Fast drei Jahre nach dem Start der neuen Mainzelbahn gibt es immer noch keine Endabrechnung für das Großprojekt. Eine endgültige Kostenaufstellung liege weiter nicht vor, heißt es in einer Antwort der Stadt Mainz auf eine Anfrage der CDU-Opposition im morgigen Stadtrat – man verhandele noch immer mit den Arbeitsgemeinschaften über zwei Tiefbauabschnitte. CDU-Chefin Sabine Flegel argwöhnte vergangene Woche, die Kosten für die 9,2 Kilometer lange Trasse auf den Lerchenberg lägen inzwischen bei mehr als 100 Millionen Euro. Zur Eröffnung der Mainzelbahn Ende 2016 hatte es noch geheißen, das Projekt liege bei knapp 90 Millionen Euro.

Die neue Mainzelbahn auf frisch eingesäten Rasengleisen am Ostergraben. - Foto: gik
Die neue Mainzelbahn auf frisch eingesäten Rasengleisen am Ostergraben. – Foto: gik

Anfang Dezember 2016 hatten Mainzer Mobilität und Mainzer Stadtspitze nach zweieinhalb Jahren Bauzeit die neue Straßenbahnstrecke vom Mainzer Hauptbahnhof auf den Lerchenberg feierlich eingeweiht. Das Mammutprojekt wurde sogar ein halbes Jahr schneller fertig als geplant, die Kosten indes blieben nicht im Rahmen: Von ursprünglich 70 Millionen Euro stiegen die Kosten bis Ende 2016 auf 88 Millionen Euro. Doch mit dem Start der neuen Strecke waren die endgültigen Arbeiten nicht abgeschlossen: Es gab Probleme mit falsch eingebauten Weichen, 400 fehlerhafte Schweißnähte mussten nachgearbeitet werden, Rasengleise wurden erst nach Inbetriebnahme verlegt. In Mainz-Bretzenheim klagen Anwohner bis heute über wackelnde Häuserwände und starkes Rumpeln der Bahnen direkt vor ihren Häusern.

Im Mainzer Stadtrat fragt die CDU nun nach den Gesamtkosten für das Projekt, CDU-Chefin Sabine Flegel argwöhnte vergangene Woche bei der Pressekonferenz des OB-Kandidaten Nino Haase, die Kosten würden inzwischen über 100 Millionen Euro liegen. Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) weist das nun zurück: nach einer im Juni dieses Jahres erstellte Kostenprognose lägen die voraussichtlichen Gesamtkosten für das Projekt Mainzelbahn bei unter 100 Millionen Euro, teilte Eder nun in ihrer Antwort auf die Anfrage der CDU mit. Wie hoch die Gesamtkosten aber der Schätzung nach liegen, sagte Eder nicht.

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Eine endgültige Kostenaufstellung zur Mainzelbahn liege weiter nicht vor, sagte Eder weiter. Grund ist offenbar weiter Streit mit beauftragten Unternehmen über den Abschluss der Arbeiten und die Abrechnung: „Der Prüfungsprozess mit umfangreichen Aufklärungsgesprächen zu den Rechnungen hat nach Aussage der MVG deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich geplant“, heißt es in der Antwort Eders. Nach Abschluss der Prüfung liefen nun aktuell Verhandlungen mit den ARGE-Partnern von zwei Tiefbauabschnitten „über die verbliebenen strittigen Positionen.“ Man könne nicht ausschließen, dass am Ende eine juristische Klärung notwendig werde – offenbar droht man sich vor Gericht wiederzusehen.

Baustelle Wendeschleife der Straßenbahn in Mainz-Hechtsheim im August 2019. - Foto: gik
Die Wendeschleife der Straßenbahn am Schinnergraben in Mainz-Hechtsheim ist immer noch eine Baustelle, Stand: Mitte August 2019. – Foto: gik

Wie es denn mit den fristen für die Zuschüsse aussehe, wollte die CDU weiter wissen – drohe Mainz, Fristen für die Geldflüsse von Bund und Land zu versäumen? Nein, sagt die Stadt: Eine endgültige Abrechnung mit dem Zuschussgeber sei erst nach einer Klärung der Rechnungen möglich – und man habe „mit dem Zuschussgeber ein Verfahren über die Abrechnung der Mehrkosten vereinbart.“ Der Bund habe seine Mittel für die Förderung entsprechender Großmaßnahmen im ÖPNV inzwischen nicht nur verstetigt, sondern auch auf eine Milliarde Euro verdreifacht, „die ursprünglich vorgesehenen Fristen für die Abrechnung sind nicht mehr relevant“, heißt es weiter.

Im Übrigen weist Eder darauf hin, dass die Fahrgastzahlen für die Mainzelbahn 2018 28 Prozent über der Prognose des Gutachters für 2025 gelegen hätten. „Die Mainzelbahn ist damit im Ergebnis verkehrlich und wirtschaftlich erfolgreicher als bei der Planung erwartet“, betonte die Dezernentin. Allerdings waren zeitgleich mit der Inbetriebnahme der Mainzelbahn auch Buslinien parallel zur Strecke – vor allem in Bretzenheim – stark ausgedünnt worden, diese Regelungen bestehen bis heute.

Zudem wurden durch die Arbeiten verschiedene Reparaturarbeiten aufgeschoben – der Wendehammer am Hechtsheimer Schinnergraben etwa ist bis heute nicht fertig. Zuletzt stockten die Arbeiten dort erneut, weil die Mainzer Mobilität alle Kräfte für den Neubau des Gleisdreiecks am Mainzer Hauptbahnhof brauchte. Zuletzt hatte die Stadt die Abrechnung der Gesamt kosten Anfang 2019 vorlegen wollen.

Info& auf Mainz&: Mehr zu Fahrgastrekord, Buslinein und der Wendeschleife am Schinnergraben könnt Ihr hier noch einmal bei Mainz& nachlesen.

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