Die Grüne Tabea Rößner ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags, die gelernte Journalistin ist den Mainzern gut bekannt: 2019 wollte Rößner Oberbürgermeisterin von Mainz werden. Das ging nicht gut aus: Rößner landete mit 22,5 Prozent der Stimmen nur auf Platz drei. Als Spitzenkandidatin ihrer Partei auf Landesebene ist Rößner hingegen unangefochten, die Mainzerin will nun zum vierten Mal in den Bundestag wieder einziehen. Ihre Themen sind der Kampf gegen Fluglärm und natürlich für mehr Klimaschutz, in der Corona-Pandemie startete sie eine Initiative zum Sammeln für Laptops für Schüler. Ihre Antworten auf unsere „12 Fragen an…“ zur Bundestagswahl lest Ihr hier:
Name: Tabea Rößner
Partei: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Alter: 54
(Erlernter) Beruf: Journalistin/MdB seit 2009
Bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor, und zwar in Stichworten: Was charakterisiert Sie am besten, welche Merkmale sollten Wähler von Ihnen im Kopf haben?
Rößner: Zugewandt, offen, immer gesprächsbereit und ansprechbar für die Bürger:innen. Aber auch hartnäckig und durchsetzungsstark (z.B. beim Kampf gegen das Kohlekraftwerk und beim Normenkontrollverfahren zum ZDF-Staatsvertrag). Zudem habe ich viel Erfahrung auf den verschiedensten politischen Ebenen. Und man sagt, ich sei fleißig – aber da bin ich streng mit mir: Es geht immer noch eine Schippe obendrauf.
Frage 1: Warum kandidieren Sie persönlich für den Deutschen Bundestag? Was motiviert Sie dazu?
Rößner: Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Dieser Leitsatz treibt mich seit meiner Jugend an. Für Umwelt- und Klimaschutz, Gerechtigkeit und Menschenrechte habe ich mich vielfältig engagiert: bei Initiativen für Fair Trade und gegen Rassismus, beim Kampf gegen das Kohlekraftwerk in Mainz oder beim Einsatz für Meinungs- und Pressefreiheit. Unser Land muss als gutes Vorbild vorangehen, damit wir Klimaneutralität erreichen und die sozialen Bedingungen verbessern. Dafür setze ich mich im Bundestag ein.
Frage 2: Was möchten Sie für Mainz im Deutschen Bundestag erreichen?
Rößner: Die Klimakrise wird auch immer mehr vor Ort zu spüren sein. Unter den häufiger auftretenden Extremwettern leiden Stadt und Region. Anhaltende Hitze heizt die Städte auf und trocknet Böden aus. Wichtig ist der Erhalt von Frischluftschneisen und Frischluft-Entstehungsgebieten. Weil Starkregenereignisse zunehmen, müssen wir die Stadt wappnen. Das Prinzip der Schwammstadt sieht die Begrünung von Dächern und Fassaden, den Erhalt von Grünflächen und den Ausbau des Hochwasserschutzes vor.
Um die Ursachen der Klimakrise zu bekämpfen, müssen wir den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren. Wir wollen den ÖPNV und das Radwegenetzes ausbauen sowie die Stadtteile und die Region besser anbinden. Gleichzeitig muss Klimaschutz sozial gerecht sein, damit die Schere nicht weiter auseinander geht. Dafür will ich mich in Berlin einsetzen.
Wohnraum ist knapp und teuer. Wir wollen den sozialen Wohnungsbau forcieren und alternative Bau- und Wohnkonzepte ermöglichen. Viele Läden müssen schließen, die Pandemie verschärft die Lage noch. Daher wird die Belebung der Innenstadt eine Aufgabe sein. Die Kommunen brauchen dafür im Bund starke Partner:innen – und die möchte ich für Mainz sein.
Als Universitätsstadt zieht Mainz Menschen aus aller Welt an und rückt die Region in den Fokus forschender Unternehmen und Global Player. Mit Biontech haben wir ein echtes Pfund, das kluge Köpfe und Unternehmen anziehen wird. Die Biotechnologie eröffnet große Chancen. Dafür müssen wir ein Umfeld schaffen, das Ausgründungen aus der Universität verbessert, und gleichzeitig die Zusammenarbeit in Europa stärken.
