Die Explosion der Mietpreise ist in den vergangenen fünf Jahren praktisch umgebremst weiter gegangen: Seit Oktober 2014 sind die Mieten von Wohnungen in der Landeshauptstadt durchschnittlich um rund 13,6 Prozent gestiegen. Das stellt nun der neue Mietspiegel 2019 fest, wie die Stadt Mainz am Donnerstagabend mitteilte. Damit seien die Wohnungsmieten im Schnitt pro Jahr um 3,9 Prozent gestiegen – in den fünf Jahren davor waren es „nur“ 2,5 Prozent pro Jahr und insgesamt 10 Prozent. Mainz gehöre damit zu den zehn teuersten Mietstädten Deutschlands. Nicht nur Niedrigverdiener, sondern auch Haushalte mit mittlerem Einkommen hätten Probleme, eine bezahlbare Bleibe zu finden, heißt es in dem Papier explizit.
Damit bescheinigt der Mietspiegel der Mainzer Stadtverwaltung ganz offiziell: Es gibt deutlich zu wenig günstigen Wohnraum im Stadtgebiet. Bereits vor vier Jahren, bei der Vorlage des Mietspiegels 2015 hatten die Marktanalysten eine drastische Preisexplosion von 10 Prozent in den vier Jahren von 2010 bis 2014 festgestellt, nun kommt es noch dramatischer: 13,6 Prozent betrug die Steigerung in den Jahren 2014 bis 2018. Selbst diese Zahl dürfte noch am unteren Ende der realen Entwicklung liegen: Der Mietspiegel gilt nur bei Mieterhöhungen im Bestand, Neuvermietungen sind an die Regeln der ortsüblichen Vergleichsmiete, wie sie im Mietspiegel festgelegt wird, nicht gebunden.
Mainz hat bereits seit 40 Jahren einen sogenannten qualifizierten Mietspiegel und sei damit eine der ersten Kommunen gewesen, die dieses Instrument zur Darstellung der ortsüblichen Vergleichsmieten verfügte, betont die Stadt: „Vorrangiges Ziel des Mietspiegels ist es, den Mietvertragsparteien ein Instrument zur einvernehmlichen Regelung der Miete an die Hand zu geben und damit erheblich zur Stärkung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens in der Stadt beizutragen.“ Die Mietspiegel für Mainz hätten immer eine hohe Akzeptanz gefunden und seien ein wichtiges Instrument vor Gericht, im privaten Wohnungsmarkt sowie auch für viele städtische Ämter.
Der heutige Mainzer Mietspiegel wurde 2015 völlig neu erstellt und 2017 zuletzt aktualisiert, für den Mietspiegel 2019 wurden nun wieder neue Zahlen auf der Basis repräsentativer Befragungen bei Mietern und Vermietern erhoben. 25.000 zufällig ausgewählte Mieter sowie die Vermieter von 4,100 Wohnungen wurden zwischen 1. Oktober 2018 und Ende Januar 2019 angeschrieben und gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Der Rücklauf war allerdings recht gering: Insgesamt konnten 3.473
auswertbare Interviews durchgeführt werden, von denen 2.968 für den Mietspiegel verwertbar waren. Erstellt wurde die Studie vom Hamburger Unternehmen F+B, Forschung und Beratung.
Wesentliche Ausfallgründe seien vor allem die hohe Zahl von Eigentümern in selbst genutzten Wohnungen gewesen, heißt es weiter – die Zahl der Eigentumswohnungen hat in Mainz deutlich zugenommen, damit werden diese Wohnungen aber dem Mietmarkt entzogen. Nicht einfließen durften auch Befragungen, wenn die Miethöhe seit mindestens vier Jahren unverändert war, ebenso bei möblierten Wohnungen oder Studentenwohnheimen. Auch Wohnungen in Einf- und Zweifamilienhäusern fließen nicht in den Mietspiegel ein. Die Bereitschaft, Auskünfte zu erteilen, sei insgesamt geringer gewesen als bei früheren Befragungen, heißt es weiter.
Mainz sei in den vergangenen fünf Jahren um 10.000 Einwohner gewachsen, das schlage sich auch im Wohnungsmarkt nieder, so die Macher des Mietspiegels weiter. In Mainz fehlten weiterhin geförderte Wohnungen, es mangele aber auch an Wohnungen, die preislich über dem förderfähigen Niveau, aber unterhalb des durchschnittlichen Mietniveaus liegen, so die Analyse. Damit dürfte sich auch der Bau der hochpreisigen Wohnugnen in gebieten wie dem Winterhafen oder dem Mainzer Zollhafen negativ auf die Mietpreisentwicklung in Mainz niederschlagen. „Der angespannte Wohnungsmarkt entfaltet eine höhere Dynamik“, heißt es im Mietspiegel, „Neuvertragsmieten sind häufig sehr hoch.“
„Für uns heißt das: Wir brauchen ein deutliches Plus an bezahlbarem oder gefördertem Wohnraum“, sagte Sozialdezernenten Eckart Lensch (SPD), sah zugleich aber die Stadt dabei auf einem guten Weg: In vielen Stadtteilen würden Wohnflächen neu entwickelt, allen voran das Heiligkreuz-Viertel, das Projekt „Wohnen am Hartenbergpark“ sowie in der nördlichen Neustadt. Allerdings ergaben jüngste Marktbeobachtungen, dass auch im Heiligkreuzviertel die bisher angebotenen Wohnungen preislich im deutlich gehobenen Sektor liegen.
Lensch betonte, auf insgesamt 24 Flächen, die kurz- und mittelfristig für den Wohnungsbau in Mainz zur Verfügung stünden, ergebe sich ein Gesamtpotenzial von etwa
5.500 weiteren Wohnungen bis zum Jahr 2025. Das Institut der Wirtschaft in Köln bilanzierte in einer im Juli 2019 vorgelegten Studie, Mainz habe in den Jahren 2016 bis 2018 nur 72 Prozent der Wohnungen gebaut, die pro Jahr eigentlich nötig gewesen wären, um den Bedarf zu decken: Statt 1.381 pro Jahr benötigten Wohnungen seien nur 992 pro Jahr gebaut worden.
Gleichzeitig wohne aber jeder Zweite in Deutschland zu Miete, konstatierte das Institut im November – seit sieben Jahren stagniere die Wohneigentumsquote bei um die 45 Prozent, das sei so niedrig wie in kaum einen anderen europäischen Land. Kein Wunder: In Mainz sind Eigentumshäuser kaum noch zu haben, geschweige denn zu erschwinglichen Preisen. Zuletzt lagen die Mindestpreise für Einfamilienhäuser in Mainz nicht unter 300.000 Euro.
Info& auf Mainz&: Der neue Mietspiegel 2019 geht nun erst einmal in die städtischen Gremien, am 18. Dezember 2019 wird er im Stadtrat beraten und beschlossen. Den bislang noch aktuellen Mainzer Mietspiegel 2017 findet Ihr hier bei der Stadt Mainz, unseren bericht vom Mietspiegel 2015 – auch mit Durchschnittsmieten – lest Ihr hier bei Mainz&.