Der Mainzer Kupferberg gehört zu den geschichsträchtigsten Bauwerken in Mainz – und zu den spektakulärsten. Denn das Bauwerk auf dem Mainzer Hausberg Kästrich beherbergt nichts weniger als die tiefsten Sektkeller der Welt: Sieben Etagen tief reichen die 60 Keller, ihre Außenfassade markiert die riesige Mauer unterhalb der Kupferbergterrasse. Und die ist nun in Gefahr: Das Großbauwerk leidet unter Wasser, Salzeintrag und Auswölbungen nach außen. Nun soll die Mauer nach weiteren aufwändigen Untersuchungen saniert werden.

Die große Mauer der Kupferbergterrasse ist in Gefahr und muss saniert werden. - Foto: gik
Die große Mauer der Kupferbergterrasse ist in Gefahr und muss saniert werden. – Foto: gik

12 Meter hoch und 300 Meter lang ist die große Mauer an der Kupferbergterrasse, sie verbirgt etwas ganz besonderes: eine weit verzweigte Kelleranlage mit 60 Einzelkellern auf sieben Stockwerken untereinander. Es sind die tiefstgeschichteten Sektkeller der Welt, die alten Gärkeller stammen zum großen Teil noch aus dem Mittelalter, bis in die Zeit der Römer reichen die hier zutage geförderten Funde: Weinamphoren, Krüge und Trinkschalen, gut 2000 Jahre alt.

1850 gründete hier Christian Adalbert Kupferberg seine „Fabrication moussirender Weine“ im großen Stil: Nach den ersten Anfängen in Laubenheim, etablierte Kupferberg hier, in den alten Kelleranlagen, das erste deutsche Sekthaus von Weltgeltung. Kupferberg-Sekte wurden 1852 auf der Weltausstellung in London präsentiert und auch von Reichskanzler Otto von Bismarck getrunken. Der 1852 als Marke eingetragene Name „Kupferberg Gold“ gehört zu den ältesten Marken in Deutschland.

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Skizze der historischen Kelleranlagen des Kupferbergs. - Quelle: Büro Kayser und Böttges
Skizze der historischen Kelleranlagen des Kupferbergs. – Quelle: Büro Kayser und Böttges

Heute stehen die Keller weitgehend leer und gehören zum Museum Kupferbergterrasse, doch es sind mitnichten die einzigen Keller hinter der großen Mauer: „Die Keller gehören unterschiedlichen privaten Eigentümern“, sagte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) vergangenen Freitag in Mainz. Die verschachtelten Eigentumsverhältnisse hätten die Arbeiten an einer wichtigen Studie verzögert: Das auf historische Bauwerke spezialisierte Architektenbüro „Kayser + Böttges, Barthel + Maus“ untersuchte den Zustand der Stützmauer.

„Es wurde sehr viel untersucht, recherchiert und geprobt, nun wissen wir erstmals über die Gesamtsituation Bescheid“, sagte Grosse. Und die gibt durchaus Anlass zu Sorgen: Das Großbauwerk leidet nämlich unter Problemen mit Wasser, Salz und Auswölbungen nach außen samt herausfallender Backsteine. Wegen des drohenden Steinschlags ist die Kupferbergmauer auch seit einigen Monaten bereits mit Warnbaken abgesperrt, zu groß ist die Gefahr durch die herabfallenden tonnenschweren Blöcke.

Historische Ansicht des Kupferbergs mit Industrie und Sektkellerei. - Quelle: Büro Kayser und Böttges
Historische Ansicht des Kupferbergs mit Industrie und Sektkellerei. – Quelle: Büro Kayser und Böttges

Gut 170 Jahre ist die Mauer alt, um 1848 hätten wohl die Bauarbeiten zur Terrassierung des Hangs begonnen, Voraussetzung für den Bau der Gebäude darauf, berichtete Architekt Nils Amstedt, und schwärmte: „Das ist wirklich ein bedeutendes ingenieurstechnisches Monument in der Stadt und ein tolles Denkmal.“ Die bislang letzte Untersuchung des Gesamtobjektes stamme aus den Jahren 1975-1976, berichtete Amstedt, jetzt sei erstmals einen 3D-Scann der gesamten Kelleranlage gemacht worden. Dabei seien auch weitere stillgelegte Kelleranlagen gefunden worden – und in vielen lagerten noch Flaschen, berichtete Amstedt: „Da unten sind noch Millionen Flaschen….“

Die Mauer vor den Kelleranlagen sei quasi die Fassade der Kelleranlagen, erklärte Amstedt, „Stein für Stein“ habe sein Büro das Bauwerk untersucht. Dabei fanden sie bröselnde Steine, verwitterte Stücke, aber auch Stellen, wo die Mauer nach außen gedrückt wird: „Auf der Höhe von 4,80 Metern kippt die Stützwand um 13 Zentimeter nach außen“, berichtete Amstedt, auch an anderen Stellen neigten sich die Wände, das sorge für Risse und Klaffungen. Die Stabilität der Mauer sei aber nicht unmittelbar gefährdet, beruhigte der Architekt zugleich, doch die Probleme müssten angegangen werden.

