Die Zukunft des selbst fahrenden ÖPNV können die Mainzer noch in dieser Woche erleben: EMMA heißt der elektronische Minibus, der seit dem 6. August durch den Mainzer Winterhafen rollt. Der Kleinbus mit gerade einmal acht Sitzen ist ein Versuchsfahrzeug, die Mainzer Mobilität erprobt damit gemeinsam mit der R+V Versicherung die Zukunft autonom fahrender Busse. Noch bis zum 31. August einschließlich soll EMMA dafür viele Daten sammeln: Was können die autonomen System, und was nicht? Wie reagieren andere Verkehrsteilnehmer, wie die Passagiere? Und was müssen die Operator leisten? Klar ist: autonom fahrende Busse sind die Zukunft im ÖPNV. Das Projekt zeigt aber auch: selbst fahrende Busse auf der Rheinallee sind noch Zukunftsmusik.
EMMA ruckelt und stoppt abrupt, fast meint man, ein empörtes Pfeifen zu hören. „Wenn da jemand in den Weg kommt, das mag die EMMA gar nicht“, sagt Markus Weingärtner. EMMA steht für „Elektromobilität Mainz autonom“ und ist der erste selbst fahrende Minibus, den die Mainzer Stadtwerke seit drei Wochen im Einsatz testen, als erstes kommunales Verkehrsunternehmen deutschlandweit. Der Test soll zeigen, wie gut die Technik des autonomen Fahrens bereits funktioniert, und wie Fußgänger und Radfahrer reagieren.
Mit maximal elf Stundenkilometern zuckelt der 4,75 Meter kurze Minibus langsam die Promenade am Mainzer Winterhafen entlang. 500 Meter misst die Strecke gerade einmal, viel Verkehr ist hier nicht. Trotzdem stoppt EMMA oft, an einer kleinen Kreuzung hält sie vorsichtshalber ganz an, am Ende der Strecke wendet sie ganz eigenständig. „Ist alles Programmierungssache“, sagt Weingärtner. Seit 30 Jahren fährt er Busse und Straßenbahnen bei der „Mainzer Mobilität“, nun überwacht er als Operator, ob EMMA auch alles richtig macht.
Seit dem 6. August können die Mainzer mit dem selbst fahrenden Elektrobus die Zukunft der Mobilität erleben. Die Resonanz sei riesig, heißt es bei der Mainzer Mobilität, mehr als 2.000 Fahrgäste nutzten bereits die Gelegenheit. „Die Leute sind neugierig“, sagt Weingärtner, große Ängste gebe es nicht. Fragen prasseln auf den Operator ein: Was kann EMMA, was kann sie nicht, wie schnell fährt sie? „Ist halt die Zukunft“, sagt ein Gast, und zuckt mit den Schultern.
Erkenntnisse über die Potenziale des autonomen Fahrens im öffentlichen Verkehr sammeln, das ist das Ziel des Projektes der Mainzer Mobilität. Die Probephase wird wissenschaftlich begleitet, das Psychologische Institut der Uni Mainz will auch die Gefühle der Passagiere beim Mitfahren erforschen: Wie kommt die neue Technik an, weckt sie Ängste? Zunächst einmal weckt EMMA vor allem Staunen und ein begeisterndes Pioniergefühl. „Das ist doch eine Touristenattraktion“, freut sich eine Mainzerin, endlich könne sie ihren Bekannten in Wiesbaden mit deren Nerobergbahn mal etwas entgegen setzen.
EMMA soll denn auch viele Daten über die Potenziale des autonomen Fahrens sammeln: Was kann die neue Technik, was kann sie nicht? Wie reagieren Fußgänger und Radfahrer, und welche betriebliche und technische Aufgaben kommen auf die Operator zu? Die Vision vom vollautonomen Fahren für alle sei noch Zukunftsmusik, man wolle mit dem Projekt aber „wertvolle neue Erkenntnisse“ sammeln, sagt der Direktor Kfz-Betrieb bei der R+V Versicherung, Jan Dirk Dallmer. Die R+V ist Projektpartner und Geldgeber des Projektes, das Unternehmen will sich als Versicherer für autonome Fahrzeuge etablieren.
Nicht zuletzt ist EMMA aber auch Teil der Mainzer Mobilitätsstrategie: Das Kleinbus fährt rein elektrisch mit einem 15 Kilowatt-Elektromotor, der von einem Akku gespeist wird. gefüttert wird EMMA mit Ökostrom, voll geladen kann der Shuttlebus rund neun Stunden auf Achse sein. „Wir werfen damit einen Blick in die Mobilität der Zukunft“, sagte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) beim Start des Testbetriebs. Die Landeshauptstadt kämpft seit Jahren mit hoher Luftverschmutzung, ein Grund dafür: die Dieselbusflotte der Mainzer Mobilität. Die Deutsche Umwelthilfe verklagt Mainz deshalb, noch in diesem Herbst drohen Dieselfahrverbote vor Gericht.
„Wir sind uns sicher, dass das autonome Fahren die Mobilität der Menschen und damit auch die Nahverkehrsbranche verändern wird“, sagt Eva Kreienkamp, Geschäftsführerin der Mainzer Mobilität. Mit dem Betrieb in den ersten drei Wochen sei man hochzufrieden, EMMA sei sehr zuverlässig unterwegs gewesen. „Wir arbeiten intern schon an Überlegungen, wie es künftig mit Projekten rund um das Autonome Fahren weitergehen kann“, verriet Kreienkamp – EMMA soll ein Auftakt für weitere Aktivitäten in diesem Bereich sein. Man wolle auch Erkenntnisse sammeln, wie und wo autonom fahrende elektrische Kleinbusse zur flexiblen Versorgung von Randgebieten eingesetzt werden könnten, heißt es bei der Mainzer Mobilität.
Neue Formen der Mobilität würden künftig gerade auch für ÖPNV-Strecken eine bedeutende Rolle spielen, die sich heute nicht wirtschaftlich betrieben ließen, glaubt auch der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Solche Strecken könnten „perspektivisch wieder neu erschlossen werden“, der ÖPNV insgesamt „individueller, flexibler und wirtschaftlicher“ gestaltet werden. Wissing ist deshalb auch Schirmherr des Projektes, der FDP-Mann will Rheinland-Pfalz als Vorreiterland für Elektromobilität und innovative Technologien etablieren. EMMA liefere wichtige Informationen auch für andere Akteure, bekräftigte Wissing.
Doch bei aller Begeisterung: so schnell wird wohl kein autonomer Bus durch die Mainzer Innenstadt rollen. Für EMMAS Probebetrieb war eine mehrwöchige Vorbereitungsphase notwendig, der Minibus musste seine Strecke erst einmal genauestens lernen. „Es funktioniert schon so weit“, sagt Operator Weingärtner, doch das gelte erst einmal nur für die sehr wenig befahrene Rheinpromenade. Auch auf einem geschützten Gelände mit wenig Verkehr wie etwa dem Mainzer Unicampus könnte sich Weingärtner einen solchen autonom fahrenden Minibus vorstellen. Auf einer viel befahrenen Straße wie der Mainzer Rheinallee aber habe EMMA keine Chance, sagt Weingärtner, denn noch kann EMMA kein Hindernis autonom umfahren. „Die EMMA ist einerseits schlau – und doof wie ein Esel“, sagt der Operator: „In den nächsten zehn Jahren muss ich um meinen Job als Busfahrer sicher nicht bangen.“
Info& auf Mainz&: EMMA, der autonom fahrende Minibus, rollt noch bis einschließlich Freitag, den 31. August jeden Tag von 10.00 bis 13.00 Uhr und von 14.00 bis 17.00 Uhr zwischen der Malakoff-Terrasse und dem Bootshaus im Mainzer Winterhafen. Die Mitfahrt ist kostenlos, weil der Bus nur acht Sitzplätze hat, kann es zu Wartezeiten kommen. Das macht aber nichts: für die kurze Strecke benötigt EMMA nur wenige Minuten. Mehr zu EMMA mit allen technischen Details zum Fahrzeug findet Ihr hier bei der Mainzer Mobilität.