Der Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech stand gerade vor der Zulassung als erstes Impfstoff in der EU, da erschütterten schlechte Nachrichten die Corona-Pandemie geplagten Staaten: In Großbritannien war eine neue Mutation des Coronavirus Sars-CoV-2 aufgetreten, die deutlich aggressiver und ansteckender ist als die bisherige Variante. Die sofort gestellte Frage lautete natürlich: Wirkt der neue Impfstoff auch gegen diese Variante? Die Antwort lautet nun: ja. Die nach einer Impfung gebildeten Antikörper würden auch die neue Mutation neutralisieren, und zwar effizient, teilte Biontech nun mit.
Am Wochenende vor Weihnachten bestätigte der britische Premier Boris Johnson offiziell: In Südengland sei eine neue Variante des Coronavirus aufgetaucht, das Virus mit der N501Y-Mutation breite sich deutlich schneller aus und sei bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form. Die Wissenschaftler waren alarmiert: Zwar sind Mutationen eines Virus zunächst einmal nichts ungewöhnliches, auch die Grippeviren mutieren jeden Winter neu, auch bei Sars-CoV-2 waren bereits erste Mutationen beobachtet worden.
Doch die neue Variante hat das Potenzial, die Corona-Pandemie zu neuen, noch weit höheren Ansteckungswellen zu treiben: Zwar ist die Mutation wohl nicht tödlicher als die bisherigen Varianten, aber sie ist deutlich ansteckender – und bringt dadurch auch mehr Menschen in Gefahr, schwer zu erkranken oder sogar an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung zu sterben. Die Virus-Mutation breite sich vor allem in London und Südostengland rasant aus, hieß es schon vor Weihnachten – inzwischen wurden in London schärfte Lockdown-Maßnahmen verhängt, die Sieben-Tages-Inzidenz schnellte trotzdem auf satte 1000 Infektionen pro 100.000 Einwohner hoch.
Die Frage, die sich umgehend stellte, war diese: Würde der neue Biontech-Impfstoff gegen das Coronavirus, der inzwischen den Namen COMIRNATY® bekam, auch gegen die neue Mutation wirken? Biontech-Chef Ugur Sahin zeigte sich von Anfang an zuversichtlich, der Impfstoff habe gutes Potenzial, auch Mutationen des Virus abzudecken – am Freitag gaben Biontech und sein US-Partner Pfizer dann bekannt: Ja, auch die neue Virusmutation sei in einem Labor durch den Impfstoff effektiv neutralisiert worden.
Untersucht wurde das in einem Labor der University of Texas Medical Branch (UTMB) bei „in vitro“-Versuchen, dabei wurde ein Virus mit der N501Y-Mutation generiert. Dann wurde 20 Teilnehmern der bereits erfolgten Phase 3-Studie zur Erprobung des Impfstoffes Blut abgenommen, die bereits zuvor den Impfstoff erhalten hatten. Diese Seren hätten „das Virus mit der Mutation im gleichen Ausmaß neutralisiert wie das Virus ohne die Mutation“, teilte Biontech nun mit. Diese Ergebnisse seien sehr ermutigend, schreibt Biontech weiter, es seien allerdings weitere Daten nötig, um die Schutzwirkung des Pfizer-BioNTech COVID-19-Impfstoffs gegen diese neuen Virusvarianten weiter zu untersuchen.
SARS-CoV-2-Varianten mit höherer Ansteckungsrate seien im Vereinigten Königreich, aber auch in Südafrika nachgewiesen worden, diese Varianten hätten eine Reihe von Mutationen in ihrem Spike- oder S-Glykoprotein, die einer der Hauptangriffspunkte für neutralisierende Antikörper gegen das Virus sind. „Auch wenn sich die beiden schnell verbreitenden Virusvarianten unterscheiden, haben sie beide die N501Y-Mutation gemein“, heißt es bei Biontech weiter. Die Mutation befinde sich in der Rezeptorbindungsdomäne des Spikeproteins – das ist genau der Teil, den Biontech mit seinem Impfstoff nachbildete, um den Zellen im Körper den „Bauplan“ des Virus zu erklären und sie so für eine Immunantwort zu schulen – mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&.
Die Veränderung des Spike-Proteins gilt aber auch als Grund dafür, dass die beiden neuen Varianten sich so schnell ausbreiten können. Das nun für das Experiment nachgebildete Virus enthalte allerdings nicht das komplette Spektrum der Spike-Mutationen, die in den beiden neuen, hochinfektiösen Virusstämmen nachgewiesen worden seien, heißt es weiter. Trotzdem sei die Neutralisierung der N501Y-Mutante in Seren von geimpften Personen parallel und konsistent verlaufen mit den bisherigen Neutralisierungen. Dies deute darauf hin, dass die N501Y-Mutation keine Resistenz gegenüber dem Pfizer-BioNTech Impfstoff bilde.
Sollte sich Sars-CoV-2 so stark verändern, dass der Impfstoff angepasst werden müsse, glaube man zudem, dass die Flexibilität der mRNA-Basis so groß sei, dass eine Anpassung möglich sei. Der Biontech-Impfstoff ist eine Neuentwicklung, bei dem eine Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) Informationen über einen Teil des Coronavirus in die Zelle transportiert. Dieser „Bauplan“ ermöglicht es den Zellen, harmlose Fragmente von Virusproteinen herzustellen, die der menschliche Körper dann dazu nutzt, eine Immunreaktion auf das Virus zu entwickeln – und so für eine spätere natürliche Infektion gerüstet ist.
Info& auf Mainz&: Die Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs gegen die neuen Virus-Mutationen wurde als Vorabdruck auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlicht, die Studie hat damit noch nicht den offiziellen Review-Prozess durchlaufen. Alle Daten dazu sind hier im Internet verfügbar. Mehr dazu, wie der Biontech-Impfstoff aufgebaut ist und wirkt sowie zu den Studien seiner Erprobung haben wir hier bei Mainz& aufgeschrieben.