Nach der Wahl ist vor der Wahl, das gilt in letzter Zeit nirgends so krass wie in Mainz: In einem Jahr steht bereits die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz an, dazu muss die neue Kenia-Koalition im Mainzer Rathaus noch immer neue Dezernenten wählen. Die Grünen haben dafür jetzt ihren nächsten Kandidaten präsentiert: Daniel Köbler soll 2026 Günter Beck beerben, und zwar als Finanzdezernent und als Bürgermeister. Zudem wählte der Grünen-Kreisverband Mainz zwei neue Vorsitzende: Teresa Bicknell und Christoph Kozubek stehen jetzt an der Spitze der Mainzer Grünen. Auch das hat mit kommenden Wahlen zu tun.

Im November 2024 vereinbarten Grüne, CDU und SPD eine gemeinsame Kenia-Koalition im Mainzer Stadtrat, damit verbunden ist auch eine Neuordnung und Neubesetzung der Dezernentenstellen im Mainzer Stadtvorstand. Doch die kommt nur sehr langsam voran, der Grund: Zwar laufen in den kommenden 12 Monaten gleich mehrere Amtszeiten amtierender Dezernenten aus, doch die Schlusspunkte sind alle sehr unterschiedlich. Da sich die Koalitionäre aber verpflichtet haben, keinen Amtsinhaber vorzeitig aus dem Amt zu drängen, bleibt der Neustart im Rathaus bisher weitgehend aus.
Einen großen Schritt in die Richtung soll nun im Stadtrat am 21. Mai geschehen: Dann will die neue Koalition gleich mehrere Dezernentenstellen neu vergeben. Den Anfang hatte die Koalition im Dezember mit der Wahl von Karsten Lange (CDU) als ehrenamtlicher Dezernent für Fördermittelmanagement gemacht, der CDU-Mann hat bereits die ersten 100 tage im Amt fast hinter sich. Im Februar 2025 wählte der Stadtrat zudem die bisherige Mainzer SPD-Vorsitzende Jana Schmöller zur Nachfolgerin des ausscheidenden Sozialdezernenten Eckart Lensch (SPD), sie soll offiziell vereidigt in der Stadtratssitzung am 25. Juni 2025 vereidigt werden.
Neue Mainzer Dezernenten erst nach und nach im Amt
Zudem hat die SPD ihren bisherigen SPD-Kreischef Ata Delbasteh als Dezernent für Schule und Kultur nominiert, Delbasteh muss aber noch mit seiner Wahl warten, weil der zweite SPD-Dezernentenposten noch mit Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) besetzt ist – die scheidet aber erst im Februar 2026 aus dem Amt. Die skurrile Lage kommt auch dadurch zustande, dass in Rheinland-Pfalz Dezernenten im Stadtvorstand für acht Jahre gewählt werden, und ihre Amtszeit nicht – wie in anderen Bundesländern – an die Legislaturperiode des Kommunalparlaments gebunden ist.

Ebenfalls im Februar 2026 endet nun auch die Amtszeit des grünen Bürgermeister und Finanzdezernenten Günter Beck, nun nominierten die Mainzer Grünen ihren Nachfolger für das Amt: Daniel Köbler, Fraktionschef der Grünen im Mainzer Stadtrat und Landtagsabgeordneter, soll Beck als Finanz- und Sportdezernent und auch als Bürgermeister beerben. Köblers Wahl war nicht überraschend, er soll am 10. April in einer Kreismitgliederversammlung der Mainzer Grünen offiziell gekürt werden.
Der 44 Jahre alte Köbler ist in Mainz ein alter Bekannter: Der gebürtige Mainzer trat 2001 der Grünen Jugend, 8und zum 1. Januar 2022 der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei, seit 2004 sitzt er für die Grünen im Mainzer Stadtrat. Von 2008 bis 2011 war er Landesvorsitzender der Grünen in Rheinland-Pfalz, 2011 zog er erstmals in den Mainzer Landtag ein, wo er gleich Fraktionschef wurde.
Daniel Köbler: wechselvolle Parteikarriere bei der Grünen
Köbler hatte 2011 gemeinsam mit der späteren Wirtschaftsministerin Eveline Lemke das Spitzenduo der Grünen bei der Landtagswahl gebildet, in seinem Heimatwahlkreis Mainz holte er damals sensationelle 27 Prozent der Wahlkreisstimmen. Doch fünf Jahre später folgte der Absturz: Bei der Landtagswahl 2016 war Köbler erneut Spitzenkandidat, doch dieses Mal ging der Wahlkampf gründlich schief, die Grünen stürzten um 10 Prozentpunkte in der Wählergunst ab und hielten sich nur knapp im Landtag.

