Die Dienstaufsicht ADD hat nach dem Nachtragshaushalt für 2024 nun auch den Haushalt der Stadt Mainz fü5r 2025 gekippt: In einem Schreiben, das am Dienstag bei der Stadt Mainz einging, wurde der Haushalt global beanstandet, sagte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) am Mittwoch in Mainz. Damit steht die Landeshauptstadt nun unter vorläufiger Haushaltsführung, bis Ende Mai will Haase nun einen neuen Haushalt aufstellen. Damit rückt erneut eine Anhebung der Grundsteuer in den Blick.

Bereits im August 2024 hatte die Kommunalaufsicht ADD in Trier den Nachtragshaushalt der Stadt Mainz für 2024 gekippt, und ihre Schreiben mit scharfer Kritik an der Finanzplanung der Stadt versehen. Mainz stand auf einmal vor einem tiefen Haushaltsminus, das auch viele Stadträte überraschte – die konkreten Zahlen hatte Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) erst nach der Kommunalwahl Anfang Juni vorgelegt, was für scharfe Kritik und Vorwürfe der Täuschung führte.
Auch bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2025 hatte Beck darauf hingewiesen, dass die finanziell goldenen Zeiten für die Landeshauptstadt vorbei seien: Die Stadt müsse sparen und Steuern sowie Gebühren erhöhen, sonst werde die ADD den Haushalt erneut nicht genehmigen. So kam es jetzt auch: Am Dienstag ging bei der Stadtspitze ein Schreiben der ADD ein, in dem die Dienstaufsicht das Finanzwerk für das Jahr 2025 global beanstandete – und damit den Haushalt faktisch kippte.
Haase: Strukturelle Unterfinanzierung von mehr als 200 Millionen
In dem neuen Schreiben, das Mainz& vorliegt, kritisiert die ADD vor allem, die Stadt habe keinen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt, das ist unzweifelhaft wahr: Die Stadt hatte einen Haushalt beantragt, der ein Minus von rund 134 Millionen Euro aufwies, das sah die ADD nicht als genehmigungsfähig an. Auch für die Folgejahre hatte die Stadt ein sattes Minus von 147 Millionen Euro für 2026, von rund 160 Millionen Euro für 2027 und von rund 182 Millionen Euro für 2028 angegeben, damit verstoße die Stadt gegen das Gebot des Haushaltsausgleichs, rügte die ADD.

Bei der Stadt nahm man die Beanstandung vergleichsweise gelassen: „Stand jetzt wurden in allen Oberzentren in Rheinland-Pfalz – darunter Worms, Speyer, Koblenz und Kaiserslautern – alle Haushalte von der ADD global beanstandet“, sagte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, und betonte: „Wir laufen auf eine globale Finanzkrise der Kommunen zu, und sie entfaltet sich gerade in Echtzeit vor uns.“ Die kommunalen Haushalte litten unter einer strukturellen Unterfinanzierung, die sie nicht zu verantworten hätten und nicht kompensieren könnten.
Die Gründe seien vielfältig, betonte Haase: Zum einen sei die Gesetzgebung immer komplexer geworden, so dass die Kommunen immer mehr Personal zur Bewältigung von Aufgaben einstellen müssten. Dazu komme eine erhebliche Unterdeckung für soziale Aufgaben, die Bund oder Land den Kommunen zugewiesen, aber nicht ausreichend refinanziert haben. Allein diese Unterdeckung mache in Mainz pro Jahr mehr als 200 Millionen Euro aus, betonte Haase – alleine damit wäre das Mainzer Defizit ausgeglichen.
Mainz drohen jetzt „schmerzhafte Einschnitte“
„Die Kommunen leisten ein Viertel aller staatlichen Leistungen, erhalten aber nur ein Siebtel der Einnahmen“, rechnete Haase vor. Dazu aber fehlende Mainz derzeit auch erhebliche Summen an Schlüsselzuweisungen des Landes Rheinland-Pfalz. weil die Stadt seit dem kurzfristigen Milliardeneinnahmen durch BionTech noch immer als Geberkommune im Kommunalen Finanzausgleich gilt. Die Gewerbesteuereinnahmen brachen zuletzt aber ein, dazu fehlten der Stadt als Geberkommune noch immer rund 100 Millionen Euro, sagte Haase weiter.

Tatsächlich hatte die Stadt Mainz in ihrem Haushaltsplan für 2025 erstmals detailliert vorgerechnet, wie hoch die Fehlbeträge im Bereich Soziale Sicherung inzwischen sind: Demnach muss die Stadt Mainz für Bereiche wie Jugendarbeit, Kitas , Betreuungsleistungen, Unterhaltsvorschüsse, Eingliederungshilfen, Hilfen für Asylbewerber und Grundsicherung für Arbei6tssuchende 2025 voraussichtliche rund 288 Millionen drauflegen, 2026 werden es den Prognosen zufolge sogar rund 304 Millionen Euro Defizit aus diesen Bereichen sein.
Die Stadt habe die Entwicklung in Sachen Haushalt aber „in den vergangenen Wochen kommen gesehen“ und sich vorbereitet, betonte Haase zugleich: „Wir wissen, dass wir uns auf weitere Konsolidierungsmaßnahmen einstellen müssen.“ Das könne „schmerzhafte Einschnitte bedeuten“, warnte der Oberbürgermeister. Die Dienstaufsicht müsse aber auch anerkennen, dass „die kommunalen Hausaufgaben“ allein die systemische Probleme nicht komplett kompensieren könnten.
Kommt jetzt doch die Anhebung der Grundsteuer B?
Bereits Ende 2024 hatte die Stadtspitze eine umfangreiche Liste mit Einsparvorschlägen und Gebührenanhebungen vorgelegt, die im Januar 2025 vom Stadtrat zum Großteil beschlossen wurde. Zu den Maßnahmen gehören unter anderem die Anhebung der Gewerbesteuer und der Vergnügungssteuer, höhere Standgebühren bei städtischen festen wie der Mainzer Johannisnacht, aber auch die Anhebung der Anwohnerparkgebühren oder der Kosten für das Mittagessen in städtischen Kitas.

