Ihr leuchtendes Blau verzaubert die Besucher und taucht die Kirche in eine geradezu mystische Stimmung: Die Mainzer St. Stephans-Kirche ist die einzige Kirche in Deutschland, für die der berühmte Maler Marc Chagall die Fenster schuf. Nun ehrt das Bundesfinanzministerium den Maler und sein Werk: Die diesjährige Weihnachtsbriefmarke zeigt eine Madonna mit Kind aus den Fenstern der Mainzer St. Stephanskirche. Seit Anfang November wird die Sonderbriefmarke bereits verkauft, ihr Zusatzerlös von 30 Cent kommt jedes Jahr Wohlfahrtsverbänden zugute. Die Wahl fiel nicht zufällig auf Mainz: Vor genau 40 Jahren wurde in St. Stephan das erste blaue Fenster von Marc Chagall eingeweiht, der Auftakt für das größte zusammenhängende Glaskunstwerk an einem Ort, das der Künstler je schuf. Das „blaue Wunder von Mainz“ kommt nun mit der Weihnachtspost.

Die Weihnachtsbriefmarke mit Chagalls Madonna in der Kirche St. Stephan, dort wurde sie heute offiziell vorgestellt. – Foto: Bistum Mainz, Matschak

„Das Motiv der Briefmarke fasst das Geheimnis von Weihnachten im Bild und bringt es mit der Post zu vielen Menschen nach Hause“, sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei der Vorstellung der Marke am Dienstag in St. Stephan. Vielen Menschen sei die christliche Botschaft von Weihnachten heute gar nicht mehr vertraut, Mitmenschlichkeit aber eng mit dem Weihnachtsfest verbunden. „Es ist wohltuend zu sehen, dass dies auch in einem offiziellen Postwertzeichen seinen Ausdruck findet“, sagte Kohlgraf.

Seit fast 50 Jahren kreiert das Bundesfinanzministerium zur Weihnachtszeit eine eigene Briefmarke, deren Erlös Wohlfahrtsverbänden zugute kommt. Die 70-Cent-Briefmarke ist dafür mit einem Zusatzerlös von 30 Cent versehen, das Geld geht in diesem Jahr an die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Sechs Millionen Exemplare wurden gedruckt, als Motiv wählte der Bund in diesem Jahr das Motiv „Maria mit dem Kinde“ von Marc Chagall aus, das der Künstler Detlef Behr für die Briefmarke grafisch umsetzte.

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Es war vor genau 40 Jahren, als die ersten blauen Fenster Chagalls in St. Stephan eingesetzt wurden. „Das blaue Wunder von Mainz“ nannte es derjenige, der es ins Rollen brachte: Montsignore Klaus Mayer, damals Pfarrer von St. Stephan, überredete den Maler persönlich zu der Arbeit. Die kleine gotische Hallenkirche St. Stephan aus dem 13. Jahrhundert war im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden, noch in den 1960er Jahren fehlten der Kirche schmückende Fenster.

Die neue Weihnachtsbriefmarke in der Kirche St. Stephan mit ihrem Urheber: Montsignore Klaus Mayer ist der zweite von links, neben ihm Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), rechts Bischof Peter Kohlgraf sowie die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Bettina Hagedorn – Foto: Bistum Mainz, Matschak

Mayer bekam zwei Bücher über Marc Chagall in die Finger und beschloss: Nur er komme für eine Gestaltung der Fenster infrage. Doch der jüdische Künstler, der in Südfrankreich lebte, hatte nach dem Holocaust geschworen, nie wieder wolle er für Deutschland arbeiten. Doch Mayer schrieb im Frühjahr 1973 einfach mal einen Brief, und er blieb hartnäckig: Fünfeinhalb Jahre, 54 Besuche und zahlloser Briefe bedurfte es, bis Chagall einwilligte – im Dezember 1976 meldete ein Brief nach Mainz: Der Maler arbeite am ersten Fenster für St. Stephan. „Es war ein Wunder, und ich durfte mitspielen“, sagte Mayer einmal.

Es war die Vision, ein Zeichen der deutsch-jüdischen Versöhnung zu setzen, die Chagall am Ende überzeugte. Neun Fenster schuf der Maler für St. Stephan, das erste wurde am 23. September 1978 übergeben, das letzte nur wenige Monate vor Chagalls Tod im März 1985. Es wurde Chagalls größtes zusammenhängendes Glaskunstwerk an einem Ort, fast 180 Quadratmeter groß. Gesehen hat der Künstler sein Werk in Mainz nie, aber seine Frau Wawa kam öfter zu Besuch und zur Einweihung weiterer Fenster nach Mainz. Bis zum Jahr 2000 schuf Chagalls Schüler Charles Marq nach den Entwürfen des Meisters 19 weitere Kirchenfenster. Damit wurde ein weltweit einmaliges Ensemble von 28 Fenstern vollendet das den Kirchenraum in ein unirdisches, mystisches Licht taucht. Dieses Wunder von Mainz mit seiner Botschaft wird nun mit der Weihnachtspost in alle Welt getragen.

Info& auf Mainz&: Die ganze Geschichte von Montsignore Klaus Mayer und dem blauen Wunder von Mainz erzählen wir Euch hier auf Mainz&.

 

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