Nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine debattieren die Fastnachter in Mainz: Kann man angesichts der dramatischen Entwicklung überhaupt noch Fastnacht feiern? In Köln sagte sagte das Festkomitee Kölner Karneval bereits das für Rosenmontag geplante „Rosenmontagsfest“ im RheinEnergie-Stadion ab, es hatte eine Art Rosenmontagszug-Ersatz werden sollen. Den Straßenkarneval eröffneten die Kölner am Donnerstag trotzdem. In Mainz wurde das geplante Fastnachts-Open Air in der Nahetal-Arena in Gensingen abgesagt – und selbst die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ steht auf der Kippe.
Die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ war am Dienstagabend und am Mittwochabend im Mainzer Schloss aufgezeichnet worden, vor allem am Mittwochabend war die Stimmung hervorragend – die rund 150 erlaubten Zuschauer im Saal feierten die Redner und Musikbeiträge ausgelassen, insbesondere die kritischen politischen Vorträge. Nur wenige Stunden später verkündete der russische Präsident Wladimir Putin eine Militäraktion – um 3.00 Uhr morgens deutscher Zeit begann der Überfall auf die Ukraine.
Noch in der Nacht wurden zahlreiche Städte in der Ukraine bombardiert und angegriffen, russische Panzer und Soldaten greifen aktuell die Ukraine von drei Seiten an: Aus Russland, aus dem benachbarten Belarus sowie von Süden, von der Halbinsel Krim am Schwarzen Meer aus an. Der Angriff gelte der gesamten Ukraine, betonen Vertreter des Landes wie der ukrainische Generalkonsul in Frankfurt, Vadym Kostiuk, der am Donnerstag spontan im hessischen Landtag sprach.
In Mainz und in seiner Fastnachtsszene ist das Entsetzen groß, am Donnerstag begann deshalb unmittelbar die Debatte: Kann man in so einer Lage überhaupt noch Fastnacht feiern? Die Organisatoren des geplanten Fastnachts-Open-Airs in Gensingen am kommenden Fastnachtssonntag zogen jedenfalls bereits Konsequenzen: „Aus aktuellem Anlass wird die für Fastnachtsonntag geplante Open Air Sitzung in der Nahetal Arena, Gensingen, abgesagt“, teilte Horst Radelli, einer der Redner, auf Facebook mit: „Wünschen wir unseren ukrainischen Nachbarn alles Glück der Welt in der Hoffnung, dass die kriegerischen Handlungen in ihrem Land alsbald beendet sind“, schrieb Radelli weiter: „Mit närrisch traurigen Grüßen, auch in tiefem Mitgefühl für die bereits getöteten Menschen, hoffe auch ich, dass uns ein schweres Schicksal in Europa erspart bleibt.“
In Köln wurde am Donnerstag der Straßenkarneval trotz der Kriegsnachrichten eröffnet – nach einer Schweigeminute für die Ukraine. „Der Straßen- und Kneipenkarneval an Weiberfastnacht war nicht mehr abzusagen“, rechtfertigte sich das Festkomitee Kölner Karneval auf seiner Homepage – für die anderen Karnevalstage stelle sich die Situation aber anders dar. „Das Festkomitee wird das geplante Rosenmontagsfest im Stadion daher nicht durchführen, und stattdessen in der Innenstadt eine Friedensdemonstration durchführen“, heißt es dort weiter.
Die Kölner wollten eigentlich statt Rosenmontagsumzug in der Innenstadt eine Art Rosenmontagsumzug im Stadion durchführen, närrische Motivwagen inklusive – nun ist auch das abgesagt. „Die Situation in der Ukraine entwickelt sich schnell und dramatisch, ein unbeschwertes Feiern ist derzeit nur schwer denkbar, denn unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine“, teilte das Festkomitee weiter mit. Nun soll es also eine „Friedensdemonstration“ in der Kölner Innenstadt geben, dabei würden auch die Persiflagen und Wagen auf verschiedenen Plätzen in Köln gezeigt – im Mittelpunkt würden dabei die Wagen stehen, die sich mit der Situation in der Ukraine beschäftigen.
„Die Persiflagen sind das Ausdrucksmittel der Karnevalisten, um auf Missstände hinzuweisen“, sagte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, „und der schrecklichste Missstand derzeit sind die Kampfhandlungen in der Ukraine.“ Deshalb gelte es nun, Flagge für ein friedliches Miteinander zu zeigen. Die Kölner sollten damit „auch nach draußen ein deutliches Signal setzen und zeigen, dass sie nicht nur feiern können, sondern auch solidarisch mit Menschen in Not sind.“
In Mainz wird seit dem Morgen vor allem auch diskutiert, ob die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ nun tatsächlich am Freitagabend ausgestrahlt werden soll – oder nicht. Vom ausrichtenden Fernsehsender ZDF war bis zum späten Nachmittag noch immer keine Auskunft zu erhalten – auch wann der Sender nun seine Entscheidung treffen will, teilte er nicht mit. Eine Entscheidung sei offenbar noch nicht gefallen, sagte der Präsident des Mainzer Karneval-Vereins MCV, Reinhard Urban, gegenüber Mainz&.
„Man kann trefflich darüber streiten, ob es Sinn macht eine solche Sendung nun zu senden“, sagte Urban weiter, und betonte: „Ich könnte beide Entscheidungen verstehen“, – eine Ausstrahlung ebenso wie einen Stopp. Er selbst neige dazu, die Sendung dennoch auszustrahlen, „damit die Menschen den Mut nicht ganz verlieren“, sagte Urban. Es gebe ohnehin schon so viele negative Meldungen auf der Welt, „ein bisschen positive Gedanken müssen erlaubt sein“, sagte Urban.
Mainz bleibt Mainz sei auch „nicht nur Klamauk, sondern politischer als manche andere Unterhaltungssendung“, betonte der MCV-Präsident weiter. Die Entscheidung fälle aber allein das ZDF. „Wir tragen jede Entscheidung mit“, unterstrich Urban. Der MCV selbst werde seine Online-Formate wie geplant fertigstellen und in der Mediathek veröffentlichen – dazu gehören ein digitales Kindermaskenfest sowie einen närrischen Stadtrundgang, der ab Fastnachtssamstag zu sehen sein wird – mehr dazu morgen auf Mainz&. In der Mediathek könne dann jeder Narr selbst entscheiden, ob er einschalten wolle oder nicht, fügte Urban hinzu.
Info& auf Mainz&: Sobald eine Entscheidung zu Mainz bleibt Mainz gefallen ist, erfahrt Ihr es natürlich sofort hier auf Mainz&. Mehr zur geplanten Fernsehsitzung lest Ihr hier auf Mainz&. Mehr zum Kriegsausbruch in der Ukraine könnt Ihr hier auf Mainz& nachlesen.