Vahl. Am Mantelsonntag haben die Mainzer nun noch einmal die letzte Gelegenheit, einen Blick auf das antike Werk zu werfen – am Montag wird das Mosaik von Spezialisten abgebaut.
Info& auf Mainz&: Mehr zur Geschichte des Orpheus-Mosaik und des Römischen Mainz lest Ihr hier bei Mainz&, die Auseinandersetzung rund um die Steinhalle des Mainzer Landesmuseums könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.