Gekippt hatte der Stadtrat indes einen Vorschlag von Finanzdezernent Günter Beck (Grüne), die Grundsteuer B auf einen Hebesatz von 600 Punkten anzuheben – für die Stadt hätte das Mehreinnahmen von 20 Millionen Euro gebracht. Doch die mitregierende CDU legte dagegen ihr Veto ein, belastet doch die neue Grundsteuerreform das Wohnen in Mainz bereits ohnehin: Die Stad6t beließ den Hebesatz bei 480 Punkten, damit nimmt Mainz durch die Grundsteuerreform bereits von den 20 Millionen Euro rund 8 Millionen Euro mehr im Jahr ein.
Nun brachte Beck die Anhebung der Grundsteuer B auf 600 Punkte wieder ins Spiel: „Die ADD erwartet, dass hier eine Bewegung erfolgt“, die Dienstaufsicht erwarte, dass alle Einnahmeverbesserungen angestrebt würden, betonte Beck am Mittwoch. Tatsächlich nennt die ADD auch explizit die 600 Punkte, merkt dazu aber auch an: Der Landesgesetzgeber könne zwar einen Höchsthebesatz für die Grundsteuer festlegen, habe das aber nicht getan. Steuern dürften zwar generell „keine ‚erdrosselnde‘ Wirkung haben“, einer Anhebung des Grundsteuersatzes auf 600 Punkte stehe „rechtlich nichts entgegen“.
Haase: Grundsteuer zwischen Wohnen und Gewerbe splitten
Damit aber fordert die ADD die Anhebung auf 600 Punkte nicht explizit. Wohl aber mahnt die Dienstaufsicht eine „größtmögliche Kräfteanspannung“ bei Einsparungen im Haushalt an, um die Fehlbeträge wenigstens so gering wie möglich zu halten – das lässt erkennen, dass die ADD auch nicht von einem komplett ausgeglichenen Haushalt ausgeht. „Man hat uns ein bisschen mehr Verständnis entgegengebracht als vorher“, sagte denn auch Haase zu den Gesprächen mit der ADD. Die Dienstaufsicht verkenne nicht, dass die Stadt mit ihren Finanzen „Einflüssen unterliegt, auf die sie keinen Einfluss hat“ – und dass sie „die meisten Haushalte defizitär genehmigen muss.“

Der OB brachte denn auch statt einer pauschalen Anhebung der Grundsteuer B für alle die Möglichkeit einer gesplitteten Grundsteuer zwischen Wohnen und Gewerbe ins Spiel – diese Möglichkeit hatte das Land Rheinland-Pfalz erst in diesem Jahr nach massiver Kritik an den Auswirkungen der Grundsteuerreform ermöglicht. Diese neue Grundsteuer C für Gewerbegrundstücke eröffne verschiedene Möglichkeiten und könne Verbesserungen für den Haushalt bringen, sagte Haase.
Generell gelte es jetzt aber, im städtischen Haushalt Prioritäten zu setzen, das gelte vor allem für Investitionen: „Wir müssen uns auf eine Höchstgrenze bei investiven Maßnahmen zubewegen, das hatte ich ja vergangenes Jahr schon betont“, unterstrich Haase: „Wir haben uns dahin bewegt, sind aber noch nicht da.“ Tatsächlich weist die Stadt jedes Jahr enorme Summen für investive Maßnahmen wie Neubauten bei Schulen und Kitas aus, von die aber meist gar nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen werden.
Stadtrat soll neuen Haushaltsentwurf schon im Mai beschließen
Dazu fordert die ADD nun, eine Rücklage im städtischen Haushalt in Hohe von fast 50 Millionen Euro für den Kommunalen Finanzausgleich aufzulösen, da Mainz keine Geberkommune mehr sein wird. Ein Problem ist zudem, dass Mainz durch seine sprudelnden Steuereinnahmen der Vorjahre aus Genehmigungsverfahren für Finanzzuweisungen herausgefallen ist – so hatte erst Ende 2024 eine Gewerbesteuernachzahlung in Höhe von rund 75 Millionen Euro zwar den städtischen Haushalt nahezu ausgeglichen, zugleich aber die Berechtigung der Stadt für neue Finanzhilfen des Landes erneut nach hinten verschoben.
Haase sagte weiter, die Stadtspitze wolle nun in den kommenden Wochen den städtischen Haushalt erneut nach möglichen Änderungen durchforsten. Das Ziel sei, möglichst schnell einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen – Haase zufolge soll den schon Ende Mai der Stadtrat beschließen.
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