Mainz ist ein wichtiger Medienstandort mit einer Historie von Weltrang. Diese Stärke müssen wir nutzen, um die Stadt zu einem Digitalstandort zu machen – nicht nur im Medienbereich und in der Wirtschaft, sondern auch in der Verwaltung. Da gibt es noch einiges zu tun. Zudem müssen wir die kulturellen Schätze der Stadt besser pflegen und präsentieren -für die Mainzerinnen und Mainzer genauso wie für Gäste, die Stadt und Region besuchen.
2a) Für Kandidaten, die schon im Bundestag saßen: Was haben Sie in den vergangenen vier Jahren für Mainz im Deutschen Bundestag erreicht?
Rößner: Als Abgeordnete eines stark von Flug- und Bahnlärm betroffenen Wahlkreises, kämpfe ich interfraktionell für die Belange der betroffenen Bürger:innen vor Ort. Darüber hinaus liegt mir die ausgeprägten Kreativ- und Medienszene von Mainz sehr am Herzen, denn als gelernte Journalistin ist Medienpolitik eine meiner Herzensangelegenheiten. Ich kämpfe für Presse- und Rundfunkfreiheit, für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und damit für die örtlichen Sender SWR und ZDF.
Durch Gutenberg und den Buchdruck wurde Mainz zudem ein wertvolles Erbe überlassen. Seit Jahren setze ich mich für Fördergelder des Bundes ein, denn das Gutenberg-Museums hat nicht nur nationale, sondern auch internationale Bedeutung. Das Museum hat einen wichtigen Bildungsauftrag, muss sichtbar werden und sich dem Medienwandel – auch durch die Digitalisierung – widmen.
Frage 3: Welches sind die drei wichtigsten Ziele, für die Sie im Deutschen Bundestag streiten wollen? Was wollen Sie unbedingt erreichen?
Rößner: – Wir beschleunigen den Ausbau der erneuerbaren Energien und ziehen den Kohleausstieg auf 2030 vor.
– Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen, flexible und kleine Lösungen mit dem Ausbau von Sharing- und On-Demand-Angeboten zu entwickeln, sowie die Radinfrastruktur auszubauen.
– Wir wollen die Schere zwischen Arm und Reich schließen, indem wir mehr Steuergerechtigkeit schaffen durch die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, die Einführung einer Kindergrundsicherung und eines Energiegelds, mit dem wir die CO2-Einnahmen an die Bürgerinnen und Bürger pro Kopf zurückzahlen, und durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen.
Frage 4: Wie wollen Sie es schaffen, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen?
Rößner: Durch ein konsequentes Neudenken des wirtschaftlichen Wachstumsmaxims, durch eine intelligente Mobilitäts- und Energiewende. Die Ideen liegen alle auf dem Tisch, es geht darum, sie mit Mut konsequent umzusetzen. Dafür ist es allerhöchste Zeit.
Frage 5: Die Mieten in Mainz steigen und steigen – seit Jahren, Mainz gehört inzwischen zu den zehn teuersten Städten der Republik. Was tun Sie dagegen in Berlin? Wie stehen Sie zu einem Mietendeckel?
Rößner: Wohnraum ist knapp und teuer. Viele Menschen geben einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für ihre Wohnung aus, andere können sich ihre Mieten gar nicht mehr leisten. Wir wollen neuen Wohnraum schaffen – für alle erschwinglich, familiengerecht und gemeinwohlorientiert. Zentral dafür ist das Ziel, in den nächsten Jahren eine Million zusätzliche und dauerhaft günstige Mietwohnungen zu schaffen. Dafür wollen wir die Wohngemeinnützigkeit ausbauen, indem wir Investoren unterstützen, die Wohnungen bauen und dauerhaft günstig zur Verfügung stellen. Die Liegenschaften des Bundes wollen wir in einen Fonds überführen und den Kommunen günstig überlassen mit der Auflage, dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das Recht auf Wohnen soll zudem ins Grundgesetz aufgenommen werden.
