Man glaubt es kaum, aber das Lüften von Bettwäsche kann tatsächlich ein Fall für die Gerichte werden. In diesem Fall jedoch gibt es „gute Nachrichten für Frau Holle“, wie jetzt der Hausbesitzerverband Haus & Grund mitteilte: Das Lüften der Bettwäsche am Fenster ist erlaubt – das Ausschütteln des Bettes allerdings kann schon wieder eine Belästigung der Nachbarn darstellen. Weil der Fall so skurril ist, dokumentieren wir im Folgenden die Pressemitteilung im Wortlaut:

Mother Holle und das fleißige Mädchen, Illustration von Otto Kubel - Quelle: gemeinfrei via Wikipedia
Mother Holle und das fleißige Mädchen, Illustration von Otto Kubel – Quelle: gemeinfrei via Wikipedia

„Wenn Frau Holle heute noch leben würde, hätte sie womöglich den Anwalt ihrer Nachbarn am Hals, denn das tägliche Ausschütteln des Bettes dürfte den ein oder anderen Mitbewohner durchaus stören“, berichtet der Eigentümerverband Haus & Grund: „Wer aber seine Kopfkissen und Bettwäsche nur zum Lüften auf den Fenstersims legt, der darf das nach richterlichem Beschluss durchaus tun.“ Auf diese Rechtsprechung (LG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Dezember 2023 – 11 S 85/21) im nachbarschaftlichen Miteinander von Mietern wie Eigentümern in Mehrparteienhäusern weist Rechtsanwalt Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor des rheinland-pfälzischen Landesverbandes von Haus & Grund, hin.

Vor Gericht stand im Übrigen nicht die Märchengestalt Frau Holle, sondern Eigentümer einer Wohnung im vierten Obergeschoss einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die von Wohnungsbesitzern im Erdgeschoss gerichtlich gezwungen werden sollten, ihre Bettwäsche nicht mehr am offenen Fenster zu lüften. Die Kläger trugen vor, dass dies unhygienisch sei, weil dadurch Staub und Haare in die Parterrewohnung eindringen können. Ferner verstoße das Lüften gegen die Hausordnung, in der festgehalten ist, dass aus den Fenstern nichts geworfen, geschüttet und geschüttelt sowie keine Wäsche aufgehängt werden darf. In erster Instanz gab das Amtsgericht dem Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten noch statt.

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Gericht: Lüften der Bettwäsche „übliches, sozialadäquates Verhalten“

Diese Entscheidung wurde jedoch vom Landgericht Karlsruhe wieder aufgehoben, eine Berufung hat die Kammer einstimmig abgelehnt. Die Richter am Landgericht begründeten dies in ihrem Beschluss vom 4. Dezember 2023 damit, dass „das Auslegen von trockener Wäsche am geöffneten Fenster zum Zwecke des Auslüftens keinen erheblichen Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer darstellt“. Vielmehr sieht die Kammer darin „nach objektiver Betrachtung ein in vielen Haushalten übliches und sozialadäquates Verhalten“. Anders zu beurteilen wäre beispielsweise das Aufhängen feuchter Stoffe, um sie trocknen zu lassen.

Wohnhäuser am Winterhafen in Mainz: Bettenlüften erlaubt, Rücksicht geboten. - Foto: gik
Wohnhäuser am Winterhafen in Mainz: Bettenlüften erlaubt, Rücksicht geboten. – Foto: gik

Im Streitfall legen die Beklagten seit 30 Jahren schon ihre Bettwäsche lediglich zum morgendlichen Lüften ins Fenster, ohne diese auszuschütteln. Daher, so das Gericht, können auch keine losen Teile oder Staub in die Wohnung der Kläger gelangen. Auch verstoße das bloße Auslegen der Bettwäsche am Fenster nicht gegen die Hausordnung. Selbst wenn rein hypothetisch, etwa durch Wind, kleine Schmutzpartikel oder ähnliches herunterrieseln würde, so seien das ganz geringfügige Beeinträchtigungen, die zu dulden sind.

Das Urteil bezieht sich zwar auf einen Streit innerhalb einer Eigentumswohnanlage, die inhaltlichen Aussagen des Urteils zum Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme greifen laut Haus & Grund-Experte Schönfeld aber auch bei einem normalen Mietshaus, das heißt zwischen den dortigen Bewohnern. Mieter können sich deshalb in der Regel auch nicht bei ihrem Vermieter wegen einem solchen Verhalten anderer Hausbewohner erfolgreich beschweren oder womöglich die Miete mindern.