Am Mittwoch ist Hitzeaktionstag – erfahren haben wir das durch eine Pressemitteilung aus dem Hessischen Gesundheitsministerium. In Rheinland-Pfalz tut sich in Sachen Hitzeplänen weiter so gut wie nichts, auch in Mainz gibt es weiter keinen Hitzeaktionsplan – obwohl der Stadtrat im September 2022 genau einen solchen Plan beschlossen hatte. Auch Trinkwasserbrunnen lassen ebenfalls weiter auf sich warten. Nun will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen nationalen Hitzeschutzplan voranbringen, denn: Allein 2022 starben rund 4.500 Menschen in Deutschland an Hitze.
Die Debatte köchelt in Mainz bereits seit fünf Jahren: Im September 2018 hatte die ÖDP einen Antrag auf Erarbeitung eines Hitzeaktionsplans in den Mainzer Stadtrat eingebracht – seither wurde ein solches Konzept stets von den regierenden Ampel-Fraktionen abgelehnt. Dabei hatte die ÖDP auf gravierende gesundheitliche Probleme verwiesen, die durch die massiv steigende Zahl der Hitzetage entstehen – eine Studie von Infektionsexperten des Robert-Koch-Instituts hatte gar im Juli 2022 errechnet, dass allein in den Jahren 2018 bis 2020 deutschlandweit mehr als 19.000 Menschen an Hitzefolgen starben.
„Die Hitze ist da, doch die Stadt Mainz ist immer noch ohne Plan“, hatte daher ÖDP-Chef Claudius Moseler im Juli 2022 geklagt – und einen neuerlichen Antrag für den Mainzer Stadtrat angekündigt. Man wolle die Handlungsempfehlungen des Umweltbundesamtes auf Mainz übertragen, wie zum Beispiel: kühle Aufenthaltsräume, Trinkwasserbrunnen im öffentlichen Raum, Schattenplätze und vor allem auch Warnsysteme mit Informationen, Tipps und Verhaltenshinweisen gerade für Senioren, Kranke oder Kinder bei Hitzetagen.
Stadtrat beschloss 2022 Hitzeaktionsplan – weiter kein Plan in Sicht
Die nächste Hitzewelle komme bestimmt, Mainz müsse sich endlich für Extremwetterlagen rüsten – gerade angesichts des Klimawandels, betonte die ÖDP. Und siehe da: Im September 2022 stimmte der Stadtrat dann plötzlich einem Antrag auf Erstellung eines Hitzeaktionsplans zu. Der Antrag der ÖDP wurde zwar erneut abgelehnt, doch die Ampel-Fraktionen von Grünen, SPD und FDP hatten flugs einen eigenen Änderungsantrag auf den Weg gebracht – offensichtlich wollte man sich die Blöße einer erneuten Ablehnung des Themas nicht geben.
In dem beschlossenen Antrag hieß es nun: Die Verwaltung werde gebeten, „dezernatsübergreifend und in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Mainz-Bingen rechtzeitig vor der nächsten Hitzeperiode im Frühjahr 2023 ein handlungsleitendes Konzept in Ergänzung der KLIMPRAX Ergebnisse und unter Einbeziehung des Hitze-Knigge des Umweltbundesamtes zu erarbeiten.“ Passiert ist indes – nichts. Weder legte die Verwaltung einen Hitzeaktionsplan vor, noch wurde Vorsorge getroffen für erneute Hitzewellen in diesem Sommer – dabei sagen die Wetterdeienste erneut einen trocken und ungemein heißen Sommer voraus.
Stattdessen kündigte die Stadt Mainz Anfang Januar eine „Strategie zur Anpassung an den Klimawandel“ an. „Um die für alle Bereiche der Stadtgesellschaft erforderlichen Maßnahmen zu bündeln und weitere zu entwickeln, wird eine Mainzer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel federführend durch das Grün- und Umweltamt der Stadtverwaltung erarbeitet“, teilte Umweltdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) mit. Zur Unterstützung bei der Strategieentwicklung sei 2022 ein Förderantrag beim Bundesministerium für Bildung und Forschung gestellt worden, der nun positiv beschieden worden sei. Das Projekt könne damit voraussichtlich im April beginnen.
Bis heute kein einziger Trinkwasserbrunnen in Mainz
Ziel des Konzeptes sei „die Identifizierung von besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen sowie von Orten, die stark von Wetterereignissen betroffen sind“, teilte Steinkrüger weiter mit. Gemeinsam mit Experten und Betroffenen sollten „Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt und ausgearbeitet werden.“ So könne die Stadt „durch verschiedene Maßnahmen wie die Stärkung der grünen Infrastruktur, Möglichkeiten der öffentlichen Trinkwasserentnahme in der Innenstadt sowie mit der aktuellen Entwicklung eines Hitzeaktionsplans die Auswirkungen abmildern.“
Aktuell würden bereits im Rahmen eines Hitzeaktionsplans „kühlende Orte sowie Verhaltenstipps zusammengestellt, und im Frühjahr 2023 auf der Homepage der Stadt online geschaltet“, kündigte Steinkrüger weiter an. Passiert ist das indes nicht: Die einzigen Verhaltenstipps zu Hitze in Mainz, die sich auf der Homepage der Stadt finden, stammen aus dem Jahr 2021. Ein Hitzeaktionsplan ist ebensowenig in Sicht, wie irgendwelche Trinkwasserbrunnen – tatsächlich hatte gerade Steinkrüger die Einrichtung von Trinkwasserbrunnen stets abgelehnt.