Wir planen darüber hinaus eine gesetzliche Grundlage für eine bundesweite Mietobergrenze. Über deren Anwendung und Ausgestaltung entscheiden die Länder und Kommunen je nach örtlicher Lage auf dem Wohnungsmarkt. Wir werden die Mietpreisbremse entfristen und nachschärfen. Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels begrenzt werden. Gegen Mietwucher wollen wir konsequent vorgehen.
Frage 6: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein gutes Gesundheitssystem ist – wie wollen Sie die Finanzierung von Krankenhäusern sicher stellen? Setzen Sie sich für eine Abschaffung der Fallpauschalen ab? Und wie kann die Medizin wieder mehr für die Menschen da sein und eine individuelle Behandlung mit Zeit für den Patienten sicher stellen?
Rößner: Gesundheitspolitik muss von den Bedürfnissen der Patient:innen und Pflegebedürftigen aus gedacht werden. Es geht schließlich um ihre Gesundheit und um ihre Lebensqualität. Vorsorge ist daher für uns GRÜNE ein Leitprinzip unserer Gesundheitspolitik. Wir wollen unser Gesundheitswesen stark machen, damit es für kommende Krisen, etwa eine neue Pandemie, gut vorbereitet ist. Wir wollen aber auch den Stellenwert individueller Gesundheitsförderung in allen relevanten Politikfeldern deutlich erhöhen.
Unser Ziel ist, dass mehr Menschen möglichst lange gesund bleiben. Dazu ist die Bekämpfung von Armut, Verkehrslärm oder von schlechten Wohnbedingungen genauso unerlässlich wie eine Stärkung der Gesundheitsämter. Auch die Digitalisierung im Gesundheitswesen soll den Patient:innen dienen und ihre Versorgung verbessern. Es genügt nicht, einfach nur Informationen digital zu verschicken und das Fax durch eine E-Mail zu ersetzen. Informationen müssen klug miteinander verknüpft werden. Unnötige Doppeluntersuchungen können mit der elektronischen Patientenakte vermieden werden. Patient:innen haben es so leichter, digital auf Informationen und Dokumente wie den eigenen Impfpass zuzugreifen.
Kliniken sollen in Zukunft nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden. Dafür braucht es ein neues Finanzierungssystem, das eine starke Säule der Strukturfinanzierung beinhaltet. So wollen wir insbesondere notwendige ländliche Krankenhäuser und stationäre Abteilungen wie etwa Kindermedizin oder Notfallversorgung sichern. Zudem wollen wir, dass der Bund Vorgaben für eine einheitliche Krankenhausplanung machen kann und sich stärker an Investitionen beteiligt.
Krankenhäuser, die etwa durch mangelnde Auslastung die erforderliche Qualität nicht sicherstellen können, werden wir nicht einfach aufgeben, sondern zu leistungsfähigen Gesundheitszentren umbauen. Die Notfallversorgung in Deutschland werden wir reformieren, damit jeder Mensch im Ernstfall schnell und verlässlich die nötige Hilfe bekommt. Wir wollen mehr Psychotherapieplätze und eine Einbindung von Hilfen bei Krisen in die Notfallversorgung.
Insgesamt wollen wir die Zwei-Klassen-Medizin abschaffen und eine Bürger:innenversicherung einführen, um das Solidarprinzip wieder zu stärken.
Frage 7: Sind Sie für eine einheitliche Bürgerversicherung? Und wenn Nein, warum nicht?
Rößner: Ja, ich bin für eine Bürgerversicherung. Denn ein für alle zugängliches, gut erreichbares und gut ausgestattetes Gesundheitswesen ist die Grundlage für eine soziale und chancengerechte Gesellschaft und sichert die Menschenwürde. Die Versorgung der Patient:innen und der medizinische Fortschritt erfordern dabei eine stabile finanzielle Basis. Die Bürger:innenversicherung ermöglicht eine gerechte und solidarische Finanzierung. Deshalb bin ich auch in der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben, denn Solidarität funktioniert nur, wenn auch Besserverdienende sich solidarisch beteiligen.
