Im Oktober kündigte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) neue gerichtliche Schritte gegen die Stadt Mainz in Sachen Dieselfahrverbote an (Mainz& berichtete exklusiv), nun macht der Umweltverband ernst: Man habe beim Verwaltungsgericht Mainz einen Zwangsvollstreckungsantrag auf Umsetzung eines Dieselfahrverbots eingereicht und zudem eine neue Klage gegen den Luftreinhalteplan der Stadt angestrengt, teilte die DUH am Donnerstag mit. „Wir fordern die Umsetzung von zonalen Diesel-Fahrverboten spätestens zum 1. Januar 2020, um die Menschen in Mainz und ihre Gesundheit zu schützen“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch – Mainz verweigere noch immer die Umsetzung des rechtsgültigen Urteils vom Oktober 2018.
In Mainz werden seit Jahren die Grenzwerte für die als giftig und gesundheitsschädlichen Stickoxide deutlich überschritten, die Deutsche Umwelthilfe hatte deshalb die Stadt Mainz verklagt – und bekam Recht: Das Verwaltungsgericht Mainz hatte im Oktober 2018 verfügt, Mainz müsse zum 1. September 2019 ein Dieselfahrverbot für ältere Pkw einführen – sofern die Stickoxidwerte im ersten Halbjahr 2019 nicht auf den Grenzwert von 40 Mikrogramm sänken. Mit Hilfe des Masterplans M3 schaffte Mainz es zwar, die Stickoxidwerte im ersten Halbjahr 2019 deutlich zu senken, doch an der relevanten Messstation in der Parcusstraße lagen die Messwerte noch immer bei 42 Mikrogramm. Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) kündigte im Juli trotzdem an, Mainz werde kein Dieselfahrverbot erlassen und verwies auf die erfolgreichen Maßnahmen.
Ende Oktober hatte die Deutsche Umwelthilfe auf Mainz&-Anfrage erklärt, man werde das nicht auf sich beruhen lassen – und erneut klagen. DUH-Anwalt Remo Klinger warf der Stadt „Aufschieberei“ vor und kritisierte, die Werte Mainz stiegen wieder – und zwar auf der Rheinallee. „Es werden weiterhin Stickoxid-Grenzwerte deutlich überschritten, und zwar nicht an der Parcusstraße, sondern – wie wir befürchtet haben – an der Rheinachse“, sagte Klinger Mainz&: „Luftreinhaltung funktioniert eben nicht, wenn man den Verkehr nur verlagert.“
Das bestätigte sich inzwischen: Aktuelle Passivsammlerwerte für das erste Halbjahr 2019 zeigten an der seit Jahren genutzten Messstation Rheinstraße / Fachhochschule einen Durchschnittswert von 47 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, teilte die DUH nun mit. Die Stadt argumentiert, der Passivsammler hingen auf Höhe der Autoauspuffrohre und damit viel zu niedrig. Doch auch an den ersatzweise eingerichteten Passivsammlern Rheinstraße 24 und Rheinallee 3B „liegt die Belastung im ersten Halbjahr 2019 sogar bei 48 beziehungsweise 49 Mikrogramm“, so die DUH weiter. Und schließlich werde an der Messstation in der Parcussstraße weiter eine Belastung bis einschließlich Oktober 2019 von 42 Mikrogramm gemessen.
Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. Juni 2019 müsse der NO2-Grenzwert aber im gesamten Stadtgebiet eingehalten werden, nicht nur an offiziellen Messstationen wie der Parcussstraße, betonte die Umwelthilfe. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts hätte Mainz damit spätestens zum 1. September 2019 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, da die Einhaltung des Grenzwerts für NO2 im Mittel der ersten sechs Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden konnte. Man fordere die Stadt Mainz deshalb nun auf, das rechtsgültige Urteil umzusetzen und Diesel-Fahrverbote bis einschließlich Euro 5-Norm einzuführen.
Damit bewahrheitet sich, wovor Kritiker schon im Oktober 2018 gewarnt hatten: Die Maßnahmen der Stadt reichten eben nicht aus, die Belastung durch Schadstoffe in der Luft genügend zu senken. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) hatte hingegen nach der Urteilsverkündung gesagt, ein Dieselfahrverbot sei „in weite Ferne gerückt.“ Schon damals hatte die DUH jedoch vor Gericht auf die kritischen Werte entlang der Rheinallee hingewiesen. Ebling bleibe trotz der „klaren und vorhersehbaren Gerichtsentscheidung“ bei seiner „Mantra-artigen Wiederholung seiner Fehleinschätzung begnügt, dass es kein Dieselfahrverbot für Mainz geben wird“, klagte damals ÖDP-Chef Claudius Moseler. Nicht das Urteil bringe Mainz in Schwierigkeiten, „sondern die gescheiterte Umweltpolitik von Stadtvorstand und Ampelkoalition.“
Nun beginnen die Schwierigkeiten erneut: Die DUH habe beim Verwaltungsgericht Mainz einen Zwangsvollstreckungsantrag eingereicht auf Umsetzung des rechtskräftigen Urteils vom Oktober 2018 und zugleich eine neue Klage auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erhoben, teilte die DUH mit. Man fordere die Umsetzung von zonalen Diesel-Fahrverboten spätestens zum 1. Januar 2020. „Die Mainzerinnen und Mainzer haben ein Recht auf Saubere Luft im gesamten Stadtgebiet“, betonte Resch, „der Grenzwert für den Luftschadstoff Stickstoffdioxid muss stadtweit schnellstmöglich eingehalten werden.“
Stattdessen versuche die Stadt, „das Ausmaß der Situation vor Ort unter den Tisch fallen zu lassen“, kritisierte Resch: Alte Messstationen wolle die Stadt „aufgrund von Formalitäten nicht berücksichtigen, neue Messstationen – die exakt die gleiche Belastungshöhe widerspiegeln – sollen erst ein Jahr lang ausgewertet werden.“ Klinger hatte schon im Oktober gegenüber Mainz& kritisiert, die Stadt wolle jetzt wieder erst einmal neue Gutachten in Auftrag geben. „Das ist die billigste politische Ausrede, die man hat“, kritisierte Klinger damals gegenüber Mainz&, nun fügte er hinzu: „Es ist nicht mehr die Zeit, Gutachtenaufträge zu vergeben, sondern zu handeln.“
Info& auf Mainz&: Unseren Bericht vom Oktober 2019, DUH kündigt neue gerichtliche Schritte an, könnt Ihr hier noch einmal nachlesen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz aus dem Oktober 2018 findet Ihr hier, die Reaktionen der Stadtspitze sowie die Kritik der Opposition damals genau hier.