Das Land Rheinland-Pfalz stellt die Weichen weiter in Richtung Lockerung, und das, obwohl die Neuinfektionen wieder leicht steigen und die Sieben-Tages-Inzidenz wieder über 50 liegt. Ab dem 8. März sollen dennoch die weiterführenden Schulen Stück für Stück wieder öffnen, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte zudem Lockerungen bei den Kontaktbeschränkungen angekündigt und eine Öffnung der Außengastronomie in Aussicht gestellt. Ab Montag können zudem Bibliotheken ebenfalls wie Geschäfte Termine zum Einzelverkauf vergeben.
Das Land Rheinland-Pfalz veröffentlichte am Freitag die 16. Corona-Bekämpfungsverordnung, die erste leichte Lockerungen nach dem wochenlangen Lockdown vorsieht. Demnach dürfen nicht nur die Friseure wieder öffnen, sondern auch Blumenläden, Gärtnereien und Baumärkte, letztere dürfen im Außenbereich Blumenprodukte verkaufen. Auch Zoos, Tierparks und botanische Gärten werden für den Besuchsverkehr in reduzierter Form und nur im Freien geöffnet, Fahrschulen dürfen wieder Stunden anbieten, Musikunterricht in Teilen ebenfalls wieder stattfinden.
Ab Montag ist zudem der Besuch von Bibliotheken und Archiven nach vorheriger Terminanmeldung möglich, wie das Mainzer Kulturministerium mitteilte: Genau wie bei Geschäften muss auch hierbei vorher ein Termin vereinbart werden, Kontaktdaten müssen erfasst werden, und pro Termin ist nur ein Hausstand zugelassen. Kulturminister Konrad Wolf (SPD) sprach dennoch von einem „ersten wichtigen Öffnungsschritt.“ Damit könnten nun auch Kultureinrichtungen neben dem Einzelhandel wieder langsam ihren Betrieb aufnehmen. „Nicht jedes Archiv und jede Bücherei wird von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können, aber es ist ein wichtiges Signal an die Kultur“, sagte Wolf.
Konkrete Lockerungsschritte für die Gastronomie gibt es vorerst nicht, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) brachte am Freitag eine vorsichtige Öffnung der Außengastronomie zu Ostern ins Gespräch – das wäre aber erst Ende März. Die Gastronomiebranche hatte am Mittwoch in Mainz vehement Lockerungen von der Politik gefordert. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte auf der Kundgebung Lockerungen vor allem bei der Außengastronomie noch im März in Aussicht gestellt.
Die neue Corona-Bekämpfungsverordnung sieht zudem vor, dass Städte und Landkreise unverzüglich Allgemeinverfügungen mit strengeren Maßnahmen erlassen müssen, wenn die 7-Tages-Inzidenz an mehr als drei Tagen in Folge einen Wert von 100 überschreitet. Damit hebt das Land die Grenze für Handlungsanforderungen allerdings deutlich an: Bisher mussten strenge Maßnahmen bereits ab einer Inzidenz von 50 erlassen werden, Bund und Länder hatten sich vor zwei Wochen gar darauf verständigt, Lockerungen erst ab einer Inzidenz von unter 35 zuzulassen. Die 100er-Marke ist nun ein deutlicher Schritt weg davon.
Dabei stagniert seit einigen Tagen die Zahl der Neuinfektionen, der Trend geht derzeit wieder in Richtung Anstieg, Grund ist die neue Coronavirus-Mutation B.1.1.7, die deutlich ansteckender ist als die bisherige Virusvariante. Am Freitag meldete Rheinland-Pfalz insgesamt 101.817 bestätigte SARS-CoV-2 Fälle, das waren 389 mehr als am Vortag, hinzu kamen 17 neue Todesfälle. Die 7-Tages-Inzidenz stieg jedoch von 52,4 wieder leicht auf 53,4 an, Rheinland-Pfalz liegt damit weiter über der 50er-Marke. In Mainz meldete das Gesundheitsamt 15 neue Infektionen für die Stadt Mainz und 18 Neuinfektionen im Landkreis Mainz-Bingen – während die Stadt damit bei einer Inzidenz von 23 bleibt, liegt der Landkreis Mainz-Bingen seit einigen tagen bereits wieder über der 35er-Marke und damit in der Warnstufe Orange.
Der Ministerrat beschloss am Freitag dennoch weitere Öffnungsschritte für die Schulen: Ab dem 8. März sollen die 5. und 6. Klassen zurück in die Schulen kommen, allerdings auch erst einmal nur im Wechselunterricht. Das bestätigte eine Sprecherin der Staatskanzlei gegenüber Mainz&. Ab dem 15. März sollen dann alle anderen Klassen im Wechselunterricht folgen. Bereits am 22. Februar hatte Rheinland-Pfalz die Grundschulen wieder geöffnet und die Kinder im Wechselunterricht zurückgeholt, ob das Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen hatte, ist bislang noch unklar.