Frage 8: Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft aus, und wie setzen Sie sich dafür im Deutschen Bundestag ein? Wie stehen Sie zur Forderung eines kostenlosen ÖPNV?
Rößner: Die Mobilität der Zukunft ist nachhaltig. Mit uns GRÜNEN wird der Verkehr klimafreundlich, sicher und sozial gerecht. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren festzuhalten, schaffen wir neue Mobilität in der Stadt und auf dem Land, mit E-Autos, der Bahn, Sharing-Angeboten oder dem Rad. Leisere Straßen und saubere Luft dienen dabei insbesondere auch denjenigen, die nicht einfach wegziehen können.
Wir möchten die Angebote an umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie Rufbusse oder Carsharing ausbauen, denn sie ermöglichen mehr Flexibilität, mindern individuelle Kosten und fördern ein gutes Leben in der Stadt und auf dem Land. Die Auto- und Mobilitätsindustrie unterstützen wir beim Wandel zu emissionsfreien Antrieben und neuen Mobilitätskonzepten. Wir müssen den öffentlichen Nahverkehr darüber hinaus ausbauen, attraktiv und günstig machen und das Tarifchaos der unterschiedlichen Verbünde beenden. Wir wollen einen Mobil-Pass, der für alle Verkehrsträger gilt. Und wir müssen das Land besser an die Stadt anbinden. In unserer Region gibt es ja die Überlegung, die Straßenbahn ins Rheinhessische zu führen.
Frage 9: Wie machen Sie Ihren Bundestagskollegen in Berlin die Bedeutung der Ahrtal-Katastrophe klar?
Rößner: Die Katastrophe ist meinen Kolleginnen und Kollegen sehr bewusst, denn als GRÜNE haben wir immer auf die möglichen Auswirkungen der Klimakrise auch bei uns hingewiesen. Ich habe zudem meine Kolleginnen und Kollegen eingeladen, sich vor Ort ein Bild zu machen. So waren sowohl Robert Habeck als auch Annalena Baerbock im Ahrtal und haben sich mit den Menschen dort wie auch mit den Hilfsorganisationen und den Helfer:innen ausgetauscht.
Frage 10: Wie werben Sie für rheinhessischen Wein in Berlin?
Rößner: Als Mitglied des Parlamentarischen Weinforums werbe ich natürlich für den Wein aus meiner Region. Ich verschenke regelmäßig rheinhessischen Wein an verschiedenste Leute in Berlin und achte bei Veranstaltungen darauf, Wein aus meiner Region auszuschenken.
Frage 11: Wo liegt Ihre Partei am Abend des 26.9. in Prozentzahlen – und wie traurig sind Sie, wenn es nicht zu Ihrem persönlichen Einzug in den Deutschen Bundestag reicht?
Rößner: Wir kämpfen um das stärkste Ergebnis aller Zeiten, das werden wir auch erreichen. Daher bin ich sehr zuversichtlich, dem nächsten Deutschen Bundestag anzugehören.
Frage 12: In welchem Fall würden Sie Ihr Mandat niederlegen?
Rößner: Wenn mir ein nicht verzeihlicher Fehler unterlaufen würde.
Info& auf Mainz&: Ihr wollt alle Fragebögen aller Mainzer Direktkandidaten auf einen Blick? Bittesehr: Alle Fragebögen sowie alle weiteren Informationen zur Bundestagswahl 2021 findet Ihr auf unserer Sonderseite Bundestagswahl& – genau hier bei Mainz&.
Mehr zu Tabea Rößner und ihren Zielen findet Ihr hier im Internet. Eine kleine Analyse zum Ausgangspunkt der Bundestagswahl in Mainz sowie den bisherigen Kandidaten und ihren Chancen lest Ihr hier bei Mainz&. Dort findet Ihr auch eine Liste, welchen Direktkandidaten zur Bundestagswahl in Mainz wir den Mainz&-Fragebogen geschickt haben, welche davon schon erschienen sind, und welche noch kommen.