Schäden an der Mauer der Kupferbergterrasse, das austretende Salz ist klar zu sehen. - Foto: gik
Schäden an der Mauer der Kupferbergterrasse, das austretende Salz ist klar zu sehen. – Foto: gik

Und die heißen vor allem: das Bauwerk leidet unter einer undichten Terrasse. Auf der oben liegenden Promenade fänden sich zwar gepflasterte Stellen, aber eben auch solche, wo das Wasser ungeordnet versickere, erklärte der Experte – und das schon seit Jahrzehnten: Schon 1975 habe es einen ganz ähnlich lautenden Bericht gegeben, mit „derselben Analyse“, sagte Amstedt, „aber man hat sich nicht an die Ursache rangemacht.“ Nun sind die Schäden da, und die betreffen nicht nur das Wasser: „Mit der Entwässerung Hand in Hand geht die Versalzung“, sagte Amstedt. Das Salz sei über mehrer Jahrzehnte hinweg nach unten gesickert, werde dann an die Außenfläche transportiert, wo das Wasser verdunste – und das Salz zurückbleibe.

An der Mauer selbst ist das gut durch weißliche Flecken zu sehen, das Problem dabei: „Die Kristalle sprengen die Oberfläche des Sandsteins“, erklärte Amstedt, die Ursache sei mit hoher Wahrscheinlichkeit das seit Jahrzehnten eingesetzte Streusalz im Winter. „Die ganze Hinterfüllung ist salzverseucht, das kommt jetzt raus“, sagte der Architekt, „auf den Treppenaufgängen haben wir auch direkte Schäden durch das Streusalz.“

Die Kupferbergterrasse heute mit stark verwilderten Bewuchs Ende Juli 2020. - Foto: gik
Die Kupferbergterrasse heute mit stark verwilderten Bewuchs Ende Juli 2020. – Foto: gik

Die Lösung für die Probleme: „Wir müssen oben in irgendeiner Form die Terrasse abdichten, das Wasser sammeln und in einen Kanal wegführen“, sagte Amstedt. Damit werde ein Großteil des Wasser- und Salzproblems behoben. Eine Entwässerung müsse auch nicht notwendigerweise mit einer festen Oberfläche einhergehen, wie genau das zu machen sei, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen. Auch müssten wahrscheinlich Teile der Mauer rückverankert werden, einzelne Steine könnten ausgetauscht, andere konserviert werden.

„Es muss einiges an der Mauer geschehen“, sagte denn auch Grosse – eine Sanierung werde voraussichtlich Jahre dauern. „Das schreckt uns aber nicht, weil wir Parallelen zur Zitadellenmauer sehen“, betonte die Dezernentin: Die große Festungsmauer rund um die Zitadelle wird seit etwa zwei Jahren erfolgreich in Zusammenarbeit mit Architekten und Denkmalpflege saniert. „Wir planen, das Stützmauerwerk so schnell wie möglich mit einer Einhausung aus Drahtgestelle zu sichern“, kündigte Grosse an, die Erfahrungen von der Zitadelle mit dem gleichen Vorgehen seien sehr gut.

Noch sind die Treppenanlagen des Kupferbergterrasse durch Zäune abgesperrt, 2021 soll sich das ändern. - Foto: gik
Noch sind die Treppenanlagen des Kupferbergterrasse durch Zäune abgesperrt, 2021 soll sich das ändern. – Foto: gik

„Das Drahtgeflecht hat den Vorteil, dass wir es sukzessive zurückbauen können“, sagte Grosse, „das ist perfekt für eine lange Sanierungszeit.“ Die Warnbaken am Fuß der Mauer könnten dann weg, auch die Treppen sollten „schnellstmöglich wieder nutzbar gemacht werden.“ Die Arbeiten sollen bis zum Herbst ausgeschrieben werden, die Stadt will bis dahin eine Idee entwickeln, wie die Treppe abgesichert und beleuchtet werden kann, die alten Laternen wurden nämlich entfernt. 2021 sollen die großen Treppen von der Kupferbergterrasse hinab in die Stadt wieder benutzbar sein.

Alle weiteren Schritte bedürften vertiefter Untersuchungen, das Büro solle im September damit beginnen, sagte Grosse: „Das wird rund 1,5 Jahre dauern, weil detailliert Stein für Stein untersucht wird“, erst danach könne mit weiteren baulichen Maßnahmen begonnen werden und auch eine Kostenschätzung geben. Schon im kommenden Jahr soll sich aber das Erscheinungsbild der Kupferbergterrasse oben drauf ändern, „es wird sich jetzt sehr schnell viel tun“, versprach Grosse: „Wir sind aber sehr optimistisch und absolut sicher, dass wir mit der Sanierung der europaweit einzigartigen Anlage vorankommen.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Geschichte des Kupferbergs und vor allem der gleichnamigen Sektkellerei sowie ihrer modernen Erben könnt Ihr hier auf Mainz& nachlesen.

 

 

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