Entscheidungen zu Schnelltests in den Schulen fällte der Ministerrat indes nicht. Beim Land betont man derweil, Lehrer und Erzieherinnen könnten sich inzwischen jederzeit anlasslos auf das Coronavirus testen lassen, Schnelltests für Schüler sieht das Land bisher aber nicht vor. Österreich meldete am Freitag, man habe durch die zweimal wöchentlich stattfindenden Schnelltests seit dem 8. Februar rund 1.500 mit dem Coronavirus infizierte Schüler herausfiltern können, allein in der dritten Woche seien durch die flächendeckenden Tests 619 positive Schüler sowie 285 Infektionen bei Lehrern und Verwaltungspersonal entdecken können. „Es ist gut, dass wir die Fälle finden, nur so kann man die Schulen aufhalten“, zitiert Spiegel Online einen Sprecher des Bildungsministeriums.
In Deutschland wurden erst am Mittwoch die ersten drei Schnelltests für Laien zugelassen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte im ZDF-Morgenmagazin an, die Tests sollten in den kommenden Tagen in Geschäften, darunter auch bei Discountern, verfügbar sein. Schnelltests auf das Coronavirus gelten generell als etwas unsicherer als die PCR-Tests, die in Laboren ausgewertet werden, die Antigen-Schnelltests liefern aber binnen 15 Minuten Ergebnisse und sind besonders zuverlässig bei einer hohen Viruslast. Schnelltests gelten deshalb als sehr gutes Mittel, um infizierte Personen ausfindig zu machen und so Infektionsketten frühzeitig vorbeugen zu können.
Der Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl, Christian Baldauf, forderte am Freitag eine umfangreiche Test-Strategie auch für Kinder. Schüler und Kita-Kinder müssten regelmäßig auf Corona getestet werden, um Infektionen in diesen Einrichtung möglichst zu verhindern, das leiste auch einen Beitrag zum Schutz für die Gesellschaft insgesamt, sagte Baldauf. Das Testangebot des Landes für Lehrer und Erzieherinnen sei zwar zu begrüßen, reiche allein aber nicht aus, es fehle nach wie vor eine konsistente Teststrategie des Landes, vor allem mit Blick auf die Schulen. „Je mehr Menschen wir testen, desto größer ist die Chance, dass wir diejenigen herausfiltern, die infektiös sind, ohne es zu wissen“, betonte Baldauf.
Das Land Rheinland-Pfalz teilte am Freitag mit, man bereite sich bereits auf das flächendeckende kostenlose Angebot an Schnelltests vor, das Spahn ursprünglich zum 1. März versprochen hatte, das nun aber später kommen soll. Bereits ab der nächsten Woche werde mit einem Schulungsprogramm für freiwillige Test-Helfer begonnen und sowohl Testkits als auch persönliche Schutzausrüstung an die Landkreise und kreisfreien Städte ausgeliefert, sagte der Präsident des zuständigen Landesamtes für Versorgung, Detlef Placzek.
Info& auf Mainz&: Alle Details zur neuesten 16. Corona-Bekämpfungsverordnung findet Ihr unter corona.rlp.de im Internet, die wichtigsten Bausteine seht Ihr unten noch einmal aufgelistet. Weitere Details und Begründungen der Politik für die Lockerungen haben wir hier bei Mainz& aufgeschrieben. Die wichtigsten Regelungen ab dem 1. März im Überblick:
- Termin-Shopping / Click & Collect Regelungen: Gewerbliche Einrichtungen dürfen für vereinbarte Einzeltermine öffnen. Es gilt die Pflicht zur Kontakterfassung. Werden mehrere Einzeltermine in Folge für einen Tag vergeben, so ist ein Zeitraum von mindestens fünfzehn Minuten zwischen Ende und Beginn der jeweiligen Termine freizuhalten.
- Verkaufsstellen für Schnittblumen dürfen öffnen. Gleiches gilt für Außenbereiche von Gärtnereien, Gartenbaumärkten und ähnlichen Einrichtungen, soweit sich der Verkauf auf das für den Gartenbau oder Pflanzenverkauf typische Angebot beschränkt.
- Friseure dürfen öffnen unter Einhaltung des Abstandsgebotes zwischen den Kunden und Maskenpflicht. Der Zutritt muss durch Terminvereinbarung gesteuert werden.
- Die Außenbereiche von zoologischen Gärten, Tierparks, botanischen Gärten und ähnlichen Einrichtungen sind für den Publikumsverkehr geöffnet. Auch hier gilt eine Vorausbuchungspflicht. Die Anzahl der Personen, die sich gleichzeitig auf dem Gelände befinden dürfen, ist vorab von der zuständigen Behörde zu genehmigen.
- In Präsenzform zulässig sind Angebote von Fahrschulen und Bildungsträgern der Berufskraftfahrerqualifikation sowie des Gefahrguts.
- Ebenfalls zulässig sind Aus- und Weiterbildung der amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüferinnen und Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr sowie der Fahrlehrer oder deren Auditierung.
- In Präsenzform ist zulässig der außerschulische Musikunterricht bei gleichzeitiger Anwesenheit einer Lehrperson sowie einer Musikschülerin oder eines Musikschülers. Davon ausgenommen sind Tätigkeiten mit einem erhöhten Aerosolausstoß wie Gesangsunterricht oder Unterricht für Blasinstrumente.