Der Absturz wurde zum Großteil Köbler angerechnet, der Mainzer sei in keiner Weise teamfähig gewesen, kritisierte die Partei danach – Köbler fiel in Ungnade bei seiner Partei. 2021 zog er nur als B-Kandidat von Katharina Binz wieder in den Mainzer Landtag ein, nachdem Binz wegen ihres Ministeramtes das Landtagsmandat niedergelegt hatte. 2019 wurde Köbler knapp zum Ortsvorsteher der Mainzer Oberstadt gewählt, im Stadtrat war er erst im Juli 2024 zum neuen Fraktionschef gewählt worden. Seine Nominierung als Dezernent und immerhin auch Mainzer Bürgermeister ist für den 44-Jährigen deshalb ein Comeback und enormer Karrieresprung zugleich. Die Stelle muss allerdings auch noch offiziell ausgeschrieben werden.
Köbler befasse sich seit 16 Jahren mit dem Thema Finanzen, betonte Stadtrats-Fraktionsvize Christin Sauer bei der Vorstellung. Im Landtag sei er finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion, seit 2009 sitze Köbler im Ausschuss für städtische Finanzen und Beteiligungen und habe die Entstehung der Zentralen Beteiligungsgesellschaft Mainz (ZBM) von Anfang an mitbegleitet. Erfahrung habe er zudem seit sechs Jahren im Aufsichtsrat der Mainzer Wohnbau und habe eine wichtige Rolle bei den Koalitionsverhandlungen 2024 gespielt.
Politikwissenschaftler, Sozialpolitiker. Ortsvorsteher in der Oberstadt
„Daniel Köbler ist durchsetzungsstark, er ist eben kein Fähnchen im Wind“, sagte Sauer weiter – das sei für den Posten des Finanzdezernenten durchaus von Vorteil. Dazu habe Köbler immer „ein offenes Ohr, und er ist ein Teamspieler“, betonte Sauer. Von den Parteigremien habe er ein einstimmiges Votum erhalten. Mit Köbler komme eben nicht nur jemand, der finanzpolitische Expertise habe, sondern „den riesigen Vorteil mitbringt, dass er Mainzer ist und als Mainzer in der Stadtgesellschaft gut vernetzt ist“, lobte Umwelt- und Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) den künftigen Stadtvorstandskollegen.

Köbler selbst räumte ein, er habe vor der neuen Aufgabe „ganz großen Respekt“. Er habe aber „seit 2010 ganz eng“ mit Günter Beck zusammengearbeitet, gerade auch bei den Themen Haushaltskonsolidierung und städtische Beteiligungen. „Gerade in diesen Tagen sieht man ja, warum Finanzpolitik einen sehr großen Stellenwert hat“, sagte Köbler, deshalb sei es für die Grünen auch weiterhin wichtig gewesen, das Gestaltungsrecht im Finanzbereich zu behalten. „Uns ist wichtig, dass in Zukunftsprojekte investiert wird, und es immer auch dem Klimaschutz nützt“, betonte er.
Dabei ist der studierte Politikwissenschaftler von Hause aus eigentlich Sozialpolitiker, die Unterstützung „für Menschen, die es nicht so einfach haben mit der sozialen Teilhabe“, sei ihm deshalb besonders wichtig, unterstrich Köbler. Die Aufgabe als Finanzdezernent „reizt mich total“, betonte er, auch zum Thema Sport habe er eine enge Verbindung: Er sei Mitglied in mehreren Sportvereinen und zudem schon lange Mitglied im Kuratorium der Special Olympics Rheinland-Pfalz.
Grüne stellen sich neu auf für die Landtagswahl 2026
Auf die Frage, wie sich der soziale Anspruch mit den gerade erst durch die Grünen drastisch angehobenen Anwohnerparkgebühren vertrage, sagte Köbler, er halte die Anhebung „in der Abwägung für den richtigen Weg.“ Gebühren müssten „immer den Aufwand refinanzieren“, die gebühren für Anwohnerparken seien bisher in Mainz „unfassbar niedrig“ gewesen. „Wir haben jetzt einen Nachholeffekt, jetzt ist es möglich, das anzupassen“, betonte Köbler: „Es ist ein guter Kompromiss zusagen, wir gehen in die Staffelung was die Größe der Autos angeht.“ Wer mehr öffentlichen Raum nutze, solle mehr zahlen müssen.

