Kaum hat die Stadt Mainz ihre Vorstellungen von einer Sanierung des Mainzer Schlosses vorgestellt, will sich schon eine Bürgerinitiative gründen. „Mainzer Schlossgarten“ soll die Initiative heißen, die sich im Januar offiziell gründen will, erfuhr Mainz& exklusiv. Ihr Ziel: Eine Aufwertung der Schlossumgebung, eine Grünanlage, die ihren Namen verdient – und die Wiederherstellung des historischen Schlossgartens von einst. Der Anlass für die Gründung: Die Pläne der Stadtspitze, das Schloss mit einem neuen Luxushotel zu flankieren. Die neue BI befürchtet: Hier wird zu viel öffentlicher Raum vernichtet – und Grün, das die Innenstadt dringend braucht.

Kurfürstliches Schloss
Wie kann man das Kurfürstliche Schloss in Mainz aufwerten? – Foto: gik

Es war Mitte Oktober, als die Stadtspitze um Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) stolz die Pläne für eine Sanierung des Kurfürstlichen Schlosses am Rhein vorstellte. Der Prachtbau aus dem 18. Jahrhundert bröckelt seit Jahren vor sich hin, für die Sanierung war nie Geld da. Das soll nun anders werden – mithilfe eines Hotels.

Eine Machbarkeitsstudie der Stadt ergab nämlich: ein 4-Sterne-Hotel könnte das Schloss perfekt als Tagungszentrum aufwerten, die Studie sah dafür zwei mögliche Standorte. Bei einem „Schlosshotel“ würde direkt neben dem Schloss – wo jetzt der flache Anbau steht – ein 4-Sterne-Hotel entstehen, beim „Hotel am Schloss“ ein Neubau an der Großen Bleiche Ecke Kaiser-Friedrich-Straße – also am Abgeordnetenhaus. Der Parkplatz neben dem Schloss würde dann zur Grünfläche, sagte Ebling bei der Vorstellung noch, wie überhaupt das Grün ums Schloss zu einem „Schlosspark“ werden solle. Was Ihr hier nachlesen könnt.

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Neue BI will den historischen Garten wieder herstellen

Das mit dem Schlosspark nimmt die neue BI nun wörtlich: „Wir hätten gerne eine Wiederherstellung des historischen Gartens“, sagte Andreas Behringer, SPD-Stadtrat und treibender Kopf hinter der neuen BI, Mainz&. Die Initiative würde das Schloss gerne wieder besser sichtbar machen, seine Umgebung aufwerten, es zu einem echten Schmuckstück machen. „Es ist ja nicht so, dass dort derzeit ein wunderschöner Garten steht – es ist super hässlich dort“, sagt Behringer.

Grafik Schlosshotel Variante 1
Variante 1 der städtischen Pläne: ein Schlosshotel-Neubau direkt am Schloss

Das Schloss sei von der Großen Bleiche aus praktisch gar nicht mehr zu erkennen, kritisiert Behringer weiter. Dazu die hässlichen Grasflächen, die maroden Betonflächen mit dem kaputten Brunnen – nein, schön ist der Ernst-Ludwig-Platz wahrhaftig nicht.  Dazu solle die Achse Landtag – Kaiserstraße sowie die Große Bleiche mit der Kirche St. Peter wieder als Gesamtensemble erkennbar werden, wünscht sich Behringer: „Alle diese Gebäude stammen aus derselben Zeit, sind ein Bauensemble aus Sandstein.“

Gesamtensemble mit Landtag und Peterskirche wieder sichtbar machen

Dazu stehen hier auch der römische Dativiusbogen neben dem Parkplatz am Schloss sowie die große Mainzer Jupitersäule vor dem Landtag – irgendwie recht verloren im Raum stehenden Erinnerungen an das römische Mainz. „Wir haben hier Perlen, die als solche gar nicht wahrnehmbar sind“, sagt Behringer.

Grafik Hotel am Schloss Variante2
Variante 2: Eine großer Hotelneubau auf dem Ernst-Ludwig-Platz

„Die Altstadt bräuchte dringendst Grünanlagen“, sagte Renate Amann (Grüne), der Ortsbeirat Altstadt habe sich deshalb sehr kritisch zu den Plänen für ein Hotel am Schloss geäußert. Der Ernst-Ludwig-Platz sei „die einzige Chance, der Altstadt noch eine größere Grünfläche zur Verfügung zu stellen“, betont Amann.

Behringer: Hotelgroßbau mit Bürgerbeteiligung nicht vereinbar

Die Pläne für ein Hotel direkt neben dem Schloss sieht deshalb auch die neue BI kritisch: „Ich bin nicht gegen einen Hotelbau generell“, betont Behringer, aber die städtischen Varianten würden zwischen 4.000 und 5.000 Quadratmeter Fläche „zerstören und zubauen.“ Viel zu viel, sagt Behringer, hier werde völlig unnötig öffentlicher Raum vernichtet.