So hatte die Dezernentin im Juli 2022 auf eine Anfrage der CDU hin geklagt, der einzige Trinkwasserbrunnen in Mainz – damals am Rebstockplatz – sei störanfällig gewesen, die hygienischen Vorkehrungen zum Betrieb von Trinkwasserbrunnen machten Zwangsspülungen der Leitungen notwendig oder auch einen zusätzlichen Kanalanschluss. „Umgerechnet für jeden Liter Trinkwasser, der an einem solchen Brunnen entnommen würde, müssten nach ersten Berechnungen der Mainzer Netze GmbH bis zu 22 Liter Trinkwasser gespült und in den Kanal geleitet werden“, rechnete Steinkrüger vor: Die Suche nach geeigneten Standorten gestalte sich schwierig, die Mainzer Netz rechneten satten 10.00 Euro für die Aufstellung eines einzigen Brunnens.
Hessen: Hitzewarnsystem mit Tipps seit 2004
Als daraufhin die ÖDP im September 2022 überrascht nachfragte, wie denn dann andere Städte es schafften, Trinkwasserbrunnen aufzustellen, lautete die Antwort: „Bisher wurde seitens der Mainzer Netze der Betrieb von Trinkbrunnen aus technischen und
hygienischen Gründen nicht weiterverfolgt. Aktuell werden aber Lösungsmöglichkeiten
zwischen der Verwaltung und den Mainzer Netzen erörtert.“ Man plane nun doch die Aufstellung solcher Brunnen auch in Mainz – geschehen ist bisher: nichts.
Dabei hatte noch im November 2022 die Mainzer Altstadt-SPD die Verwaltung aufgefordert, bis Frühjahr 2023 „an mindestens fünf öffentlichen, allgemein zu allen Uhrzeiten zugänglichen Orten in der Altstadt, Leitungswasser zur Nutzung als Trinkwasser bereit zu stellen.“ Passiert ist, Ihr ahnt es: nichts. Ein früheres Landesprogramm zur Förderung von Trinkwasserbrunnen in Städten wurde kaum abgerufen:; Statt geplanten 100 Brunnen entstanden lediglich 30.
In Hessen warnte nun Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) am Dienstag, auch in diesem Jahr sei wieder mit extrem heißen Tagen und länger anhaltenden Hitzewellen zu rechnen. Klose begrüßte deshalb den von der Bundesärztekammer und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) initiierten bundesweiten Hitzeaktionstag, der am 14. Juni stattfindet.
Klose: Zum Sommerstart auf Hitzeschutz aufmerksam machen
„Zum Start des Sommers auf das Thema aufmerksam zu machen ist wichtig, denn wir alle müssen unser Verhalten an die höheren Temperaturen anpassen, um unsere und die Gesundheit unserer Mitmenschen gerade angesichts der fortschreitenden Erdüberhitzung zu erhalten“, betonte Klose.
Denn so schön sonnige Tage für viele Menschen seien: Hitze könne zur Gefahr für die Gesundheit werden – besonders für ältere Personen oder Menschen, die sich selbst nicht ausreichend schützen können und auf die Unterstützung ihrer Mitmenschen angewiesen seien. Über wirkungsvolle Schutzmaßnahmen informiere das Hessische Sozialministerium mit seinen Empfehlungen „Hitze – Was man für Betreuung und Pflege in der Häuslichkeit wissen sollte“ – ein Empfehlungspapier, das im Rahmen des Hessischen Hitzeaktionsplans entstanden sei. Zudem habe man Informationsschreiben an hessische Arztpraxen und Kliniken verschickt.
Hessen besitzt zudem bereits seit 2004 ein Hitzewarnsystem, bei dem in zwei Stufen vor Wärmebelastung gewarnt wird: Stufe 1 wird bei einer gefühlten Temperatur von mehr als 32 Grad Celsius ausgelöst, Stufe 2 bei einer gefühlten Temperatur von 38 Grad oder auch dann, wenn die Warnstufe 1 an vier aufeinanderfolgenden Tagen andauert. Die Warnungen kommen dann auch mit Verhaltenstipps für die Bevölkerung einher, die Ihr hier im Internet einsehen könnt. Nun will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) solche Hitzeaktionspläne bundesweit verankern.
Lauterbach: „Sind gegen Hitzetod nicht gut aufgestellt“
„Wir müssen feststellen, dass wir in Deutschland gegen den Hitzetod nicht gut aufgestellt sind“, sagte Lauterbach laut einem Bericht von ZDF Heute. Deutschland werde durch den Klimawandel in den kommenden Jahren stärker von Hitzewellen betroffen sein, das bedeute vor allem für ältere Menschen, aber auch für Schwangere, Neugeborene und Kleinkinder sowie für Menschen, die draußen arbeiten, besondere Risiken. Lauterbach kündigte demnach an, er wolle einen Hitzeschutzplan für Deutschland erarbeiten. Dabei solle etwa geprüft werden, inwieweit kostenloses Trinkwasser oder Schutzräume angeboten werden könnten.
Das Vorbild des Ministers. Frankreich. Das Nachbarland hatte bereits nach dem Supersommer 2003 einen umfassenden Warnplan erarbeitet, bei dem je nach Schwere einer Hitzewelle im ganzen Land Schutzmaßnahmen ausgelöst werden. Frankreich arbeitet dabei unter anderem mit Kälteräumen, Hitzeplänen für Pflegeeinrichtungen und Kliniken bis hin zu Anrufen bei alten Menschen, damit sie regelmäßig trinken.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, forderte laut ZDF, solche Hitzeaktionspläne gesetzlich zu verankern: Allein 2022 seien 4.500 Menschen wegen großer Hitze gestorben.
Info& auf Mainz&: Den hessischen Hitzeaktionsplan könnt Ihr hier im Internet nachlesen. Die Mainz&-Tipps, wie Ihr gut durch heiße Tage kommt, findet Ihr hier: Eis, mehr Duschen viel Trinken und richtiges Schatten-Lüftungs-Spiel.