Die Pläne der Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) zur Umgestaltung der Mombacher Straße schlagen weiter hohe Wellen: CDU, ÖDP und Freie Wähler kritisierten die Pläne auch nach der Pressekonferenz am Freitag erneut scharf. Die Ampel habe es abgelehnt, erst die Anwohner zu befragen, „nun tut sie so, als gäbe es nichts Wichtigeres“, kritisierte CDU-Fraktionschef Ludwig Holle. Die Freien Wähler kritisieren die mangelhafte Planungen für Parkplätze am Alten Jüdischen Friedhof, und bei der ÖDP heißt es: „Die geringste Lobby haben hier die alten Bäume.“

Insbesondere vor dem Alten Jüdischen Friedhof in der Mombacher Straße sollen alte Bäume weichen. - Foto: gik
Insbesondere vor dem Alten Jüdischen Friedhof in der Mombacher Straße sollen alte Bäume weichen. – Foto: gik

Vergangenen Freitag hatte die Mainzer Umwelt- und Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) auf einer Pressekonferenz angekündigt, die Pläne für die Umgestaltung der Mombacher Straße noch einmal ansehen zu wollen. „Baumerhalt ist uns ein Herzensanliegen, wir werden uns dieser Herausforderung annehmen“, betonte Steinkrüger.  Wie viele Bäume am Ende nun aber doch erhalten werden könnten, sagte die Dezernentin indes nicht. Man werde sich jeden einzelnen Baum am Standort ansehen müssen, hieß es lediglich.

Die derzeitige Planung wurde binnen der vergangenen zwölf Jahre entwickelt, die sieht eine grundlegende Umgestaltung der in die Jahre gekommenen Mombacher Straße vor. Dabei soll auf beiden Seiten der Straße ein Radweg entstehen, von den derzeit rund 200 Parkmöglichkeiten am Ende nur noch etwas mehr als 20 erhalten bleiben. Von den derzeit 54 alten Bäumen sollen etwa 27 den Bauarbeiten und der Umgestaltung zum Opfer fallen. Man wolle aber nach dem Umbau etwa 53 Bäume neu pflanzen, so dass es am Ende rund 80 Baumstandorte geben werde, betonte Steinkrüger, die auch deutlich machte:; Sie halte die Pläne weiter für gut und richtig.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

„Müssen viel vorsichtiger mit dem Abholzen alte Stadtbäume sein“

Doch im Nachgang der Pressekonferenz hagelte es weiter Kritik: „Alte Bäume zu fällen, die nicht krank sind, geht gar nicht“, kritisierte der Chef der Freien Wähler, Christian Weißkopf im Gespräch mit Mainz&. Diese Bäume seien ein ungemein wichtiger Faktor in Sachen Luftqualität, das könnte junge Bäume „vielleicht in 60-70 Jahren, wir brauchen den Effekt aber jetzt“, betonte Weißkopf.

So soll die Mombacher Straße nach ihrer Umgestaltung aussehen - mit neuen, deutlich kleineren Bäumen. - Grafik: Stadt Mainz
So soll die Mombacher Straße nach ihrer Umgestaltung aussehen – mit neuen, deutlich kleineren Bäumen. – Grafik: Stadt Mainz

Auch ÖDP-Stadträtin Dagmar Wolf-Rammensee klagte bereits im August: „Die geringste Lobby haben hier die alten Bäume.“ Dabei mahnten auch Experten wie etwa der Forstbotanik-Professor Andreas Roloff vom Deutschen Baum-Institut, die Gesellschaft müsse viel vorsichtiger sein mit dem Abholzen alter Stadtbäume. „Bis neue Bäume den Verlust aufgefangen haben, dauert es Jahre“, sage Roloff, und rechne vor: Um die Wirkungen eines Altbaumes mit einem Kronendurchmesser von etwa 20 Metern hinsichtlich seiner Umweltleistungen wie Luftfilterung, Beschattung, Kühlung, CO2-Speicherung sowie Garant der Biodiversität zu ersetzen, brauche man zirka 400 Jungbäume.

