Gegen die Schließung der Martinus-Grundschulen durch das Bistum Mainz formiert sich immer mehr Widerstand: Am Donnerstag übergaben Elternvertreter der Martinusschule Gonsenheim knapp 700 Unterschriften gegen die Schließung ihrer Schule an Bischof Peter Kohlgraf persönlich. Vor wenigen Wochen hatte auch die Martinusschule in der Altstadt mit einer Demonstration gegen die Schließung ihres Grundschulzweigs protestiert. Das Bistum aber hält weiter an den Schließungsplänen fest: „Ich muss es allerdings unmissverständlich sagen: Es gibt keinen anderen Weg“, unterstrich Kohlgraf schon Ende Oktober in einem Bischofsbrief.
Ende September hatte das Bistum Mainz überraschend angekündigt, vier seiner Schulen in Mainz abzugeben oder zu schließen, darunter den Grundschulzweig der Martinusschule in der Altstadt sowie die Martinus-Grundschule in Mainz-Gonsenheim. „Für Eltern, Großeltern, Schülerinnen, Schüler, Ehemalige und Freunde, Lehrer und Lehrerinnen war das ein großer Schock“, heißt es beim Verein „Rettet die Martinusschule“: Wegen der Entscheidung des Bistums herrschten seither „Unsicherheit, Ungläubigkeit, aber auch großes Unverständnis vor.“ Die Martinus-Schule Gonsenheim existiere seit 50 Jahren, das Jubiläumsjahr 2020 werde nun nicht nur von der Corona-Pandemie überschattet.
Die Eltern und Mitglieder der Unterstützergruppe kritisieren, dass mit der Schulschließung das Bistum auch einen wichtigen „Draht“ zu den Gläubigen aufgibt. Ausgerechnet bei den Kindern zu sparen, sei der größte Fehler, den die Kirche machen könne, kritisieren die Eltern in einem Offenen Brief an das Bistum: „Damit gibt die Kirche ihre Zukunft auf.“ Viele der heutigen Eltern „haben durch die Martinus-Schule Gonsenheim erst den Zugang zur Kirche gefunden und sind nachhaltig geprägt worden“, schreiben die Verfasser: „Viele von uns sind dadurch gerne Kommunionkinder, Ministranten oder später Aktive in der Jugendarbeit geworden oder haben sich, als sie selbst Eltern wurden, dazu entschieden, auch ihre Kinder christlich zu erziehen.“
Die Schule in Gonsenheim zeichne sich zudem durch eine besonders gute Schulgemeinschaft aus, argumentieren die Eltern weiter. „Wir sind stolz auf unsere Schule und auch dankbar, dass es sie gibt. Wir hoffen sehr, dass noch möglichst viele Kinder in den Genuss kommen, hier lernen und groß werden zu dürfen“, heißt es in dem Offenen Brief. Am Donnerstag wurden Bischof Kohlgraf deshalb knapp 700 Unterschriften für den Erhalt der Schule übergeben. „Wir möchten Sie bitten, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken“, heißt es in dem Begleitbrief.
Doch die Chancen dafür stehen schlecht: Kohlgraf wies bereits Ende Oktober in einem „Wort des Bischofs“ ein Umdenken zurück. „Ich muss es allerdings unmissverständlich sagen: Es gibt keinen anderen Weg“, betonte Kohlgraf, und fügte hinzu: „Mir ist bewusst: Es ist ein Einschnitt, der weh tut.“ Ihm und anderen Verantwortlichen sei die Tragweite der Planungen sehr bewusst, zumal er selbst selbst neun Jahre lang an katholischen Schulen tätig gewesen sei. „Ich kenne den Wert dieser Schulen und das Engagement vieler“, sagte Kohlgraf: „Die Not und die Fragen, die Trauer und die Sorgen nehme ich sehr ernst.“
Die finanzielle Lage des Bistums sei aber so gravierend schlecht, dass ihm als neuem Bischof schnell klar geworden sei: „So kann es nicht weitergehen. Noch wenige Jahre, und wir würden nicht nur über Schließung einzelner Einrichtungen reden, sondern über den finanziellen Bestand des Bistums überhaupt.“ Und der Schulbereich stelle nun einmal neben den Pfarreien „den größten Brocken im Haushalt“ dar, schreibt Kohlgraf weiter – trotzdem werde das Bistum Mainz weiterhin 13 Schulen behalten.
Und der Mainzer Bischof verband sein Nein mit deutlichen Worten: „Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt und wird weiter sinken (…) In großer Zahl verlassen Menschen die Kirche, jeder und jede kennt jemanden. Jedes Jahr betonen Bischöfe darüber ihre Betroffenheit“, schreibt Kohlgraf – doch offenbar sei den meisten nicht klar gewesen: Das werde auch Konsequenzen haben. „Ist denjenigen, die austreten, immer bewusst, dass sie damit auch „Nein“ sagen zum kirchlichen Engagement in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen?“, schreibt Kohlgraf.
Studien zeigten, die Säkularisierung in der Gesellschaft werde nicht aufzuhalten sein, was diese Entwicklung für die ganze Gesellschaft bedeute, müsse abgewartet werden. „Es wird kein Spaziergang werden“, warnt Kohlgraf, und kritisiert zugleich die Protestplakate mit der Aufschrift, ohne die katholischen Schulen sei der Glaube in Gefahr oder „sterbe“ gar. „Wo Eltern mit ihren Kindern den Glauben leben, können wir mit unseren Schulen wichtige Unterstützung leisten“, betonte Kohlgraf. Aber die Grundlagen würden „zu Hause gelegt, fehlende häusliche Praxis kann durch Schule, Katechese usw. nicht ersetzt werden.“ Dass katholische Schulen „eine lebenslange kirchliche Bindung ihrer Schülerinnen und Schüler garantiert – dies scheint mir nur ein Teil der Realität zu sein.“
Die Eltern nahmen das mit Unverständnis auf: „Sie haben Unrecht, lieber Herr Bischof“, kommentierte ein Vater auf Facebook. In Gonsenheim wurde inzwischen der Verein „Zukunftswerkstatt Martinus-Schule Gonsenheim e.V.“ gegründet, der sich den Themen Trägerkonstruktionen von Schulen, Finanzen und pädagogische Konzepte widmen und für den Erhalt der Schule kämpfen will. Das Bistum will die Schule in die Trägerschaft der Stadt Mainz übergeben.
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Schulschließungen und der Finanzlage des Bistums Mainz lest Ihr hier bei Mainz&. Die ganze Stellungnahme von Bischof Kohlgraf könnt Ihr hier auf der Seite des Bistums nachlesen. Den Verein Zukunftswerkstatt Martinus-Schule Gonsenheim findet Ihr hier im Internet.