Das Nachdenken über ein neues Gutenberg-Museum hat begonnen, und es geht durchaus intensiv dabei zu. Beim ersten Runden Tisch nach dem Bürgerentscheid gingen Vertreter der Stadt sowie der Bürgerinitiative Gutenberg Museum aufeinander zu, man habe in sehr konstruktiver Atmosphäre Ideen und Ansätze ausgetauscht, hieß es danach. Mehr noch: Die BI Gutenberg Museum präsentierte Vorschläge für eine Online-Plattform für Bürgerbeteiligung in Mainz und schlägt vor, Gutenberg zu einer echten Marke für die ganze Stadt weiter zu entwickeln. Derweil wollen die Freien Wähler auch neue Standorte für ein neues Museum prüfen lassen und stellen am Mittwoch einen entsprechenden Antrag im Stadtrat. Am morgigen Dienstag, den 19. Juni. lädt die Bürgeriniative Gutenberg Museum nun zur öffentlichen Diskussion unter dem Motto: Quo Vadis Gutenberg?“, am Mittwoch laden die Freien Wähler ein, über das Thema Bürgerbeteiligung nachzudenken.

Neuer Schwung für Gutenberg Museum: die Arbeit an einem neuen Anlauf hat bereits begonnen. – Foto: gik

Gut einen Monat nach dem für die Stadtspitze verheerenden Bürgerbegehren hatte die Bürgerinitiative Gutenberg Museum zu einem Runden Tisch geladen. Gekommen waren neben Vertretern der BI und der Mainzer CDU – darunter auch Johannes Gerster – unter anderem Oberbürgermeister Michael Ebling sowie Baudezernentin Marianne Grosse (beide SPD). Museumsdirektorin Annette Ludwig musste hingegen wegen eines anderen Termins absagen.

„Es war ein sehr konstruktives, offenes Gespräch, man ist bereit, aufeinander zuzugehen“, sagte danach BI-Gründer Thomas Mann auf Mainz&-Anfrage: „Wir haben ein neues Kapitel in der Kommunalpolitik, der Bürgerbeteiligung und des Umgangs miteinander aufgeschlagen.“ Er habe vor zweieinhalb Jahren bereits einen solchen Runden Tisch zum Austausch gefordert, „das haben wir nun erreicht, darauf bin ich stolz“, betonte Mann. Die BI habe „schon den Eindruck, dass die Stadtspitze ihre Lehren aus dem klaren Bürgerentscheid gezogen hat und auch weiß, dass dabei eine grundlegende Unzufriedenheit mit der Beteiligung der Bürger in der Mainzer Stadtplanung eine wesentliche Rolle spielte.“

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Der Abend diente aber nicht nur zum Austausch, auch über ein Finanzierungskonzept sowie einen Standort für ein neues Museum wurde geredet. Die Stadt habe die Zusage gegeben, dass ein neues Museum nicht mehr auf dem Liebfrauenplatz gebaut werde, sagte der Fraktionschef der Freien Wähler im Mainzer Stadtrat, Kurt Mehler, gegenüber Mainz&. In einem Antrag für den Stadtrat an diesem Mittwoch fordern die Freien Wähler, mögliche Standorte für ein Gutenberg Museum im Mainzer Stadtgebiet ergebnisoffen zu prüfen.

Freie Wähler: Standorte prüfen, Schellbau abreißen – und Altstadt rekonstruieren

Die Freien Wähler wollen den Schellbau abreißen und alternativ andere Standorte für ein Gutenberg Museum prüfen lassen. – Foto: gik

„Um alle Möglichkeiten für die Verbesserung der Situation des Gutenberg Museums auszuloten, ist auch die Option eines Neubaus an einem anderen Standort zu berücksichtigen“, heißt es in dem Antrag. Die Strahlkraft des Gutenberg Museums dürfe nicht „durch Engstirnigkeit und Alternativlosigkeit in baulicher Hinsicht beschränkt werden“, ein Neubau biete zudem eine gute Möglichkeit, die Mainzer einzubeziehen. Auch einen Abriss des Schellbaus bringen die Freien Wähler ins Gespräch: Das würde „eine neue Möglichkeit für die Wiederherstellung der historischen Mainzer Altstadt nach dem Vorbild von Frankfurt bedeuten“, finden die Freien Wähler, davon könne der Tourismus in Mainz erheblich profitieren. Er spüre in der Stadt „ein Ringen um eine gute Lösung“, sagte Mehler: „Es ist das erste Mal, dass ich die Hoffnung habe, in einem überschaubaren Zeitraum ein gut funktionierendes Gutenberg Museum noch zu erleben.“

Die ÖDP pocht unterdessen vor allem auf eine umfassende Bürgerbeteiligung. „Die Bürger wollen sich konstruktiv beteiligen, diese Botschaft ist vorläufig angekommen – ob das nachhaltig ist, wird die Zeit weisen“, sagte ÖDP-Chef Claudius Moseler gegenüber Mainz&. Die politische Stadtkultur müsse sich grundsätzlich weiter entwickeln, forderte er: Das betreffe den Umgang mit und die Einbeziehung von den Bürgern, aber auch der Umgang mit Minderheitsmeinungen im Stadtrat. „Die Netiquette im Stadtrat müssen wir auch noch einmal ansprechen“, sagte Moseler. Viele kleine Fraktionen im Stadtrat beklagen sich, dass ihre Wortbeiträge und Anträge von den großen Fraktionen nicht ernst genommen und teilweise sogar belächelt werden, das sei kein guter demokratischer Stil.