„Dies macht sehr deutlich, wie viel mehr wir Altbäume in unserer Umgebung erhalten und pflegen müssen, und sie nicht leichtfertig fällen dürfen“, betonte Wolf-Rammensee. Doch stattdessen liefere die Ampel-Koalition in ganz Mainz Versiegelungen, dass man nur mit dem Kopf schütteln könne: „Sind die seit 2019 im Mainzer Stadtrat beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen nur Makulatur?“, kritisierte Wolf-Rammensee: „Stehen dem Baurecht alle Rechte zu, und der Schutz von Alleen, alteingewachsenen Bäumen, Sträuchern und Grünflächen sind aller ihrer Rechte und Gesetze enthoben?“

CDU: Forderungen, auf Anwohner zu hören, wurden abgelehnt

„Es ist unglaublich, dass eine grüne Verkehrsdezernentin ein Konzept vorstellt, in dem signifikant alte Bäume gefällt werden sollen, und dann dabei noch nicht mal ein schlechtes Gewissen zu haben scheint“, kritisierte auch CDU-Fraktionschef Ludwig Holle gegenüber Mainz&. Die CDU habe bereits bei der Vorstellung der Pläne im Verkehrsausschuss gefordert, dass erst die Anwohner gehört werden sollten, bevor die Politik Entscheidung fälle. „Dies ist dort von der Ampel abgelehnt worden“, betonte Holle: „Und jetzt, nach den entsprechenden Protesten, tun alle auf einmal so als ob es nicht wichtigeres gebe als die Anwohner einzubinden.“

Die Mombacher Straße heute: Wichtige Einfallsstraße, in die Jahre gekommene Optik. - Foto: gik
Die Mombacher Straße heute: Wichtige Einfallsstraße, in die Jahre gekommene Optik. – Foto: gik

Tatsächlich hat sich an der Mombacher Straße eine Bürgerinitiative gebildet, die ein Alternativkonzept für die Umgestaltung entwickelt hat – nach Mainz&-Informationen soll das Konzept wohl kommende Woche in einer Pressekonferenz öffentlich vorgestellt werden. Das Konzept sieht den kompletten Erhalt der Altbäume, zusätzliche Grünzonen sowie eine eigenständige Fahrradstraße sowie Ladezonen und Anwohnerparkplätze vor. Das Konzept sei bereits in Ortsbeiräten, sowie Dezernentin Steinkrüger vorgestellt worden – echte Berücksichtigung habe man damit aber bisher nicht gefunden, berichteten Informanten gegenüber Mainz&.

„Wir begrüßen die Initiative der Anwohner und fordern die Verwaltung entschieden auf, sich wirklich mit den Konzepten und Ideen der Anwohner auseinanderzusetzen“, forderte Holle nun. Die jüngsten Äußerungen Steinkrügers „klingen da wenig überzeugend und äußerst zurückhaltend“, kritisierte er.

Grüne Ortsvorsteherin lobt Alternativkonzept der Anwohner

„Ich freue mich insbesondere über das große Engagement der Anwohner“, teilte am Freitag die Ortsvorsteherin des Stadtteils Hartenberg-Münchfeld, Christin Sauer von den Grünen mit, und lobte: Die Anwohner hätten „nicht nur Wünsche zur Umgestaltung der Mombacher Straße, sondern gleich ein völlig eigenständiges Mobilitätskonzept für den Planungsabschnitt eingebracht.“ Dieses müsse nun von den Fachleuten geprüft werden – Steinkrüger hatte das aber am Freitag gerade nicht angekündigt.

Der Alte Jüdische Friedhof an der Mombacher Straße ist seit Juli 2021 Unesco-Weltkulturerbe. - Foto: gik
Der Alte Jüdische Friedhof an der Mombacher Straße ist seit Juli 2021 Unesco-Weltkulturerbe. – Foto: gik

Sauer jedoch lobte, „dass das Verkehrsdezernat diesen Einsatz gleichermaßen wie die zahlreichen weiteren Anregungen aus Politik und Gesellschaft wertschätzt, und den ersten Planungsentwurf noch einmal öffnet, ist ein gutes Signal für die Beteiligung von Bürgern“ – Sauer sprach gar „von einem Vorbildcharakter.“ Die Mombacher Straße sei eine wichtige, aber sanierungsbedürftige Verkehrsader für den Stadtverkehr, zugleich aber auch „Wohn- und Arbeitsort, Radpendlerroute und UNESCO-Welterbe-Standort.“

Um diese Vielzahl von Nutzungsinteressen miteinander zu vereinbaren, sei das nun angekündigte Vorgehen „der richtige Weg, um die Straße zu ertüchtigen und die Verteilung des Verkehrsraums neu zu denken“, betonte Sauer. Anwohner und Umweltverbände hätten sich „deutlich“ für den Baumerhalt ausgesprochen, es solle aber „die Verkehrswende im Vordergrund stehen.“ Sie sei aber auch „froh, dass das Dezernat auch den ruhenden Verkehr nochmals in den Blick nimmt.“

