Kometen gelten ja als Schicksalskünder, ihr Auftauchen hat seit jeher die Menschheit fasziniert und inspiriert. Im Oktober schaut nun ein junger Vertreter seiner Gattung erstmals in der Nähe der Erde vorbei: Komet Tsuchinshan-ATLAS wird am 12. Oktober mit etwa 70 Millionen Kilometern die größte Annäherung an die Erde erreichen, und damit auch in Mainz zu sehen sein. Die Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz lädt zu dem Anlass zu einem Vortrag über Kometen sowie am Astronomietag am 19. Oktober zur Beobachtung des kosmischen Gastes.

Komet Tsuchinshan-ATLAS von der ISS aus fotographiert von Astronaut Matthew Dominick, 99,4 Millionen Meilen von der Erde entfernt. - Foto: NASA/ Matthew Dominick
Komet Tsuchinshan-ATLAS von der ISS aus fotographiert von Astronaut Matthew Dominick, 99,4 Millionen Meilen von der Erde entfernt. – Foto: NASA/ Matthew Dominick

Kometen geben Einblicke in unser Sonnensystem, die Analyse ihrer Gesteinsarten und Zusammensetzung ist für Wissenschaftler hochinteressant, könnte sie doch Antwort geben auf Fragen wie: Wie das Leben auf der Erde entstanden? Wie sind organische Verbindungen auf die junge Erde gelangt? Wurden sie möglicherweise durch Kometen transportiert? „Es wird auch diskutiert, ob das Wasser auf der Erde durch Kometen und Asteroiden geliefert wurde“, berichtet Hristina Heinen von der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft (AAG), die das Thema der Kometen im Oktober in den Mittelpunkt stellt.

Der Anlass: Aktuell passiert ein Komet unser Sonnensystem und nähert sich unserer Erde – am 12. Oktober wird er mit etwa 70 Millionen Kilometern die größte Annäherung erreichen. „Tsuchinshan-ATLAS“ heißt der Himmelsbote, der erst am 9. Januar 2023 von Wissenschaftlern auf Aufnahmen eines Teleskops in China entdeckt wurde. Im Nachhinein stellte man dann fest: Der Komet war 2022 auch schon in Hawaii, in Chile und in Kalifornien vorbeigeflogen, Wissenschaftler nennen ihn einen der spannendsten Kometen derzeit – auch, weil er bald wohl mit bloßem Auge von der Erde aus zu sehen sein wird. Zuletzt war das übrigens im Juli 2020 mit Komet „Neowise“ der Fall – mitten in der Corona-Pandemie.

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„Tsuchinshan-ATLAS“ ab 10. Oktober mit bloßem Auge zu sehen

„Aufgrund der großen Entfernung war der Komet zunächst nur für professionelle Sternwarten und versierte Amateurastronomen beobachtbar“, heißt es beim Haus der Astronomie: „Während seiner Annäherung an die Sonne war er nur mit optischen Hilfsmitteln erreichbar.“ In dieser Zeit habe Tsuchinshan-ATLAS allerdings den für Kometen charakteristischen Schweif entwickelt. Am 27. September 2024 erreichte der Komet nun den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn, war aber danach im horizontnahen Dunst in Deutschland praktisch nicht zu sehen.

In Chile war Komet Tsuchinshan–ATLAS bereits am Morgen des 25. September 2024 klar und deutlich zu sehen. - Foto von CTIO NOIR Lab NSFAURA C. Corco
In Chile war Komet Tsuchinshan–ATLAS bereits am Morgen des 25. September 2024 klar und deutlich zu sehen. – Foto von CTIO NOIR Lab NSFAURA C. Corco

Das soll sich nun aber ändern: In den ersten Oktobertagen wird der Komet wohl immer klarer am Himmel zu sehen sein. Dabei könnte der Schweif des Kometen kurz vor dem Morgengrauen hoch im Osten am Himmel zu sehen sein, informiert die AAG Mainz. Der Kometenkopf selbst könnte zu Beginn der Dämmerung noch für kurze Zeit als heller Punkt nahe dem Horizont sichtbar sein, während der Schweif bereits im zunehmenden Tageslicht verblasst. Ab dem 5. oder 6. Oktober wird Komet Tsuchinshan-ATLAS dann für ein paar Tage unsichtbar, weiß man bei BR 24: Wie der Neumond wandert er zwischen Erde und Sonne hindurch, um anschließend abends im Westen wieder aufzutauchen.

„Ab dem 10. Oktober verlagert sich das Schauspiel auf den Abendhimmel im Westen“, sagt auch Hristina Heinen: Nach Sonnenuntergang könnte der Komet für kurze Zeit als heller Punkt am Horizont erscheinen, während sein Schweif in der Dämmerung sichtbar wird.“ Bei gutem Wetter könnten dann auch Teile des Kometenschweifs mit bloßem Auge nach Sonnenuntergang am Abendhimmel über dem Westhorizont sichtbar werden. „Am 11. Oktober könnte es erstmals gelingen, den Kometen vollständig in der Abenddämmerung tief im Westen zu beobachten“, sagt Heinen.