Dazu kommt: Bereits 2009 gab es eine Bürgerbeteiligung in dieser Ecke von Mainz, das Forum Regierungsviertel, das sich mit der Aufwertung dieses Gebietes beschäftigte. Und das habe ergeben: Ja, eine Bebauung des Areals sei möglich – „aber nur an den Rändern“, betont Behringer. Ein Zubauen des Ernst-Ludwig-Platzes wie bei der Variante „Hotel am Schloss“, gar ein Schlosshotel direkt am Schloss – „mit den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung ist das nicht vereinbar“, unterstreicht der SPD-Altstadt-Politiker. Und daran müsse sich auch die Stadtspitze halten.

BI will Hotel an der Kaiser-Friedrich-Straße

Grafik Schloss mit Garten und Hotel
Behringers Vorschlag: Eine große Gartenanlage um das Schloss und ein Hotel an der Kaiser-Friedrich-Straße

Der Vorschlag der sich neu formierenden BI: Ein Hotelbau entlang der Kaiser-Friedrich-Straße mit einem Flügel entlang des Gerichtes. „Wir sparen uns den großen Innenhof, der ohnehin eine Privatisierung der Fläche wäre, sowie den Flügel an der Großen Bleiche“, erläutert Behringer den Vorschlag. Dort seien laut Plänen der Stadt ohnehin Eigentumswohnungen und Tagungsräume geplant. Eigentumswohnungen brauche Mainz hier nicht unbedingt auch noch, findet Behringer, die Tagungsräume aber sollten doch gerade im Schloss benutzt werden.

Stattdessen sollte das Schloss frei gestellt, die angebauten Werkstätten abgerissen werden, schlägt Behringer vor. Der verschlossene Schloss-Innenhof könnte zur Großen Bleiche wieder geöffnet werden, so wie es ursprünglich der Fall war – und ein gestalteter Schlosspark das alte Gebäude richtig in Szene setzen. „Es war der Regierungssitz der wichtigsten Reichsfürsten“, betont Behringer, es geht uns um die richtige Inszenierung des Schlosses.“ Und schließlich seien diese Pläne nicht einmal neu: „Das sind Vorstellungen aus dem Jahr 1900, das sind alte stadtplanerische Konzepte“, fügte Behringer hinzu. Die BI „Mainzer Schlossgarten“ will sich nun Mitte/Ende Januar gründen.

Der Mainz&-Kommentar: Neue BI zeigt, dass sich Bürger übergangen fühlen

Der Mainz&-Kommentar: Das ist kein gutes Zeichen für die politischen Verantwortlichen an der Stadtspitze: Kaum stehen Pläne für die Schloss-Sanierung im Raum, gründet sich schon eine Bürgerinitiative. Offenbar haben die Menschen in der Altstadt das dringende Bedürfnis, sich Gehör zu verschaffen. Offenbar fühlen sie sich von der Stadtspitze übergangen. Befürchten, nicht gehört zu werden.

Große Bleiche mit Ernst-Ludwig-Platz kleiner
Könnte eine Aufwertung wahrlich gebrauchen: Große Bleiche mit Ernst-Ludwig-Platz, hier beim Rheinland-Pfalz- Open Air 2014 – Foto: gik

Das wirft ein bezeichnendes Licht auf Mainz: Noch immer werden Baupläne in der Innenstadt einfach verkündet, anstatt die Bürger vorher mal zu fragen oder sie gar einzubeziehen. Und man fragt sich: Hat die Stadt denn aus der Ludwigsstraßen-Diskussion um das Einkaufszentrum ECE gar nichts gelernt? Will man denn dieselben Fehler wieder und wieder machen?

Denn gerade die BI Ludwigsstraße zeigte doch, wie wertvoll Bürger-Wissen und Bürger-Engagement für eine Stadt sein kann: Jeder einzelne Kritikpunkt der BI Ludwigsstraße hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen, ihre Warnungen als stichhaltig. Warum wird dann Stadtentwicklung offenbar weiter „von oben“ gedacht, anstatt Bürger-Experten einzubeziehen und die Menschen in der Altstadt mitzunehmen?

Wenn es stimmt, dass die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung vor sechs Jahren den jetzigen Plänen von Hotelbauten am Schloss entgegen stehen, dann wäre das sehr peinlich für die Stadt – und ein Schlag ins Gesicht jeglicher Beteiligungskultur. Dann kann man sich Bürgerbeteiligungen in Zukunft auch gleich sparen. Klüger scheint es uns, sich Bürgerinitiativen zu sparen – durch ein Mit-Denken-Lassen der Menschen, die in dieser Stadt leben.

Denn wie stellte OB Ebling offenbar einigermaßen verblüfft im Zuge der Diskussion um Rathaus und Schloss fest? Für die Mainzer sei das Schloss offenbar ein ganz besonderes Herzensobjekt: Wahrzeichen, geliebtes Wohnzimmer, Gute Stubb‘. Eben. Gestaltet man ein Wohnzimmer um, ohne die Bewohner zu fragen?

 

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