Köbler betonte, die Entscheidung für den neuen Posten sei führ ihn „erst in den letzten Monaten gefallen“, er freue sich zudem, dass er sein Landtagsmandat fast bis zum Schluss ausüben könne – der Amtswechsel soll also erst im Februar 2026 stattfinden. Gewählt werden soll Köbler aber bereits Ende Mai 2025, das sind genau die neune Monate vor dem Amtswechsel, die die Landesgesetze vorschreiben.
Damit stellen sich die Grünen in Mainz auch gleich neu für die Landtagswahl 2026 auf: Für den Wahlkreis in der Mainzer Neustadt will erneut Familienministerin Katharina Binz antreten, ihre B-Kandidatin wird nun die bisherige Grünen-Kreischefin Christin Sauer. Sollten die Grünen erneut an der Regierung beteiligt sein, hätte Sauer damit gute Chancen auf ein Landtagsmandat. Im Wahlkreis 2 wird erstmals die ehemalige Mainzer Umweltdezernentin und heutige Umweltministerin Katrin Eder antreten – Eder soll auch Spitzenkandidatin der Grünen bei der Landtagswahl werden.
Teresa Bicknell und Christoph Kozubek neue Grünen-Kreischefs
Eders B-Kandidat wiederum soll der Gonsenheimer Ortsvorsteher Josef Aron werden, im dritten Mainzer Wahlkreis tritt hingegen erneut der Grünen-Landtagsabgeordnete Fabian Ehmann an. Der bisherige Grünen-Kreischef Jonas König wiederum könnte Daniel Köbler als Fraktionschef im Mainzer Stadtrat beerben – König und Sauer waren bei der jüngsten Vorstandswahl der Mainzer Grünen am 13. März nicht mehr als Vorsitzende angetreten.

Stattdessen wählten die Grünen Teresa Bicknell und Christoph Kozubek als neues Vorsitzendenduo. Die 31 Jahre alte Bicknell ist gebürtige Mainzerin und wohnt in Mainz-Weisenau, beruflich arbeitet sie in der Pressestelle des Familienministeriums unter Katharina Binz. Bicknell hat in den Niederlanden Internationale Entwicklung studiert, lehrte aber vor sechs Jahren nach Mainz zurück und wurde dann Mitglied der Grünen. Bei der Kommunalwahl 2024 zog sei in den Mainzer Stadtrat ein, ihre Themen sind Kultur, Integration und Flüchtlinge.
Der 35 Jahre alte Christoph Kozubek wiederum stammt aus Bad Nauheim und kam vor knapp 16 Jahren zum Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie nach Mainz. „Ich habe mich in die Stadt verliebt, die Liebe meines Lebens gefunden und geheiratet“, berichtete er. Seit 15 Jahren lebe er jetzt in der Mainzer Altstadt und gründete dort das Unternehmen Mainz Citytours. „Wir Grünen haben uns bei der Kommunalwahl 2024 in einem herausfordernden Umfeld behauptet und sind wieder stärkste Kraft in Mainz“, betonte Kozubek, das sei „ein klares Zeichen, dass die Bürger ihr Vertrauen weiter in uns setzen und unsere Themen gut angekommen sind.“
Auch künftig setzten die Grünen auf eine Verkehrswende, auf soziale Gerechtigkeit und zukunftsfähige Stadtentwicklung, sagte Kozubek weiter. Mainz solle ein Ort sein, „in dem alle gut leben können, unabhängig vom Einkommen.“ Im kreisverband gelte es nun, „die Strukturen besser aufzustellen“, schließlich seien die Grünen seit Herbst 2024 enorm gewachsen: Gerade habe der kreisverband das 1.001nste Mitglied begrüßen dürfen.
Info& auf Mainz&: Mehr zur Kenia-Koalition und ihren Zielen könnt Ihr noch einmal ausführlich hier bei Mainz& nachlesen.