Beste Sichtbarkeit des Kometen wohl am 12. und 13. Oktober

Die beste Sichtbarkeit werde sich voraussichtlich am 12. oder 13. Oktober ergeben, da der Komet jeden Tag etwas höher steigt und damit später untergeht, dabei gleichzeitig aber auch wieder lichtschwächer wird, da er sich von Sonne und Erde entfernt. Dennoch könnte der Komet Mitte Oktober bei seiner größten Annäherung an die Erde möglicherweise sogar so hell werden, dass er mit bloßem Auge auffällt. „Sein Kern wird etwa zwei Stunden nach Sonnenuntergang untergehen, aber der Schweif könnte noch etwas länger sichtbar bleiben“, sagt Heinen. Danach werde der Komet langsam verblassen und wahrscheinlich ab Mitte November nicht mehr ohne Hilfsmittel zu sehen sein.

Vollmond über den Feldern von Klein-Winternheim: Ausblick an der Sternwarte der AAG. - Foto: AAG
Vollmond über den Feldern von Klein-Winternheim: Ausblick an der Sternwarte der AAG. – Foto: AAG

Wer sich selbst die Suche nicht zutraut, oder einfach gerne mit Hilfe von Experten auf Entdeckungsreise gehen möchte: Am Samstag, dem 19. Oktober 2024, ist Astronomietag, dann laden Sternwarten, Vereine, Planetarien, Forschungsinstitute, Museen und Schulen bundesweit dazu ein, den Kometen zu beobachten – klarer Himmel vorausgesetzt. Das gilt auch die die Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz: „Sofern das Wetter es zulässt, bieten wir am Samstag, den 19. Oktober 2024, einen Beobachtungsabend in der Paul-Baumann-Sternwarte in Klein-Winternheim an“, informiert Heinen.

Die kleine Sternwarte am Feldrand bietet unter anderem ein Hochleistungs-Teleskop, die Besucher haben zudem die Möglichkeit, bei klarem Himmel den Kometen durch die Ferngläser der AAG live zu erleben. „Wir stehen als Hobbyastronomen zur Verfügung und beantworten gerne Fragen zum Universum“, sagt Heinen. Zudem plant die AAG kurzfristig noch im Oktober einen Vortrag zu Kleinkörpern des Universums mit Dirk Rensink von der AAG in der Aula der Anne-Frank-Schule. Zentrale Themen des Vortrags werden sein, was Kometen überhaupt sind, warum sie als Zeitkapseln betrachtet werden können und welche spannenden Weltraummissionen bisher neue Erkenntnisse geliefert haben.

„Junger“ Komet oder zuletzt vor 80.000 Jahren hier?

Und warum ist Tsuchinshan-ATLAS nun ein „junger Komet“? Nun, das liegt wohl vor allem an seinem Entdeckungszeitpunkt vergangenes Jahr. Derzeit sei „die erste Passage des Kometen durch das innere Sonnensystem zu beobachten“, sagt Heinen – der weitere Verlauf seiner Umlaufbahn könne noch nicht genau vorhergesagt werden. „Basierend auf den bisherigen Beobachtungsdaten ist es sogar nicht auszuschließen, dass er bei seiner ersten Umrundung der Sonne komplett zerfällt“, heißt es bei der AAG.

Komet Tsuchinshan-ATLAS am 22. September 2024 von der International Raumstation ISS aus gesehen. - Foto NASA
Komet Tsuchinshan-ATLAS am 22. September 2024 von der International Raumstation ISS aus gesehen. – Foto NASA

Zerfalle Tsuchinshan-ATLAS nicht, werde er in die äußeren Bereiche des Sonnensystems zurückkehren und könnte sogar das Sonnensystem verlassen. „Möglicherweise haben wir also nur diese eine Chance, ihn zu beobachten“, sagt Heinen. Sein Ursprung wird in der sogenannten Oortschen Wolke vermutet, die jenseits der Umlaufbahn des Neptun liegt. Beim österreichischen „Standard“ spekuliert man deshalb, dass Tsuchinshan-ATLAS das letzte Mal vor rund 80.000 Jahren in Erdnähe unterwegs war – das wäre dann zu Zeiten der Neandertaler gewesen.

Info& auf Mainz&: Nähere Details zur Kometenbeobachtung bei der AAG Mainz sowie zum genauen Datums des Kometen-Vortrags findet ihr hier im Internet. Am 19. Oktober ist die Beobachtung in Klein-Winternheim von 19.30 Uhr bis Mitternacht geplant. Mehr Details zum Kometen selbst findet Ihr hier bei Wikipedia, von dort stammen auch die Fotos in diesem Artikel.