BI: wie bindend werden Leitlinien der Arbeitswerkstatt?

Die BI fordert nun einen „Zeitplan für die weiteren Meilensteine zur Museumszukunft“, dabei müsse auch einbezogen werden, wie lange die provisorischen Brandschutzmaßnahmen für das Museum ausreichten. Es müssten nun „alle Kräfte in Mainz möglichst zeitnah gebündelt werden, um Gutenberg in Museum und auch der Stadt nachhaltig zu bewahren.“ Der Runde Tisch der BI soll eine einmalige Aktion gewesen sein, nun sei die Stadt mit der vom Stadtrat beschlossenen Arbeitswerkstatt am Zuge. Dezernentin Grosse sagte Mainz&, die Arbeitswerkstatt solle noch vor der Sommerpause das erste Mal zusammentreten.

Es komme nun darauf an, wie genau die Arbeitswerkstatt gestaltet werde, mahnte die BI: Es müsse geklärt werden, inwiefern ihre Leitlinien bindend würden, wie die Arbeitswerkstatt moderierte werde und ob daneben noch online-Möglichkeiten der Beteiligung für die restliche Bürgerschaft integriert werde. „All das entscheidet nun darüber, ob wir eine effiziente und befriedende Form der Bürgerbeteiligung in unserer Stadt etablieren können oder ob die Aussagen aus Verwaltung und Stadtrat nur kurzfristiger Art waren“, heißt es von Seiten der BI.

Die BI will Gutenberg zur Marke für ganz Mainz machen. – Foto: gik

BI präsentiert Ideen für Online-Plattform zur Bürgerbeteiligung und für Gutenberg als Marke

Die BI mahnte aber nicht nur – sie legte auch eigene Vorschläge in zwei Vorträgen auf den Tisch. So präsentierte sie die Idee einer Online-Beteiligungsplattform, auf der die Bürger Ideen einbringen könnten, befragt werden und auch Workshops geplant werden könnten. „Wir haben uns verschiedene Lösungen in anderen Städten wie Mannheim, Heidelberg und Pforzheim angeschaut“, sagte Gregor Knapp von der BI, „uns geht es darum, eine Plattform mit den Bürgern aufzubauen.“ So könnten Probleme an die Verwaltung kommuniziert und Bürger intensiv mit einbezogen werden.

Zudem schlägt die BI vor, Gutenberg als echte Marke für die Stadt zu entwickeln: „Wir haben bei der Diskussion um den Bibelturm erlebt, dass jeder eine eigene Assoziation zu Gutenberg hat, aber es keine richtige Definition, was Gutenberg für die Stadt heißt, für das Museum, die Stiftung und die Universität“, sagte Knapp: „Die Marke Gutenberg muss geschärft werden.“ Er habe daraufhin recherchiert, wie andere Städte mit dem Erbe großer Persönlichkeiten umgingen, und sei auf die Lutherstadt Wittenberg gestoßen. Dort habe die Stadt bereits 2013 begonnen, eine Marke als Lutherstadt zu entwickeln, mit großem Erfolg, sagt Knapp.

„Gutenberg, das war die Befreiung des Wissens von den Schreibstuben der Klöster“, sagt Knapp, dazu habe die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern auch die Form der Konservierung von Wissen in Büchern begründet. „Unser Wissen landet heute in Rechenzentren, verteilt, nicht zugänglich“, sagt Knapp, in 400 Jahren seien da nur noch „lauter Datenträger“ für kommende Generationen über. „Das sind alles Themen, die könnte ein Gutenberg Museum aufgreifen.“ Auch gebe es viele Parallelen zur Zeit Gutenbergs selbst: die Revolution des Wissens, der Umbruch einer radikalen Veränderung, aber auch die dadurch ausgelösten Risse in der Gesellschaft. „Das erleben wir heute mit den Smartphones alles selbst wieder“, sagt Knapp: „Warum nicht ein Museum, das genau das dokumentiert?“

Info& auf Mainz&: Wir haben selbstverständlich auch OB Ebling und Dezernentin Grosse um eine Reaktion nach Abschluss des Runden Tisches gebeten, beide wollten aber keine Stellungnahme abgeben. Die BI Gutenberg Museum lädt nun für Dienstag, den 19. Juni um 19.00 Uhr im Haus am Dom zu einer öffentlichen Veranstaltung unter dem Motto: „Quo vadis Gutenberg? – Der Bürgerentscheid als Chance für Neues!“ Dort soll über Finanzierungskonzepte und Standorte für ein neues Gutenberg-Museum sowie über Formen der Bürgerbeteiligung in Mainz diskutiert werden. Auch Gutenberg als Marke sowie neue Formen von Kooperationen und Sponsoring sollen Thema sein. Am 20. Juni laden dann die Freien Wähler von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr zur Veranstaltung „Bürgerbeteiligung – aber wie?“ ins Mainzer Rathaus.

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein