Mainz will mit einer Zweckentfremdungssatzung gegen Wohnungsleerstand und widerrechtliche Dauervermietungen vorgehen, im Februar beschloss der Stadtrat, die Stadtverwaltung möge eine entsprechende Satzung auflegen. Damit will Mainz Dauervermietungen etwa über Plattformen wie AirBNB einen Riegel vorschieben – ob das wirklich gegen die Wohnungsnot hilft, ist umstritten. Experten fordern weiterhin, es müsse vor allem mehr günstiger Wohnraum gebaut werden – und genau das funktioniert offenbar nur mäßig: Mitte Februar kritisierte der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz in seinem Jahresbericht, die Förderprogramme des Landes versagten genau dabei. Besondere Anreize zum Bau preiswerten Wohnraums gebe es nicht, der Bestand an Sozialwohnungen im Land sinke weiter deutlich. Derweil erließ Wiesbaden einen Mietpreisdeckel für seine 9.000 städtischen Wohnungen.

Luxuswohnungen am Mainzer Winterhafen. - Foto: gik
Luxuswohnungen am Mainzer Winterhafen. – Foto: gik

In Mainz ist bislang eine Entspannung am Wohnungsmarkt nicht in Sicht, die Landeshauptstadt gehört inzwischen zu den fünfteuersten Städten der Republik. Und das obwohl in Mainz an allen Ecken gebaut wird. Doch nun sagen auch die Experten des Landesrechnungshofs: gebaut wird vielfach das Falsche. Die Zahl der über die Mietwohnraumförderung gebundenen Sozialwohnungen in Rheinland-Pfalz habe sich von 2006 bis 2016 von mehr als 77.200 auf weniger als 59.800 Einheiten reduziert, heißt es im Jahresbericht des Landesrechnungshofs. Bis 2032 werde der Bestand an Sozialwohnungen voraussichtlich auf knapp 28.000 Einheiten weiter sinken – das sei eine Halbierung. Gleichzeitig gebe es gerade in Ballungsräumen eine hohe Nachfrage nach preiswerten Ein- und Zweizimmerwohnungen, gebaut würden die jedoch meist nicht.

In Mainz wurde der Abbau von Sozialwohnungen zwar gestoppt, doch einen deutlichen Zuwachs gibt es bislang nicht. So bilanzierte das Institut der Wirtschaft in Köln in einer im Juli 2019 vorgelegten Studie, Mainz habe in den Jahren 2016 bis 2018 nur 72 Prozent der Wohnungen gebaut, die pro Jahr eigentlich nötig gewesen wären, um den Bedarf zu decken. Dass dabei oft auch eher Luxuswohnungen statt Sozialwohnungen gebaut werden, könnte auch an den Förderprogrammen des Landes liegen, sagt der Landesrechnungshof: So wurden zwar von 2012 bis 2018 fast 244 Millionen Euro an Kreditmitteln für die soziale Mietwohnraumförderung bewilligt, das sei aber lediglich ein Drittel der bereitgestellten Kreditvolumina sowie der Fördermittel des Bundes und des Landes gewesen, kritisiert der Rechnungshof. Die Zahl der tatsächlich geförderten Wohnungen sei so hinter den geplanten Zahlen deutlich zurückgeblieben: Von 2012 bis 2018 seien statt geplanten 17.250 geplanten Sozialwohnungen nur 5.408 gefördert worden.

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Mainz baut mehrere tausend Wohnungen pro Jahr, doch die Sozialquote ist dabei weiter viel zu niedrig. - Foto: gik
Mainz baut mehrere tausend Wohnungen pro Jahr, doch die Sozialquote ist dabei weiter viel zu niedrig. – Foto: gik

Beim Land Rheinland-Pfalz verweist man derweil auf das „Bündnis für bezahlbares Wohnen“, mit dem man intensiv an Strategien zum Gegensteuern arbeite. Inzwischen erhielten Kommunen, die eine Sozialquote von mindestens 25 Prozent eingeführt hätten, besondere Konditionen. Der Rechnungshof kritisierte hingegen, es sei trotz der Bemühungen des Landes fraglich, ob die bisherigen Instrumentarien und Fördermittel ausreichten, um dem Abbau des Bestands an Sozialwohnungen wirksam entgegenzutreten. So enthielten die Fördervorschriften keine besonderen Anreize für Bauherren, die benötigten günstigen Ein- und Zweizimmerwohnungen auch zu bauen – größere Wohnungen seien für Investoren viel lukrativer.

Der Bedarf an kleinen bezahlbaren Wohnungen für einkommensschwache Haushalte werde angesichts der demografischen Entwicklung und der wachsenden Zahl der Haushalte in Zukunft noch zunehmen, warnte der Rechnungshof, und empfahl, die bestehenden Förderprogramme zu evaluieren und Möglichkeiten zu nutzen, Sozialwohnungen auch nach Auslaufen der Belegungsbindung weiter an Personen mit Wohnberechtigungsscheinen zu vermieten. Gleichzeitig rügte der Rechnungshof, die meisten Städte hätten gar keine ausreichende Datengrundlage, welche Wohnungen überhaupt benötigt würden, IT-Programme seien vielfach veraltet, eine wirksame Kontrolle könne so gar nicht stattfinden.

