Anfang November kündigte die irische Billigfluglinie Ryanair an, auch vom Frankfurter Flughafen aus fliegen zu wollen – was heftige Diskussionen und Proteste auslöste. Beim Frankfurter Flughafen-Betreiber Fraport war man hingegen ausgesprochen stolz, hatte man doch die sich bislang zierenden Iren an den Rhein-Main-Airport locken können. Dem Vernehmen nach gelang das mit satten Rabatten bei den Start- und Landeentgelten, die aber mussten noch vom Hessischen Verkehrsministerium genehmigt werden. Das verkündete am Freitag seine Entscheidung, Ergebnis: Rabatte für neue Fluglinien wird es nicht geben, Ryanair profitiert dennoch massiv. Denn es gibt satte Rabatte für Fluglinien, die ihre Passagierzahlen deutlich steigern.
Ziemlich überraschend hatte der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir am Freitag zur Pressekonferenz geladen, komplett durchdrungen haben wir die Ergebnisse deshalb noch nicht. Trotzdem wollen wir Euch schon mal die wichtigsten Ergebnisse vorstellen, Details müssen wir dann leider nachliefern. Die neue Entgeltordnung setzt insgesamt auf die Förderung lärmärmerer Flugzeuge, gibt Anreize zum Einsetzen des neuen „Ground Based Argumentation System“ (GBAS) und gibt Anreize zum Nachrüsten von Flugzeugen mit Wirbelgeneratoren – das sind die Bauteile, die dieses laute Pfeifen verursachen. Lärmverursachende Flugzeuge werden künftig nach Angaben des Ministeriums um durchschnittlich 15 Prozent teurer, auch soll weniger zahlen, wer seine Flugzeuge mit dem satellitengestützten Präzisionsanflugverfahren GBAS ausgestattet und das in den Flugzeugen auch aktiviert hat.
Damit würden perspektivisch neue Anflugverfahren am Flughafen ermöglicht, die für die Anwohner deutlich leiser werden könnten, sagte der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Mit GBAS könnten langfristig Anflugverfahren auch in Kurven um Orte herumgelegt werden, der Anflug per Leitstrahl – und damit auch das Lärm verursachende Korrigieren des Anflugwinkels – könnte sich damit erübrigen. Überhaupt sei die neue Entgeltordnung „ein klares Signal an die Fluggesellschaften: Wer mit lauten, alten Flugzeugen nach Frankfurt kommt, wird immer stärker zur Kasse gebeten“, betonte Al-Wazir. Wer eine moderne Flotte einsetze, könne hingegen „bares Geld sparen.“
Auch insgesamt werden die Start- und Landeentgelte zum 1. Januar 2017 in Frankfurt um 1,9 Prozent teurer – was die Lufthansa scharf kritisierte: Während die Entgelte in London und Amsterdam sinken, erhöhe Frankfurt die Entgelte, obwohl man schon heute zu den teuersten Flughafenstandorten Europas gehöre. „Eine weitere Kostensteigerung ist nicht nachvollziehbar und gefährdet mögliches Wachstum“, kritisierte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister. Überhaupt fühlt sich die Lufthansa mit der neuen Entgeltordnung stark benachteiligt: „Wir sind enttäuscht, dass das Ministerium dem Antrag von Fraport zugestimmt hat“, sagte Hohmeister. Denn die sehe auch niedrigere Gebühren für Fluggesellschaften vor, die neu ab Frankfurt flögen, während bei etablierten Airlines nur besonders großes Wachstum gefördert werde.
Das aber sieht man im Verkehrsministerium durchaus anders: Einen exklusiven Bonus für neue Fluggesellschaften werde es eben nicht geben, betonte Al-Wazir. Zwar hatte die Fraport genau solche Rabatte ursprünglich beantragt, wie Mainz& erfuhr, zog dann aber diesen Teil seines Antrags wieder zurück. Im Ministerium heißt es dazu lediglich, man habe Fraport auf „rechtliche Probleme“ hingewiesen – daraufhin bestand der Flughafen-Betreiber nicht weiter auf den Sonderrabatten.
Stattdessen löste die Fraport das Problem auf andere Weise: Die neue Entgeltordnung sieht nun nämlich erhebliche Rabatte für Fluglinien vor, die ihre Passagierzahlen steigern. Das gilt für alle Fluglinien, doch die Regelungen werden vor allem neuen Fluglinien zugute kommen. Das sogenannte Incentiveprogramm setzt nämlich ab einer Passagierzahlsteigerung von 3 Prozent an, steigert eine Fluglinie also ihre Passagierzahlen zwischen drei und vier Prozent im ersten Jahr, erhält sie pro mehr akquiriertem Passagier einen Rabatt von zwei Euro. Die Rabatte steigen dann pro Zuwachs deutlich an: Für fünf Prozent mehr Passagiere gibt es etwa pro zusätzlichem Passagier vier Euro, für 15 bis 20 Prozent Zuwachs 10,50 Euro pro zusätzlichem Passagier und für einen Zuwachs über 20 Prozent satte 14,- Euro pro zusätzlichem Passagier.
Für bestehende Fluglinien sei ein solcher Zuwachs kaum zu erreichen, kritisierte prompt die SPD-Opposition in Hessen, während eine neue Fluglinie überhaupt keine Probleme habe, eine Steigerung von 20 Prozent zu erreichen. Hier würden eindeutig Airlines bevorzugt, die neu nach Frankfurt kommen“, sagte SPD-Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel dem hr. Al-Wazir verkaufe „die Leute für dumm.“ So ähnlich sieht das auch die Lufthansa: Man sehe sich dadurch gegenüber neu ab Frankfurt fliegenden Airlines benachteiligt, sagte Hohmann, es könne doch nicht sein, „dass zwei Airlines, die dieselbe Strecke fliegen, unterschiedliche Gebühren bezahlen.“
„Natürlich können von diesem Rabatt-Programm neue Fluggesellschaften einfacher profitieren als Airlines, die bereits Verkehr ab Frankfurt abwickeln“, sagte Al-Wazir. Neue Fluggesellschaften hätten aber in den ersten Jahren an einem neuen Standort auch zusätzliche Kosten und Risiken. Entsprechende Nachlässe in den Entgelten seien daher in der Rechtsprechung allgemein anerkannt. „Hier geht es nicht darum, ob mir jeder einzelne Bestandteil der Entgeltordnung politisch gefällt“, betonte der Minister – die Genehmigung der Entgeltordnung sei eine Verwaltungsentscheidung. Und wenn die rechtlichen Vorgaben erfüllt seien, habe die Fraport ein Anrecht auf Genehmigung. Das Ministerium habe den Antrag „intensiv geprüft und zusätzlich einen externen Sachverständigen konsultiert“, sagte Al-Wazir. Im Ergebnis sei die geänderte Entgeltordnung „diskriminierungsfrei und zu genehmigen“, fügte er hinzu.
Info& auf Mainz&: Die ganze Pressemitteilung des Hessischen Verkehrsministeriums samt Tabelle für Rabatte und weiteren Erläuterungen findet Ihr hier im Internet. Einen guten Bericht über die Ereignisse heute gibt’s hier bei den Kollegen der Hessenschau. Mehr über Ryanair am Frankfurter Flughafen und die Debatte über die neuen Entgelte lest Ihr hier bei Mainz&.