Die Pläne der Deutschen Flugsicherung (DFS) für eine Absenkung des Luftraums über Bingen und dem westlichen Rhein-Main-Gebiet um 1000 Meter sorgen weiter für Wirbel – jetzt verabschiedete sogar der Stadtrat von Bingen eine Resolution gegen eine solche Erweiterung des Luftraums. Die DFS widerspricht indes: Es handele sich lediglich um erste Überlegungen, man wolle lediglich den Flugverkehr so ordnen, dass jede Form des Mischverkehrs zwischen Verkehrsfliegern und Sportfliegern verhindert werde. Die Initiative gegen Fluglärm Rheinhessen widerspricht: Die DFS wolle die Anflüge weiter nach Westen verlagern – prophylaktisch, und aus Personalmangel. Die Fluglärmgegner fordern von der Politik ein klares Veto gegen die Pläne in den Luftraumgesprächen diese Woche.
Mitte August hatte die Anti-Fluglärminitiative Pläne der DFS öffentlich gemacht, den Luftraum für Verkehrsflieger im Raum Bingen um fast 1.000 Meter abzusenken, und den Anflugraum für den Frankfurter Flughafen deutlich nach Westen auszuweiten. Bei hohem Verkehrsaufkommen würden dann Flugzeuge bis zum Soonwald in niedriger Höhe fliegen dürfen, die Absenkung erlaube eine noch höhere Flugzeugdichte, das bedeute deutlich mehr Fluglärm, warnte Vorstand Karsten Jacobs.
Die Deutsche Flugsicherung wehrte daraufhin ab, es handele sich nur „um erste Überlegungen, die in einem informellen Vorabgespräch mit Vertretern der Luftsportverbände diskutiert wurden.“ Allerdings räumte die DFS zugleich ein, dass es Pläne für eine „vertikale Ausdehnung des Luftraums“ gebe – eine Vergrößerung des Luftraums in der Höhe.
Ziel sei bei solchen Vorhaben immer, die Sicherheit im Luftraum zu erhöhen, betonte die DFS: „Durch eine vertikale Ausdehnung des Luftraums der Klasse „C““ solle sichergestellt werden, „dass sich der Instrumentenflugverkehr nicht mehr in dem primär für Sichtflieger vorgehaltenen Luftraum der Klasse „E“ bewegt“, heißt es in einem Schreiben an die Mainzer Bundestagsabgeordneten Ursula Groden-Kranich: „Diese Form des Mischverkehrs soll zukünftig vermieden werden.“
Das Schreiben machte der Binger Oberbürgermeister Thomas Feser (CDU) öffentlich, der aus den Angaben folgerte: Eine Neustrukturierung des Luftraumes bedeute „mitnichten, dass sich zwangsläufig der Fluglärm über Bingen verstärkt.“ Die Initiative gegen Fluglärm Rheinhessen widerspricht indes vehement: „Wir können die Aussage, dass es nicht mehr Lärm geben wird, nicht nachvollziehen“, sagte der 2. Vorsitzende der Initiative, Roland Beckhaus, im Gespräch mit Mainz&.
Der Luftraum C sei der Raum für Verkehrsflugzeuge, die mit Instrumentenflug fliegen, diese Flieger werden von der Deutschen Flugsicherung durch den Luftraum und auch in den Anflug auf den Frankfurter Flughafen gelotst. In dem Flugraum darunter bewegten sich die Sportflieger, beide Bereiche seien schon heute strikt voneinander getrennt, betonte Beckhaus weiter. Werde nun der Luftraum für die Verkehrsflieger abgesenkt, müssten die Sportflieger noch immer darunter bleiben – und würden mithin tiefer fliegen müssen. „Wenn ein Flieger 1000 Meter niedriger ist, ist er lauter“, sagte Beckhaus: „Pro 300 Meter haben wir drei Dezibel mehr Lärm“, eine Absenkung um 1.000 Meter „käme einer Verdoppelung des Schalldrucks gleich.“
Beckhaus kritisiert zudem, die DFS habe keinerlei Begründung für die Erweiterung des Luftraums: 2020 würden die Flugbewegungen nicht maßgeblich steigen, „warum wollen sie den Luftraum denn absenken, wenn sie ihn nicht nutzen wollen?“ Die Vermutung der Fluglärmgegner: „Es ist eine rein prophylaktische Maßnahme, die DFS will sich Luftraum sichern.“ Flughafenbetreiber Fraport versuche ständig, mehr Flugbewegungen nach Frankfurt zu bringen, die Flugsicherung habe aber viel zu wenig Personal, um diese abzuwickeln. „Mit mehr Fluglotsen könnte man höher anfliegen“, erklärte Beckhaus, fehlten diese, brauche man mehr Fläche, um die Flugzeuge gleichzeitig abwickeln zu können.
Die BI fürchtet, der Luftraum über dem Raum zwischen Bingen und Mainz könnte genauso verlärmt werden, wie es bereits über Nieder-Olm und Mainz der Fall ist. Am 10. Oktober stehen sogenannte Luftraumgespräche zwischen der DFS und der Politik statt, die politisch Verantwortlichen müssten dann ein 100-prozentiges Veto gegen jegliche Absenkung des Luftraums einlegen, fordert die BI deshalb. Eine entsprechende Zusage habe man bereits vom Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und dem SPD-Fraktionschef im Mainzer Landtag, Alexander Schweitzer, erhalten.
Der Stadtrat von Bingen verabschiedete nun sogar am 26. September eine Resolution aller Fraktionen gegen eine Absenkung der Flughöhen über dem Mittelrheintal, der Region Bingen und dem östlichen Soonwald. Besonders im Mittelrheintal sei durch den Bahnlärm bereits ein solches Ausmaß an Lärm erreicht, das dürfe „nicht auch noch durch zusätzliche Lärm aus der Luft verstärkt werden“, heißt es. Die Stadt Bingen fordere deshalb Bund und Land auf, sich für eine Abkehr von den Plänen einzusetzen. Natürlich sei nicht gewiss, dass ein Veto überhaupt Gehör fände, sagte Beckhaus noch: Werde aber kein Veto eingelegt, sei die Absenkung des Luftraums „so gut wie beschlossen“, warnte er: „Das wäre eine Katastrophe für die Region.“
Info& auf Mainz&: Über die Pläne zur Absenkung des Luftraums im Raum Bingen hat Mainz& als erstes Medium im August 2019 berichtet – den Artikel dazu findet Ihr hier. Mehr zur Absenkung der Anflughöhen durch die DFS sowie über den erheblich gestiegenen Fluglärm über Mainz lest Ihr hier bei Mainz&.