Luxuswohnung im Mainzer Zollhafen im Herbst 2017 auf AirBNB. - Foto: gik
Luxuswohnung im Mainzer Zollhafen im Herbst 2017 auf AirBNB. – Foto: gik

Zumindest in Sachen Kontrolle will Mainz jetzt einen Schritt nach vorne machen: Im Februar beschloss der Stadtrat mit den Stimmen von Grünen, SPD, FDP sowie der Linken, eine Zweckentfremdungssatzung auf den Weg zu bringen. Die Satzung soll „verhindern, dass bestehender Wohnraum durch lukrativere Zweckentfremdung oder Leerstand/Verfall dem Wohnungsmarkt entzogen wird“, wie es in dem Antrag heißt – vor allem SPD und Linke feierten das als großen Erfolg. Damit sei endlich „ein erster Schritt im Kampf gegen den Missbrauch und Leerstand von Wohnraum in Mainz getan“, freute sich die Linksfraktion – sie hatte den Antrag in den Stadtrat eingebracht: „Damit greift die Stadt endlich politisch in den Wohnungsmarkt ein, der in den vergangenen Jahren durch
Mietenwahnsinn und Spekulation völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Der
freie Markt hat für die Mainzer auf ganzer Linie versagt.“

Die Idee einer Zweckentfremdungssatzung war Ende 2017 aufgekommen, als mehrere hochpreisige Wohnungen im Mainzer Zollhafen sowie im frisch sanierten Osteiner Hof auf der Vermietungsplattform AirBNB auftauchten. Der Verdacht: Die Wohnungen würden dauerhaft an Touristen vermietet und so dem Wohnungsmarkt entzogen. Für eine Zweckentfremdungssatzung musste allerdings erst das Land die Voraussetzungen schaffen – Ende Januar war es so weit: Der rheinland-pfälzische Landtag verabschiedete den Gesetzentwurf der Landesregierung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum.

Auch im Osteiner Hof wurden kurz nach seiner Luxussanierung Wohnungen zur Zwischenmiete angeboten. - Foto: gik
Auch im Osteiner Hof wurden kurz nach seiner Luxussanierung Wohnungen zur Zwischenmiete angeboten. – Foto: gik

Damit können Kommunen in Rheinland-Pfalz nun nun erstmals Satzungen schaffen, die etwa die Vermietung für Zwecke der Fremdenbeherbergung über einen Zeitraum von 12 Wochen pro Kalenderjahr hinaus eingeschränkt wird, ebenso ein länger als 6 Monate andauernder Leerstand von Wohnraum oder auch eine überwiegende gewerbliche Nutzung von Wohnraum. Die SPD habe damit eines ihrer Wahlversprechen umgesetzt und gehe gezielt gegen Leerstand vor, freute sich der Mainzer SPD-Chef Johannes Klomann. Doch ob Zweckentfremdungssatzungen tatsächlich viel bewirken, ist umstritten: So viel Leerstand gebe es doch in Mainz gar nicht, merkte die CDU kritisch an.

Und auch die Linke räumte ein, die Wirkung der Satzung werde wohl „überschaubar bleiben.“ Dennoch sei damit ein erster wichtiger Schritt getan, um den Mainzer Wohnungsmarkt nicht länger „als Beute für Immobilienkonzerne und Investoren zu präsentieren.“ Nun brauche es einen Mietendeckel wie in Berlin, solche weiteren Schritte müssten „zeitnah intensiv angegangen werden“, forderten die Vertreter der Linksfraktion.

Bezahlbarer Wohnraum wie früher in der Mainzer Neustadt ist in Mainz knapp. - Foto: gik
Bezahlbarer Wohnraum wie früher in der Mainzer Neustadt ist in Mainz knapp. – Foto: gik

In Wiesbaden ist da man bereits einen Schritt weiter: Mitte Februar beschloss die Stadtverordnetenversammlung einen Mietendeckel für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWW und GeWeGe. Damit wird die Mieterhöhung in den rund 9.000 städtischen Wohnungen in den kommenden drei Jahren auf 1,66 Prozent oder 3,33 Prozent pro Jahr reduziert. „Damit nehmen wir spürbar Druck aus der Dynamik der Mietspiegelentwicklung der vergangenen Jahre, das wird die rund 9.000 betroffenen Haushalte in Wiesbaden spürbar entlasten“, sagte Wohnungsdezernent und Aufsichtsratsvorsitzender Christoph Manjura (SPD). Wiesbaden wolle damit die Mietanstiege verhältnismäßig günstiger Wohnungen insgesamt drosseln und bezahlbaren Wohnraum im Stadtgebiet zu erhalten.

Die Deckelung der auf 1,66 Prozent gilt dabei für alle vor dem Jahr 2000 errichteten Wohnungen: ab einer Kaltmiete von 6,50 Euro sollen Mieterhöhungen in drei Jahren auf 5 Prozent statt bisher 15 Prozent begrenzt werden. Bei Wohnungen, die seit dem Jahr 2000 errichtet wurden und Wohnungen, die noch eine Kaltmiete von weniger als 6,50 Euro aufweisen, werde die Miete in den kommenden drei Jahren maximal um 3,33 Prozent pro Jahr statt wie bisher um 5 Prozent pro Jahr erhöht – in drei Jahren ist der Mietanstieg damit auf zehn Prozent gebremst.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Vorfällen mit Luxuswohnungen auf AirBNB und dem Zweckentfremdungsgesetz lest Ihr hier auf Mainz&, Infos zum Mietenmarkt in Mainz haben wir beispielsweise hier berichtet.

 

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