ÖDP: „Aufschrei gegen Unvermögen und Dreistigkeit“ der Dezernenten

Die ÖDP kritisierte hingegen, die Stadt schaffe endlich neue Stellen für die Fahrradzukunft Mainz, doch statt sich „für ein durchdachtes Fahrradkonzept einzusetzen, agieren diese gegen die Interessen der Bevölkerung und gegen den Natur- und Baumschutz.“ Um die unterschiedlichen Interessen lösungsorientiert abwägen zu können, brauche es einen Runden Tisch für die Mombacher Straße. Denn von Beruhigung sei doch gar keine Rede: „Ein Aufschrei geht durch die Mainzer Bevölkerung. Altersunabhängig, parteiunabhängig, Menschen aller Couleur registrieren weiterhin das Unvermögen und die Dreistigkeit der politisch verantwortlichen Dezernenten hinsichtlich der Stadt- und Verkehrsplanung“, kritisierte Wolf-Rammensee.

Hohe Parkdichte in der Mombacher Straße: Oft in zweiter Reihe. - Foto: gik
Hohe Parkdichte in der Mombacher Straße: Oft in zweiter Reihe. – Foto: gik

„Wir Freie Wähler wollen für Radfahrer sichere Bereiche und sichere Straßen, wo Autos nichts oder fast nichts zu suchen haben“, betonte auch Weißkopf: „Aber das sind nicht die Hauptverkehrsstraßen.“ Die Stadt könne nicht „alle Querverbindungen für Autos dicht machen“ – die Mombacher Straße ist eine der wichtigsten und eine der letzten Haupteinfahrtstraßen für die Innenstadt aus Richtung Norden, wie es auch beim Stadtplanungsamt heißt. „Wenn Autos nur noch im Stau stehen, hat das nichts mit Verkehrswende zu tun – und mit Klimapolitik schon gar nicht“, schimpfte Weißkopf.

Wenn die Stadt darauf verweise, dass in der Mombacher Straße „nur Pendler“ parkten, müsse man sich doch fragen, wieso die da stünden, sagte der Chef der Freien Wähler Mainz weiter: „Wenn ich die Pendler in die Parkhäuser haben will, dann muss Pendlerparken da eben billiger werden – etwa durch günstige Tageskarten, kombiniert mit Zugtickets.“ In der Mombacher Straße gebe es Gewerbe, die Anwohner wollten auch mal Besuch bekommen, auch dafür brauche es Parkplätze.

Keine Parkplätze für Autos am Alten Jüdischen Friedhof geplant

Rahmenplan für die Besucherlenkung am Alten Jüdischen Friedhof, die Mombacher Straße ist hier am oberen Rand. - Grafik: Stadt Mainz
Rahmenplan für die Besucherlenkung am Alten Jüdischen Friedhof, die Mombacher Straße ist hier am oberen Rand. – Grafik: Stadt Mainz

Und nicht zuletzt liege in der Straße der Alte Jüdische Friedhof, für den die Stadt gerade ein neues Besucherzentrum plant – der Friedhof gehört seit Juli 2021 zum Unesco-Weltkulturerbe der Menschheit. „Es ist ein Unding, dass am Friedhof keine Parkplätze für Individual-Besucher vorgesehen sind“, kritisierte Weißkopf: „Die Besucher des Friedhofs kommen aus der ganzen Welt, die fliegen etwa nach Frankfurt – darunter sind oft auch sehr betagte Menschen, sollen die wirklich mit dem Fahrrad dorthin fahren?“

Tatsächlich hatte Steinkrüger am Freitag auf Nachfrage in Sachen Parkplätze am Besucherzentrum gesagt, Parkplätze für Individualreisende seien dort nicht vorgesehen – auch Touristen könnten „zu Fuß oder mit dem Fahrrad“ dorthin kommen. Es sei doch „Utopie zu glauben, dass Menschen, die die NS-Zeit noch erlebt haben, jetzt mit Bus, Bahn und Fahrrad zu dem Besucherzentrum anreisen werden“, sagte Weißkopf weiter: „Da kommen Besucher aus aller Welt, dann müssen da auch Parkplätze sein – weil die nicht alle mit dem Gruppenbus anreisen werden.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Umgestaltung der Mombacher Straße mit den Plänen der Stadt findet Ihr hier bei Mainz&. Dort lest Ihr auch eine scharfe Kritik der Mainzer SPD – die hatte sich nämlich schon am Freitag geäußert.